Übersteht Tui die Pandemie?

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Flugzeuge von Tui parken am Flughafen Hannover. Der Konzern legte am Donnerstag seine tiefroten Geschäftszahlen vor. Foto: Julian Stratenschulte, dpa
Flugzeuge von Tui parken am Flughafen Hannover. Der Konzern legte am Donnerstag seine tiefroten Geschäftszahlen vor. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

Im Reisegeschäft setzt man aufs Impfen und Testen. Es ist aber ungewiss, ob 2021 die Corona-Wende gelingt. Auch der Branchenführer Tui kann noch nicht aufatmen.

Irgendwie muss es weitergehen in diesem verflixten Corona-Winter. Tui-Chef Fritz Joussen beschwört den Durchhaltewillen der eigenen Belegschaft ebenso wie die Reiselust der Verbraucher - soweit noch vorhanden. "Man hätte auch sagen können, man schließt die ganze Firma ab", meint der Lenker des weltgrößten Touristikkonzerns zur kalten Jahreszeit. "Aber das wäre keine besonders gute Idee." Im Wintergeschäft, das schon in normalen Zeiten weniger abwirft, dümpelt das Buchungsniveau derzeit auf dem Fünftel einer üblichen Saison vor sich hin. "Das ist aber besser als nichts", sagt Joussen am Donnerstag bei der Vorlage der tiefroten Zahlen aus dem Geschäftsjahr 2019/2020, das am 30. September zu Ende ging.

Besser als nichts - dies passt auch auf die Umsätze, die der Konzern zuletzt noch erzielte. Sie schmolzen im Vergleich zum Vorjahr von 18,9 auf 7,9 Milliarden Euro zusammen. Ein Einbruch der Buchungen, dazu die Kosten für den laufenden Betrieb, der ohne hohe Kredite und Kurzarbeit wohl kaum finanziert werden könnte: So folgten auf einen Vorjahresgewinn von 416 Millionen Euro 3,1 Milliarden Euro Verlust.

Natürlich sind die Horrorzahlen vor allem dem Virus geschuldet. Neben Luftverkehr und Gastgewerbe ist kaum eine Branche so sehr von ihm getroffen wie der Tourismus. Auch hier hofft man auf medizinische Durchbrüche - wobei Joussen vorerst weniger auf Impfungen setzt als auf breit angelegte Corona-Tests: "Wir wissen noch nicht, ob eine geimpfte Person noch ansteckend ist oder nicht. Aber Tests sind jetzt verfügbar. Und das ist für uns am wichtigsten." Schnellprüfungen auf Virus-Antigene vermittelt der Konzern teils schon an die Kunden.

Nach dem "Übergangsjahr" 2021 rechnen die Hannoveraner damit, dass der Tourismus 2022 das Niveau aus der Zeit vor der Pandemie erreichen könnte. Die Buchungen für den nächsten Sommer seien recht ermutigend. "Die Leute sagen einfach: Wir haben es satt, wir wollen in den Urlaub" - so sieht es jedenfalls Joussen. Bisher lägen die Preise 14 Prozent höher als im Vorkrisen-Sommer 2019. Damals war der Erzrivale Thomas Cook noch am Markt, der vor Corona in die Insolvenz rutschte.

Manche Branchengrößen wie die Rewe-Gruppe brauchen bisher keine Staatshilfe, um über die Runden zu kommen. Bei Tui summiert sich die Unterstützung - private Kapitalspritzen inklusive - inzwischen auf 4,8 Milliarden Euro. Ein Einstieg des Bundes ist vorbereitet, was Kritiker staatlicher Eingriffe mit gemischten Gefühlen sehen. Und Gewerkschafter stören sich daran, dass der Konzern aus Steuergeld finanzierte Hilfen in Anspruch nimmt und gleichzeitig Jobs abbaut.

Bis zu 8000 Stellen weltweit stehen auf der Streichliste, vor allem im Ausland. Joussen hält weitere Kürzungen nicht für nötig, weil die eingeleiteten Sparmaßnahmen ab 2023 mehr brächten als zunächst kalkuliert. Doch schon jetzt zeigt die Entwicklung beim Personal die Spuren der Krise: Ende September beschäftigte Tui 48 330 Mitarbeiter - fast ein Drittel weniger als die 71 473 ein Jahr zuvor.

Joussen muss weiter "das Geld zusammenhalten", wie er schon zuvor sagte. Gegenwärtig hat die Tui-Gruppe noch rund 2,5 Milliarden Euro an flüssigen Mitteln zur Verfügung. dpa