Mutprobe in zehn Metern Höhe

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Im Coburger Freibad können Besucher aus einem, drei, fünf, siebeneinhalb oder zehn Metern ins Wasser springen. Foto: Cindy Dötschel
Im Coburger Freibad können Besucher aus einem, drei, fünf, siebeneinhalb oder zehn Metern ins Wasser springen.  Foto: Cindy Dötschel

Die Gründe für einen Sprung vom Zehnmeterturm sind vielfältig: eine Wette, eine Mutprobe, Routine. Zwei Personen erzählen, wie sie einen Sprung aus zehn Metern Höhe empfinden und ob sie wieder springen würden.

cindy dötschel Ein Mädchen geht zögernd nach vorne und springt dann entschlossen aus zehn Metern Höhe ins Wasser. Kurz danach wagt sich eine Frau an die Kante des Sprungturms. Den Blick starr auf die Freibaduhr gerichtet, springt schließlich auch sie.

Eine Wette war der Grund für Nicole Schaffers Sprung vom Zehnmeterturm: "Mein Sohn musste für ein Schwimmabzeichen vom Dreimeterturm springen", erinnert sie sich. Wenn du vom Dreimeterturm springst, springe ich vom Fünfmeterturm, sicherte sie ihm zu. Sie wollte dem damals Neunjährigen Mut machen.

Die Höhe der Sprungbretter steigerte sich. Nachdem er den Dreimeterturm bezwungen hatte, wagte Schaffers Sohn auch den Sprung vom Fünf- und vom Siebeneinhalbmeterturm. "Wenn ich vom Siebeneinhalbmeterturm springe, springst du dann vom Zehner?", fragte er seine Mutter. Vom Siebeneinhalbmeterturm war sie zu diesem Zeitpunkt bereits gesprungen. Sie erinnert sich noch gut an einen Jungen, der ihr auf dem Turm geraten hat, einfach auf die Uhr vor dem Becken zu schauen. "Wenn ich jetzt kneife, bekomme ich das mein Leben lang vorgehalten", dachte sich Schaffer. Entschlossen kletterte sie am nächsten Tag auf den Zehnmeterturm. "Auf dem Turm war schon ein zögerndes Mädchen", berichtet Schaffer. Das Mädchen hatte versprochen, zu springen. Sie hatte gewettet. Nachdem das Mädchen gesprungen war, hat Schaffer nicht mehr darüber nachgedacht und ist ebenfalls gesprungen, einfach so.

Eine Art Bühne

"Die Sprungphase war lang, aber der Zeitraum, bis ich wieder aufgetaucht bin, kam mir noch länger vor." Für Schaffer war der Sprung nicht ohne Folge - sie hat sich das Lippenbändchen gerissen. "Ich hab gar nicht gemerkt, dass ich verletzt war." Erst durch die Blicke der Menschen, die um das Becken saßen, bemerkte sie das Blut im Gesicht. Ob sie noch einmal springen würde, weiß Schaffer nicht: "Der Aufprall war für mich das Gefährlichste, ich würde eher wieder mit einem Fallschirm springen."

Mohammed Hassanein, Fachangestellter für Bäderbetriebe im Coburger Freibad, passt auf, dass beim Springen nichts passiert. "Sobald der Zehnmeterturm geöffnet ist, sind wir immer zu zweit", sagt er. Wenn gesprungen wird, darf niemand unter den Türmen im Wasser sein und auch das Sitzen am Beckenrand ist verboten. Trotzdem werden die Sprungtürme oft zu einer Art Bühne. "Manchmal steht rund um das Becken alles voll."

Vor allem Kinder und Jugendliche würden vom Zehnmeterturm springen. "Manchmal stehen Leute eine halbe Stunde lang auf dem Turm und steigen dann wieder herunter." Doch es kann auch anders laufen: Hassaneins Einschätzung nach wird an heißen Hochsommertagen 100 bis 150 Mal täglich vom Zehnmeterbrett gesprungen, dabei hat der Turm nur zweimal täglich für eine halbe Stunde geöffnet. "Teilweise stehen die Leute in Schlangen an und warten, bis sie endlich springen können", berichtet Hassanein.

Der Fachangestellte für Bäderbetriebe hat keine Angst vor einem Sprung vom Zehnmeterturm. Früher, vor mehr als zehn Jahren, war er bei der ägyptischen Armee und ist mit Fallschirmen aus dem Flugzeug gesprungen. "Der Ausblick vom Sprungturm ist super, aber das Wasser sieht sehr weit weg aus", sagt Hassanein. Sein letzter Sprung vom Zehnmeterturm ist knapp ein Jahr her, er möchte wieder springen.

Sprung als Mutprobe

Jörn Kirchners Einschätzung nach war der Zehnmeterturm vor 20 Jahren ein noch größeres Highlight: "Man konnte seinen Mut durch einen Sprung beweisen, mittlerweile gibt es aber viele andere Möglichkeiten, mutig zu sein", sagt der Betriebsleiter des Freibads Coburg. Die Anzahl der Personen, die vom Zehnmeterturm springen, sei im Laufe der Zeit gesunken. Generell würden weniger Leute ins Schwimmbad gehen und viele würden sich einfach nicht trauen zu springen.

"Um Unfälle zu vermeiden, sind der Zehnmeterturm und der Siebeneinhalbmeterturm nur geöffnet, wenn die Türme mit der Höhe von einem und drei Metern geschlossen sind", erklärt Kirchner. Das Becken mit den Sprungtürmen habe außerdem nur eine Temperatur von 19 Grad. So soll vermieden werden, dass die Badegäste zum Planschen ins Wasser gehen: "Das Becken soll nicht gemütlich sein."

Wer springt, sollte über eine gewisse Körperspannung verfügen. "Wenn man nicht mit den Füßen oder Händen als erstes eintaucht, wird es schmerzhaft", sagt Kirchner. Auch sei es wegen des Temperaturunterschieds wichtig, sich vor dem Sprung kühl abzuduschen.