Kunst für Geniesser (9) In ihrem Tanz mit giftigen Klapperschlangen beschwören die Hopi-Indianer die Götter, Regen zu schicken. Die Szene gehören zu den unbekannten Kunstschätzen in den städtischen Museen der Plassenburg.
Dunkler, mehrtöniger Flötenklang setzt ein, begleitet von Kürbisrasseln. Antilopenpriester in farbenprächtigen Gewändern betreten den Tanzplatz, ihnen folgen die Schlangenpriester. Plötzlich setzt wilder Trommelschlag ein. Eine Gruppe von Männern in grell weiß bemalten Masken erscheint. Ihre schwarze Augenhöhlen stechen schaurig hervor.
Mit zuckenden Bewegungen nähern sie sich der mit geheimnisvollen Zeichen versehenen Schlangengrube. Aus einem dort abgestellten Tongefäß ziehen sie lebendige, grünlich schimmernde Klapperschlangen hervor. Ihren Mittelteil nehmen sie zwischen die Zähne, während Kopf und Schwanz weit aus dem Mund ragen. Am Rand stehen Frauen in weißen Gewändern, die Siebe in den Händen halten.
Mit Mehlstaub betäubt
Wenn die Tänzer an ihnen vorbeiziehen, betäuben sie die Giftschlangen mit Mehlstaub. Zum Schluss tritt der Medizinmann hinzu. Mit einer Feder berührt er die Reptilien und entlässt sie in die Freiheit. Als Boten werden sie ihre Gebete zu den Göttern bringen, die sie erhören werden: Blitze zucken, ein Gewitter wird aufziehen und den großen Regen bringen.
Das Diorama im Zinnfigurenmuseum der Plassenburg zeigt einen archaischen Schlangentanz der Hopi-Indianer im heutigen US-Bundesstaat Arizona. Johannes Schulte aus Schleswig hat ihn kenntnisreich nachgestaltet. Der Tanz war Höhepunkt und Abschluss des neuntägigen Stammesrituals. An den ersten vier Tagen wurden Mojave-Klapperschlangen in der Prärie gefangen. An den folgenden Tagen errichteten die Männer Altäre und Gebetsstöcke.
Die Hopis waren auf Regen dringend angewiesen. Sie siedelten auf der trockenen Hochlandebene des Colorado-Plateaus und ernährten sich vom Ackerbau, vor allem betrieben sie den Anbau von Bohnen, Mais und Kürbissen. Seit die Europäer Schafe und Rinder mitgebracht hatten, betrieben sie auch Viehzucht zur Selbstversorgung. Die typischen, pyramidenartig angelegten Lehmsiedlungen sind im Diorama zu sehen, ebenso ein Bewässerungssystem, das die Stammesangehörigen monatelang ausreichend mit Wasser versorgte.
Die Hopi-Indianer lebten schon seit Jahrhunderten auf den Mesas, bevor die Spanier im 16. Jahrhundert die Dörfer unterwarfen, ihre Zeremonien verboten und die Bewohner versklavten. 1680 kam es zu einem Aufstand der Pueblo-Indianer gegen die Unterdrücker.
Im Einklang mit der Natur
Die Indianer wissen sich im Einklang mit den Kräften der Natur. Sie glauben an das Wirken guter Götter, deren Sprache sie verstehen. Schlangen sind für sie wie der Blitz ein Symbol der Bedrohung, aber zugleich der Errettung - kommt doch der Regen nach der Gefahr.
Dem Geist der Moderne ist archaisches Denken fremd. Wissenschaftler haben sich daran gemacht, den Schlangenkult als faulen Zauber zu entlarven. Sie haben sich um den Nachweis bemüht, dass den Klapperschlangen die Giftdrüsen und -zähne entfernt worden seien.
Heute ist die Entzauberung noch viel weiter fortgeschritten: In zweijährigem Abstand brechen im August im Navajo-Reservat Horden von Touristen ein, um den Schlangentanz der Hopi zu erleben. "Ziehen Sie sich ordentlich an, so wie Sie es tun, wenn Sie einen Gottesdienst Ihrer eigenen Kirchen besuchen wollten", so heißt es auf Plakaten. Sowie: "Fotografieren und Filmen verboten!" Doch was zählt eine Bitte in einer eventsüchtigen, glaubensfernen Zeit?