Was steckt hinter dem Fluglärm?

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Auch wenn kein großer Verkehrsflughafen in der Region liegt, können bei guter Sicht tiefer fliegende Flugzeuge auch mit einem normalen Teleobjektiv gut abgelichtet werden.
Auch wenn kein großer Verkehrsflughafen in der Region liegt, können bei guter Sicht tiefer fliegende Flugzeuge auch mit einem normalen Teleobjektiv gut abgelichtet werden.
Heike Beudert

Sorge  Einige Menschen im Landkreis haben den Eindruck, dass der Fluglärm in der Region in den letzten Monaten zugenommen hat. Hängt die Beobachtung mit dem Ukraine-Krieg zusammen?

Es ist ein Dröhnen, das vor allem ukrainischen Flüchtlingen in der Region durch Mark und Bein geht. Angstvoll blicken sie zum Himmel, wenn genau über ihren Köpfen deutlich Fluglärm zu hören ist. Auch ältere Mitbürger, die den 2. Weltkrieg noch miterlebt haben, fühlen sich unangenehm berührt vom Wummern der Motoren. Viele Menschen im Landkreis haben den Eindruck, dass der Fluglärm durch Flugzeuge zugenommen hat. Die verantwortlichen Stellen in der Luftfahrt halten sich eher bedeckt mit Aussagen. Doch es gibt die Bestätigung, dass tatsächlich Flugbewegungen stattfinden, die mit dem Krieg zu tun haben oder einen militärischen Hintergrund haben.

Eine Beobachtung liegt gerade mal eine Woche zurück. In Detter wurden Bewohner ans Fenster gelockt, weil ein tieffliegendes Flugzeug einige Minuten lang in unterschiedlicher Höhe über die Ortschaft geflogen war. Es handelte sich dabei zwar nur um ein kleines Flugzeug, es erzeugte aber ob seiner Flughöhe und Flugdauer Aufmerksamkeit. Wie Nachfragen beim Luftfahrtamt der Bundeswehr ergeben haben, war es eine Pilatus PC-9 der Firma EIS Aircraft. Das Flug zeug sei an diesem Tag zweimal im Auftrag der Bundeswehr als "Zieldarstellungsflugzeug" für eine Übung im Einsatz gewesen, erklärt ein Sprecher des Bundeswehr-Luftfahrtamtes auf Anfrage dieser Zeitung. Mit solchen Flügen kann das Erfassen von Zielen geübt werden. Die Flugbewegungen fanden nach Angaben der Behörde zwischen dem Truppenübungsplatz Wildflecken und Hammelburg in einer durchschnittlichen Höhe von 4500 Fuß (circa 1370 Meter) über Grund statt. Das Luftfahrtamt der Bundeswehr teilt dazu noch mit, dass nach den vorliegenden Daten die Einsätze unter Beachtung der flugbetrieblichen Bestimmungen stattgefunden haben.

Brummen in der Nacht

Während es sich in diesem konkreten Fall um eine Übung handelte, ist eine Beobachtung tatsächlich in direktem Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine zu sehen. Immer wieder vernehmen Bürger seit Wochen sehr deutliche Fluggeräusche in der Zeit zwischen 23 und 24 Uhr. Bei diesem abendlichen Flugbetrieb ab etwa 23.30 Uhr handelt es sich nach Angaben des Luftfahrtamtes der Bundeswehr "sehr wahrscheinlich um Flüge der U.S. Air Force, die aus östlicher Richtung auf dem Weg zur Air Base Spangdahlem waren." Spangdahlem ist ein Ort in Rheinland-Pfalz.

Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine habe die Nato ihre Präsenz in den östlichen Mitgliedsstaaten in den vergangenen Wochen verstärkt, heißt es weiter. "Mit der damit verbundenen Erhöhung des Flugaufkommens zur/von der Nato-Ostflanke kann eine verstärkte Wahrnehmung der Flüge einhergehen", so die Stellungnahme des Bundeswehr-Luftfahrtamtes auf Anfrage dieser Zeitung. Nähere Auskünfte zu Art und Umgang der Flugbewegungen werden allerdings aufgrund der veränderten sicherheitspolitischen Lage nicht gegeben, so die weitere Information.

Wetter ist ein Faktor

Die Deutsche Flugsicherung bestätigt lediglich, dass ähnliche Anfragen zum Fluglärm aus vielen Regionen Deutschlands kämen. Die Flugsicherung führt dies einerseits darauf zurück, dass es in den letzten Wochen einen deutlichen Anstieg der Flugverkehrszahlen gibt. Mittlerweile sei man bereits wieder bei 85 Prozent des Verkehrs von 2019 angelangt. "Zum Anderen sind, bedingt durch den Krieg in der Ukraine, auch militärische Flugbewegungen im deutschen Luftraum zu verzeichnen. Auch das kann zu einer veränderten/verstärkten Fluglärmwahrnehmung führen". Nähere Informationen dazu gibt es nicht. Die deutsche Flugsicherung teilt mit, dass sie nicht zu solchen militärischen Fachthemen kommuniziert.

Bezüglich des Fluglärms gibt es nach Ansicht der Deutschen Flugsicherung eine Reihe von "weichen" Faktoren, die eine Rolle spielen: Bei schönem Wetter hält man sich mehr im Außenbereich auf. "Außerdem stellen wir immer wieder fest, dass bei guten Sichtbedingungen auch mehr Fluglärmbeschwerden bei uns eingehen". In der Flugsicherung nennt man das den "gesehenen Fluglärm". Das bedeute jedoch nicht, dass man die Sensibilität der Bürger bezüglich des Fluglärms kleinreden wolle, heißt es weiter. Fluglärm werde jedoch auch durch meteorologische Fakten beeinflusst. So spiele die Luftfeuchtigkeit eine Rolle, die sich unterschiedlich auf die Schallübertragung auswirken kann.

Zur Frage, ob eventuell Flugkorridore verändert wurden, gibt es die Auskunft, dass die Veränderung von An- und Abflugverfahren ein langwieriger Prozess sei, an dem die Städte und Gemeinden im Flughafenumland beteiligt werden.

Die strengen Regelungen würden jedoch nicht bei größeren Flughöhen gelten, also bei den Überflugrouten. Schon bei der Flugplanung werde die kürzeste Strecke zwischen Start- und Zielort gewählt.

Die Planung dieser Flugrouten sorge dafür, dass der deutsche Luftraum ziemlich flächendeckend beflogen werde.