Kunst entsteht nicht von allein

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Die Zeit drängt: Noch im ersten Workshop diskutierten die Gruppen - hier von der Anton-Kliegl-Mittelschule - erste Festlegungen und Maßnahmen. Foto: Thomas Ahnert
Die Zeit drängt: Noch im ersten Workshop diskutierten die Gruppen - hier von der Anton-Kliegl-Mittelschule - erste Festlegungen und Maßnahmen.  Foto: Thomas Ahnert

Im Luitpoldbad startete ein Workshop für junge Leute, die das Musikmanagement kennenlernen wollen. Gepaukt wird nicht nur Theorie, sondern es gilt, ein Konzert im November auf die Beine zu stellen. Mitbeteiligt sind drei Schulen.

Musik ist Kunst - meistens jedenfalls. Da besteht wohl allgemeines Einverständnis. Ein Konzert besuchen ist keine Kunst, sondern eher eine Frage des Willens. Denn es wird einem ja alles abgenommen - außer der Entscheidung und dem Sich-Aufraffen von der Couch. Man muss sich ja nur eine Karte kaufen - am besten im Vorverkauf, damit man nicht auf das Schild "Ausverkauft" stößt ("Ich hab's ja gleich gewusst!"). Man muss hingehen, sich seinen Platz suchen und warten, bis die Künstler auftreten. Und wenn hinterher alle den Saal verlassen, erhebt man sich ebenfalls und geht nach Hause.

Die Kehrseite der Medaille sieht freilich ganz anders aus. Denn es ist ja kein Zufall, dass in dem Augenblick, in dem man sich im Konzertsaal auf seinem Platz niedergelassen hat, auch tatsächlich Künstler auftreten. Was da alles zusammenkommen und zusammenpassen muss, welch enorme Arbeit dahintersteckt, kann man als Außenstehender kaum ermessen. Das soll sich ändern, zumindest schrittweise. Und dafür gibt es die "Tonali-Tour" mit dem Motto "Jung organisiert, spielt, hört klassische Musik".

Hochdotierter Wettbewerb

Tonali ist einem breiteren Publikum vor allem bekannt als hochdotierter Wettbewerb für Musiker zwischen 16 und 21 Jahren, die in Deutschland studieren. Jedes Jahr findet dieser umfangreiche Wettbewerb in der Hamburger Elbphilharmonie statt - das Finalkonzert übrigens mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen - und bedient im dreijährigen Wechsel die Instrumente Violine, Violoncello und Klavier - sowie Komposition. Mittlerweile ist der 2009 von den beiden Cellisten Amadeus Templeton und Boris Matschin gegründete Wettbewerb zu einem ganzjährig international tätigen Netzwerk geworden, das mit namhaften Konzerthäusern, Festivals, Hochschulen und Agenturen kooperiert.

Und so kommt der Kissinger Sommer ins Spiel, der eine Kooperation mit Tonali begonnen hat. Im östlichen Eckrisalit des Luitpoldbades startete jetzt ein mehrwöchiger Workshop für junge Leute, die das Musikmanagement kennenlernen wollen.

Nach einem ausgeklügelten Plan werden sie in die Anforderungen und Geheimnisse des Metiers eingeführt, und das nach einem straffen Zeitplan: Am Ende steht - drohend und unverrückbar - ein Kammerkonzert am 9. November um 19.30 Uhr im Rossini-Saal mit drei Tonali-Gewinnerinnen: Lara Boschkor (Violine), Anastasia Kobekina (Violoncello) und Elisabeth Brauß (Klavier) - die Kissinger kennen sie bereits als Gewinnerin des KlavierOlymps 2016. Und das unter einer Bedingung: Es müssen 300 Besucher kommen - bevorzugt junge!

Weg genau vorgezeichnet

Woher die nehmen? Der Weg dorthin ist hart, aber genau vorgezeichnet. Und er kann durchaus gelingen. Drei Gruppen mit vier Schülern sind angetreten - natürlich mit lehrkräftiger Unterstützung: von der Anton-Kliegl-Mittelschule, vom Jack-Steinberger-Gymnasium und von der Berufsfachschule für Musik in Bad Königshofen. Jede der drei Gruppen bekam eine der Musikerinnen zugewiesen, zu denen Amadeus Templeton und seine Kollegin Lea Gollner gleich einen direkten Kontakt per Skype herstellten. Denn die Zeit drängt - wie immer in dem Metier.

Schließlich müssen die Jungmanager/-innen vor dem Kammerkonzert in ihrer Schule ein Solokonzert mit ihrer Musikerin organisieren, und das mit allem Drum und Dran. Da bleibt keine Zeit für langwierige Grundsatzdiskussionen. Da muss rangeklotzt werden. Denn es geht ja nicht nur um technische Fragen für das Konzert, sondern das Werwaswannwowie setzt ja schon weit vorher bei der Werbung und der Erarbeitung einer möglichst geistreichen Moderation ein und endet nicht mit der Überreichung eines Geschenks.

Natürlich müssen sich die jungen Leute das notwendige Wissen und die erforderlichen Strategien nicht aus den Fingern saugen, sondern sie bekamen eine 88-seitige Broschüre als Leitfaden und Modellvorlage. Der eine oder die andere wurde etwas blass um die Nase, als sie die ganzen Check- und To-do-Listen sahen, die nicht nur die Abläufe, sondern auch die persönlichen Verantwortlichkeiten bestimmen. Kein Wunder, dass sich die drei Gruppen sofort daranmachten, erste Festlegungen zu diskutieren und zu treffen, bevor sie zum Abschluss des ersten Workshops den Tat- und Zielort, den Rossini-Saal, besichtigten.

Wie geht es weiter? Jetzt müssen möglichst schnell Termine mit den drei Musikern für die Schulkonzerte gefunden und die Konzerte vorbereitet werden. Das muss alles vor dem 25. September geschehen sein, denn an diesem Tag findet der zweite Workshop zur Planung und Durchführung des Abschlusskonzerts statt. Dafür steht dann etwas mehr Zeit zur Verfügung. Allerdings fallen da die Allerheiligenferien hinein. Nach diesem Workshop geht auch der Sitzplatzwettbewerb in die entscheidende Phase.

Gewinner ist die Gruppe, die für dieses Konzert die meisten Karten verkauft hat. Die berühmten 3-Euro-Schülerkarten gibt es bereits jetzt bei den Schülermanagern. Ansonsten läuft auch der übliche Vorverkauf über die Tourist-Information und die Online-Schiene. Die Gewinner bekommen Karten für das Eröffnungskonzert des Kissinger Sommers 2019 und eine Einladung zum anschließenden Empfang. Darüber hinaus werden die jungen Leute auch bei Besuchen oder Kurzpraktika im Kissinger-Sommer-Büro erleben können, wie die Profis arbeiten.

Insgesamt zweifelsohne eine spannende Sache für die Teilnehmer und ein guter Ansatz zur Verjüngung des Klassikpublikums. Aber eines müssen die jungen Leute wissen, wenn sie einmal in Richtung Musikmanagement gehen wollen. Jetzt lernen sie nur einen Teil der Arbeit kennen.

Genauso schwierig und aufwendig ist es, überhaupt erst mal die Künstlerinnen und Künstler zu finden, die den Qualitätsansprüchen genügen. Aber das ist eine andere Geschichte.