Adrian Price und seine Frau Chris Atkinson-Price sind Engländer. Sie leben seit vielen Jahren im Kreis Haßberge. Der geplante Austritt Großbritanniens aus der EU bereitet ihnen Sorge. Jetzt sind sie sicherheitshalber "deutsch" geworden.
Andreas Lösch Raus aus der Europäischen Union, rein ins (zumindest vorläufige) Chaos: Großbritannien will den Alleingang, die politische Unabhängigkeit von Brüssel, keine lästigen Millionenzahlungen mehr an die europäische Gemeinschaft - und sorgt damit für viel Unruhe auf dem Kontinent, sogar darüber hinaus. Denn vor allem eines bereitet derzeit vielen Briten, aber auch etlichen Festlandeuropäern Sorgen: die Ungewissheit.
Diese Ungewissheit ist es, die Adrian Price und Chris Atkinson-Price nachdenklich stimmt, wenn es um den Brexit geht, also den geplanten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU). Denn im schlimmsten Fall kommt es zu einem "No-Deal-Brexit", also einem Austritt der Briten ohne Abkommen.
Das hätte weitreichende Folgen für die britische und europäische, sogar die weltweite Wirtschaft, wie Adrian Price erklärt: Allein die Zollabfertigung, die nötig wäre, wenn Waren vom Festland auf die Insel gebracht werden, wäre mit enormem Aufwand verbunden, kurzfristig drohe eine Chaos.
Märkte reagieren bereits
Noch ist der Brexit gar nicht vollzogen, aber die Märkte und Unternehmen reagieren bereits, etwa indem sie Produktionsstätten auf der Insel schließen und in andere Länder verlegen oder Pläne dafür ankündigen. So etwa seien der Autobauer Honda (Werksschließung), Rolls-Royce Flugzeugmotoren (will nach Deutschland), Sony (nach Amsterdam) oder der Staubsaugerhersteller Dyson (nach Singapur) aktiv geworden.
Neben den wirtschaftlichen Folgen treibt die Familie Price noch ein ganz anderer Gedanke um, wenn es um den Brexit geht: die Bedeutung für die gesellschaftliche Entwicklung.
"Ruck nach weit rechts"
Vor allem der "Ruck nach weit rechts" in Großbritannien, aber auch im Rest von Europa sei beunruhigend, sagt Chris Atkinson-Price (69). Das spalte die Bevölkerung, in ihrer Heimat England sei verstärkt Ausländerfeindlichkeit zu beobachten. "Es ist ein Schock, das zu sehen," sagt sie. "Und es ist sehr schnell passiert."
Beängstigend sei das und nicht rational erklärbar. Die Menschen ließen sich zu leicht durch Emotionen leiten, statt die Fakten zu hören und abzuwägen. Einseitige Medienberichte, Hetzkampagnen in sozialen Netzwerken und teils hanebüchene Behauptungen auf Wahlkampftouren begünstigten den Brexit, selbst wenn ganz offensichtlich gelogen wurde - so etwa erwiesen sich die 350 Millionen Pfund, die Großbritannien laut der von Boris Johnson angeführten "Vote-Leave"-Kampagne (etwa: "Entscheide dich für den Austritt") wöchentlich an die EU bezahlt, als "falsch", wie Chris Atkinson-Price sagt. Die Kampagnen-Kritiker hätten ausgerechnet, dass Großbritannien nur knapp die Hälfte der genannten Summe bezahlt, das sei ein enorm großer Unterschied.