Es kommt nicht oft vor, dass ein Angeklagter im Amtsgericht einen Alkoholtest über sich ergehen lassen muss. Am Donnerstag war so ein Tag. Das Verfahren gegen einen 39-jährigen sich in Lichtenfels auf...
Es kommt nicht oft vor, dass ein Angeklagter im Amtsgericht einen Alkoholtest über sich ergehen lassen muss. Am Donnerstag war so ein Tag. Das Verfahren gegen einen 39-jährigen sich in Lichtenfels aufhaltenden Mann bot noch mehr Eigenwilligkeiten.
Es war ein ständiges Brabbeln und Lamentieren, welches der Mann von seinem Platz vor Richter Alexander Zenefels von sich gab. Das brachte dem mit 0,5 Promille auf der Anklagebank sitzenden Mann immer wieder Maßregelung ein. "Sie riechen wie eine Brauerei", erklärte zudem Richter Alexander Zenefels dem 39-Jährigen.
"Wissen Sie, worum es geht?", erkundigte sich der Richter vor Prozessbeginn. Die Antwort fiel launig aus: "Nein, ich bin gespannt." Das mochte man dem Enddreißiger glauben, denn auch was Staatsanwalt Johannes Tränkle während der Anklageverlesung gegen ihn vorbrachte, wurde von dem Beschuldigten durch Faselei begleitet.
Wie ein Pornostar
Am 1. Juni 2018 soll der Mann gegen 21.15 Uhr einem Mann gedroht haben, ihn "abzustechen". Den Tatbestand der Bedrohung und der Beleidigung sah Tränkle somit als erfüllt an. "Ich habe nicht bedroht", erklärte darauf der Angeklagte in einem Halbsatz. Im zweiten Halbsatz führte er ausgiebig gestikulierend aus, dass er mit seiner Familie telefoniert habe. Und er vergriff sich im Ton, als er auf den Staatsanwalt bezogen zu sich selbst sprach, dieser würde wie ein Pornostar wirken.
Es war während der Verhandlung nie klar, mit welchen Problemen der obdachlose Mann zu kämpfen hat. War er verwirrt oder provoziert er gerne? Als er auf den Mann traf, den er bedroht und beleidigt haben soll, änderte sich sein Verhalten auch nicht.
Der im Zeugenstand aussagende 63-jährige Lichtenfelser, der wie der Angeschuldigte in einer Obdachlosenunterkunft wohnt, erzählte von einem merkwürdigen Ereignis, welches der angeklagten Bedrohung vorausging. "In meinem Gefrierschrank hat er einen Topf mit Wasser zu Eis gemacht und mit dem Messer aufgepickelt", schilderte der Senior. Als er das Verhalten mokiert habe, sei dem 63-Jährigen "ich stech' dich ab" samt der Beleidigung beschieden worden. Auf 20 Zentimeter Länge schätzte der Zeuge die Klingenlänge des Messers, das der Angeklagte in Händen gehalten haben soll. Doch an dem besagten Tattag sei der 39-Jährige nicht nur mit Worten, sondern auch mit seinen Beinen rabiat geworden. "Er hat vor anderen Personen eine Tür eingetreten."
Ebenfalls in den Zeugenstand trat eine Frau, die gleichsam in der Obdachlosenunterkunft zugegen war und manche Angaben des vor ihr aussagenden Zeugen stützte. "Wir haben uns unterhalten und dann kam er und hat mit dem Messer rumgefuchtelt und rumgestänkert." Die direkte Bedrohung habe sie aber, so die 54-Jährige, nicht mitbekommen. Am schwersten wog das, was ein Polizist am Tatabend wahrgenommen hatte. Er bekam es mit dem Angeklagten zu tun, weil er dessen Streit mit einem weiteren Bewohner der Obdachlosensiedlung zu schlichten hatte. Insgesamt 13 Eintragungen finden sich im Führungszeugnis des Enddreißigers. Doch sie passen zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen, beinhalten sie doch Delikte wie Hausfriedensbruch, Körperverletzung oder vorsätzliche Körperverletzungen.