Göran Hajak ist Professor für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Bamberg. 1.Warum leidet die Stimmung vieler Menschen in der dunklen Jahreszeit? Die Hauptursache liegt im winterlichen Mangel a...
Göran Hajak ist Professor für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Bamberg. 1.Warum leidet die Stimmung vieler Menschen in der dunklen Jahreszeit?
Die Hauptursache liegt im winterlichen Mangel an Tageslicht. Das hemmt die Produktion des unseren Geist und Körper aktivierenden Hormons Serotonin. "Gleichzeitig schüttet der Körper bei Lichtmangel mehr des Schlafhormons Melatonin aus - Müdigkeit und Antriebslosigkeit sind die Folge", sagt Göran Hajak. Einige schlitterten sogar in eine leichte bis mittelschwere Depression. "Die Rede ist in diesem Fall von einer saisonal abhängigen Depression", sagt Hajak.
2.Wie lässt sich eine herbstliche Verstimmtheit von einer Depression unterscheiden?
Es handelt sich, sagt Hajak, um einen graduellen Übergang: "So gut wie alle Menschen sind im Herbst und Winter in einer etwas gedrückteren Stimmung. Sie sind müde, niedergeschlagen und antriebslos." Ein Arzt sollte dann aufgesucht werden, wenn die schlechte Stimmung zum Dauerzustand wird. Wenn man dauerhaft keine Freude mehr an Dingen empfinden kann, an denen man zuvor Freude hatte. "Auch beim Gefühl, den Alltag nicht mehr bewältigen zu können, rate ich zum Besuch eines Arztes", sagt Hajak.
3.Verstärken die Folgen der Coronakrise die saisonale Verstimmtheit noch?
Hajak erlebt in der Psychiatrie bereits jetzt einen "vermehrten Zulauf" an Menschen, denen der erneute Lockdown psychisch zusetzt. "Beim ersten Lockdown im Frühjahr klammerten sich noch viele an die Hoffnung, dass die Einschränkungen und vielleicht sogar das Virus selbst schon bald vorüber sein könnten. Die Hoffnungen wurden enttäuscht", sagt Hajak. Vor allem auch die erneute Einschränkung sozialer Kontakte belaste die Psyche. "Denn wir sind alle soziale Wesen. Das haben wir spätestens in der Coronakrise festgestellt", sagt Hajak. Auch unter den Bedingungen eines erneuten Lockdown sollten die Menschen deshalb weiterhin soziale Kontakte pflegen. "Sie sollten zumindest telefonieren oder skypen. Der Mensch braucht soziale Kontakte wie die Luft zum Atmen", sagt Hajak.
4.Welche Rolle spielt das Licht?
Licht regt die Produktion des für das Befinden wichtigen Hormons Serotonins an. Die meisten Wohnungen und Häuser sind nach dem Empfinden Hajaks in den Wintermonaten zu schwach beleuchtet. Er empfiehlt aus diesem Grund die Nutzung von Tageslichtlampen oder LEDs: "Vor allem Bereiche, in denen sich die Bewohner regelmäßig aufhalten, sollten regelrecht erstrahlen", sagt Hajak.
5.Wie wichtig ist Bewegung?
Neben Licht nennt Hajak ein ausreichendes Maß an körperlicher Bewegung als Schlüssel zur Überwindung winterlicher Verstimmung: "Bewegung reißt den Körper aus dem Zustand der Trägheit heraus. Sie bringt den Kreislauf in Schwung und regt die Produktion von Serotonin an." Es müsste noch nicht einmal schweißtreibender Sport sein: "Spazierengehen reicht vollkommen aus." Wer dafür am Morgen oder Mittag Zeit findet, kann idealerweise körperliche Bewegung mit der Aufnahme von Tageslicht verbinden.
6.Worauf sollte bei der Ernährung geachtet werden?
Im Winter spüren viele ein starkes Verlangen nach Kohlenhydraten und Süßem. Das liegt in den Worten Hajaks daran, dass sich das Glückshormon Serotonin aufgrund Lichtmangels abbaut. Zucker kann dem entgegenwirken, indem er im Gehirn die Produktion von Serotonin anregt. "Das geht allerdings oft mit der Zunahme an Gewicht einher", sagt Hajak. Er rät deshalb, das richtige Maß zu wahren. "Lieber ein Stückchen als eine ganze Tafel Schokolade."
7. Welche Alternativen gibt es zu Süßem und Deftigem?
Auch Fisch und Obst wie Ananas, Bananen und Weintrauben fördern die Ausschüttung von Serotonin. "Ich würde in den Wintermonaten die mediterrane Küche der fränkischen vorziehen", sagt Hajak. Mit schwerer und fetthaltiger Kost tue man seinem im Winter ohnehin anfälligen Körper nichts Gutes. Den bewussten Verzehr von Braten und Schäuferla schließe dies aber nicht aus. ch