Selbstbestimmt sterben - aber wie?

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Die Begleitung von Sterbenden ist keine leichte Aufgabe, die einiges an Wissen verlangt. Der Palliativmediziner Michael de Ridder hat über den Abschied vom Leben einen Leitfaden herausgegeben. Foto: Norbert Försterling/dpa
Die Begleitung von Sterbenden ist keine leichte Aufgabe, die einiges an Wissen verlangt. Der Palliativmediziner Michael de Ridder hat über den Abschied vom Leben einen Leitfaden herausgegeben. Foto: Norbert Försterling/dpa
Einer, der fürs Sterben lebt: Palliativmediziner Michael de Ridder.
Einer, der fürs Sterben lebt: Palliativmediziner Michael de Ridder.
 

Der Palliativmediziner Michael de Ridder führt auf Einladung des Hospizvereins in Coburg durch den Dschungel des Sterbens. Selbstbestimmung spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Der Tod und das Sterben haben ihren Raum und ihre Ansprechpartner - auch in Coburg. Mitte des Jahres eröffnet das erste stationäre Hospiz. Viele sterbenskranke Menschen werden derzeit daheim betreut - mit Unterstützung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV), professionellen Pflegekräften und natürlich den Angehörigen. Und dann gibt es noch die Alten- und Pflegeheime, die Palliativstation im Klinikum, einen Hospizverein und die Stiftung Lebensraum. Dennoch fühlen sich Sterbende und Pflegende oft hilflos, wenn's ums Sterben geht. Viele Fragen bleiben offen. Gibt es eine Anleitung zum Sterben?
Der Arzt Dr. Michael de Ridder kennt sich mit dem Sterben aus. Der Mediziner und Bestsellerautor hat jetzt aus seiner Erfahrung ein Buch geschrieben, einen "Leitfaden" über den Abschied vom Leben. Auf Einladung des Hospizvereins Coburg kommt er am Dienstag, 6. Februar, um 19 Uhr ins Gemeindezentrum St. Augustin, liest aus seinem Buch und stellt sich der Diskussion.
Sein Buch hat ein Ziel: "Jeder Einzelne soll selbstbestimmt entscheiden können."
De Ridder: "Niemand - weder die Kirchen noch Hospizverbände oder andere Instanzen - haben die ,Richtlinienkompetenz', das ,gute Sterben' zu definieren. Diese kommt allein dem Schwerstkranken oder Sterbenden selbst zu. Auch die verfasste Ärzteschaft hat sich in dieser Frage zurückzuhalten. Sie hat denen, die sie vertritt, den Ärzten nämlich, ihre freie Gewissensentscheidung zu überlassen, gerade dann, wenn der Arzt den Krankheitsverlauf und den Leidensweg seines Patienten wie niemand sonst kennt und zu beurteilen vermag."
Doch dazu ist es wichtig Begriffe zu kennen, wie Patientenverfügung, Demenz, Selbstbestimmung, Wiederbelebung oder Sterbefasten. De Ridder erklärt, was man darunter versteht und er beschreibt, woran man den bevorstehenden Tod erkennt - und, dass immer mehr Menschen zuletzt fasten: "Kurz vor dem Tod nimmt das Bedürfnis nach Nahrung sowieso ab. Dadurch setzt der Körper Stoffe frei, die Angst und Schmerzen lindern."
Wie komplex das Thema ist, wird an diesem Punkt deutlich. Denn: "Wenn der Patient sterben will, muss der Arzt es zulassen. Aber wo beginnt die Förderung des Sterbewillens?", fragt de Ridder und gibt gleich die Antwort: "Darüber entscheidet demnächst das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe."


Wichtige Fragen beantworten

Deshalb sei es so wichtig, einige Dinge zu regeln, bevor man nicht mehr selbst handlungsfähig ist. Am wichtigsten ist aus medizinischer Sicht die Patientenverfügung. De Ridder: "Sollen Sie Ärzte bis zum Ende mit Maschinen künstlich am Leben halten? Wer darf für Sie entscheiden? Wollen Sie Ihre Organe spenden oder nicht?" Wenn man keine normale gesetzliche Erbschaftsfolge wünscht, ist ein Testament zwingend erforderlich. Auch die PIN und den Zugriffscode von Konten und Kreditkarten sollten Vertrauenspersonen haben. Immer wichtiger werden auch die Passwörter von E-Mail und Facebook-Konten.
Das Buch befasst sich nicht mit philosophischen oder religiösen Fragen des Sterbens, sondern auf der medizinischen, pflegerischen und medizinrechtlichen Ebene.