Schon am Wochenende startete das zwölfte Blues- und Jazzfestival auf der Böhmerwiese und im Landkreis. Richtig Fahrt nimmt es jetzt eine Woche lang in der Innenstadt auf.
Der Blues war in seiner langen Geschichte immer dazu da, das Leben zu vergessen, während man sich für einige Minuten der intensiven emotionalen Klage hingibt. Vielleicht schafft es das Blues- und Jazzfestival in
Bamberg, einmal die penetrante Klage über das Wetter in den Hintergrund zu drängen und die Musik an dessen Stelle zu setzen - denn die grooved wenigstens.
Noch bei der Vorstellung des Programms hatte Festivalleiter Klaus Stieringer gemeint, wenn es regnet, sei das eben der Blues. Da konnte noch keiner mit den aktuellen Wetterverhältnissen rechnen. Zum Glück hat der musikalische Leiter Volker Wrede ein Programm für den Landkreis und die Stadt Bamberg zusammengestellt, das unabhängig von der Witterung außergewöhnlich gut ist.
Gespielt wird wie in den vergangenen Jahren in der Innenstadt neben den Zusatzkonzerten auf zwei Bühnen: am Gabelmann und am Maxplatz. Dabei war Wrede, wie er auf der Pressekonferenz sagte, darum bemüht, dass sich diese gut ergänzen: "Ich achte auf Kontrast auf den Innenstadtbühnen." Und treffender kann man das Programm für die sieben Tage kaum beschreiben.
Mit dabei sind Schwergewichte des Blues, junge aufstrebende Rockbands und lokale Musiker, die sich längst etabliert oder das noch vor sich haben. Dazu könnten "The Redbook Project gehören", die Gewinner des Band-Contests, die am Samstag, 11. August, um 17.30 Uhr auf dem Gabelmann spielen werden. Musikalisch reicht das Spektrum des Festivals von klassischem Blues und Rock 'n' Roll über Folk zu Balkan-Beats und kubanischer Musik. Der Fokus liegt aber doch auf ehrlicher, handgemachter Musik mit viel Gefühl, wie es etwa "Howlin' Mat" zur Perfektion betreibt. Er spielt am kommenden Freitag um 15 Uhr auf dem Maxplatz und ist so etwas wie ein großer Geheimtipp.
Trotz, oder gerade wegen dieser großen Unterschiedlichkeit der Musiker, ist ein harmonisches Programm entstanden, das nicht langweilig wird. Vielmehr lädt es dazu ein, einerseits die großen Künstler einmal live zu erleben, aber auch öfter zu kommen, weil jeder Abend eine andere Ausrichtung hat. Das hält das Festival über den einzelnen Tag hinweg spannend.
Swing und Funk
Am heutigen Montag etwa gibt es am Gabelmann außergewöhnliches Songwriting, während auf dem Maxplatz zuerst italienischer Swing und dann funkiger Blues gespielt wird. Die "Stray Colors" sind zu zweit und tändeln zwischen melodiösen Folk-Pop-Nummern und schnellen, tanzbaren Balkan-Stücken hin und her. Markuz Walach macht alles selbst, er braucht keine Band, ihm genügt seine akustische Gitarre, um zu rocken, zu rollen und einen Blues zu singen, der sich vor den Ahnen des Genres wie Robert Johnson nicht zu verstecken braucht. Währenddessen geht es auf dem Maxplatz etwas leichter zu. "Jakkle" swingen sich ab 15.30 Uhr durch die italienische Musik ab den 30er Jahren und heizen dem Publikum schon mal ein, bevor dann um 19.30 Uhr "Tony Coleman and The Henry Carpaneto Quintett" auftritt. Dazu ist nicht mehr zu sagen, als dass Coleman eben Blues, Funk und Soul genau so spielt, wie er sein soll: rein und leidenschaftlich.
Die tägliche Vielseitigkeit wurde zum Programm erhoben. So steht der morgige Dienstag auf dem Maxplatz ganz unter dem Zeichen des Balkan. Ob mit Swing angereichert oder als psychedelische Clubvariante. Immer mit guter Laune und auf jeden Fall tanzbar. Diese Mischungen laden nicht nur zum Tanzen ein, sie fordern es regelrecht.
Bunt wird es auch am Mittwoch am Gabelmann. Hip Hop und Weltmusik, gepaart mit der Entspannung des Reggae von "Unojah" macht den Anfang, bevor die Bamberger "Bambägga" die Bühne wie gewohnt stürmen und die Zuschauer begeistern werden. Gleichzeitig gibt es auf dem Maxplatz zwei starke Frauenstimmen aus den USA: Eileen Jewell mit Folk und Country und dann die beeindruckende Sydney Ellis, die sicherlich eines der Highlights dieses Jahres ist.
Altes neu interpretiert
Swing und Rock 'n' Roll ist überhaupt angesagt. Fast jeden Tag findet man Bands, die ihre eigenen Versionen der längst neu etablierten alten Musik präsentieren. Aber passend zu den Temperaturen gibt es dann am Mittwoch auf dem Maxplatz kubanische Musik, bei der die Hitze fast notwendig ist, um die Rhythmen auch auf die richtige Weise fühlen zu können. Am kommenden Wochenende stechen besonders zwei junge Bands heraus, deren Sound nicht bloß eine Verbindung zweier bekannter Stile ist. Die Schweden "Jetbone" rocken so frisch und wild, wie es nur die Jugend kann. Warum Kompromisse machen, wenn es denn auch direkt nach vorne gehen kann? Und "Wille and the Bandits", die auch schon im legendären Rockpalast aufgetreten sind, werden das Festival am Sonntagabend auf ihre eigensinnige, geradlinig verspielte Art beschließen.
Spätestens dann wünscht man sich vermutlich, trotz des Wetters, wieder an den Anfang der Woche zurück. Einfach, um auch die Konzerte zu sehen, die man verpasst hat, weil man sich für eine Bühne entscheiden musste. Denn heuer ist der Blues, wenn man trotzdem hingeht.