Schüler der Lucas-Cranach-Schule haben mit Annette Hümmer vom Hospizverein Kronach über das schwierige Thema Sterben gesprochen. Das Projekt soll Schule machen.
Schöne Blumen, brennende Kerzen, die Sonne scheint auf das Grab. Interessiert schauen sich Hospizkoordinatorin Annette Hümmer und Lehrerin Yvonne Fritz-Schilling die Schulhefte der Klasse 2 d an, in denen die Jungen und Mädchen "Das Grab - als Ort der Erinnerung" gemalt haben.
Entstanden sind die bunten Bilder während des vier Schulstunden umfassenden Projekts "Hospiz geht in die Schule", für das die Hospizkoordinatorin zwei Tage zu Gast in der Schulklasse war. In diesem für sie vertrauten Rahmen konnten die Zweitklässler alle Fragen, die sie zum Thema Abschiednehmen und Lebensende bewegten, stellen. Das neue Angebot des Hospizvereins richtet sich an Grundschulklassen der zweiten bis vierten Jahrgangsstufe im gesamten Landkreis.
"Unserem Vorsitzenden des Hospizvereins, Dr.
Peter Witton, ist es ein großes Anliegen, bereits Kinder sensibel an das Thema Sterben und Trauer heranzuführen", betont Hümmer, die sich für das Projekt im Vorfeld einer entsprechenden Fortbildung unterzogen hat. Ursprünglich sei angedacht gewesen, das Projekt über eine ganze Schulwoche durchzuführen. "Dies wäre aber für unseren kleinen Hospizverein nicht zu bewerkstelligen gewesen. Wir haben deshalb das Konzept auf vier Schulstunden verkürzt", erklärt Hümmer.
Mit Ängsten gut umgehen
Ziel sei es, Kinder mit dem Thema Tod und Sterben nicht allein zu lassen, ihnen ihre Ängste zu nehmen und ihnen leicht verständliche, altersgerechte Antworten auf ihre Fragen zu geben. Es gehe dabei insbesondere auch um die Erkenntnis, dass Leben und Sterben untrennbar miteinander verbunden sind.
Kinder würden schon in frühen Jahren mit Verlust konfrontiert - beispielsweise durch den Tod der Großeltern. Aber auch etwa der Tod eines geliebten Haustiers stelle für sie einen großen Verlust dar. Die Eltern täten sich, so Hümmer, oftmals schwer, über diese sensiblen Themen mit den Kindern offen zu sprechen. "Sterben ist noch immer ein Tabuthema in unserer Gesellschaft, über das niemand gerne spricht", weiß auch Klassenleiterin Yvonne Fritz-Schilling, die während des gesamten Projekts als Vertrauensperson mit dabei war.
Wenn Oma und Opa sterben
In der Klasse habe man sich der Thematik bereits im Vorfeld vorsichtig angenähert. So habe man beispielsweise die Trauertage im November behandelt. Auch habe man vorher abgeklärt, ob es vielleicht gerade Trauerfälle in den Familien der Kinder gibt, um darauf reagieren zu können.
Den Eltern wurde das Projekt in einem Info-Brief mitgeteilt.
Das Projekt umfasst die vier Bausteine "Abschied und Neubeginn", "Wann, wie und warum ist man tot?", "Was passiert mit den Toten und wo gehen sie hin?" sowie "Umgang mit Erinnerung und Trauer".
Abschiede sind Teil des Lebens
Bei "Abschied und Neubeginn" wurden insbesondere die einzelnen Lebensabschnitte vom Baby bis zum Greis behandelt. Es wurde vermittelt, dass das Leben in den verschiedenen Bereichen immer mit Abschied verbunden sei - schließlich auch vom Leben selbst. Diese Vergänglichkeit hatte Hümmer beispielsweise anhand von Rosen verdeutlicht, die ihre Blätter verlieren und verwelken.
Im zweiten Baustein stellte sie das Hilfs- und Beratungsangebot des Hospizvereins Kronach vor. Der Tod könne aber nur von einem Arzt festgestellt werden.
Im dritten Baustein wurden die unterschiedlichen Arten von Bestattungen angesprochen wie auch die verschiedenen Jenseitsvorstellungen der Religionen sowie Rituale - beispielsweise öffnet man in manchen Kulturen die Fenster, damit die Seele in den Himmel fliegen kann.
Die Kinder durften erzählen, wie sie sich den Himmel vorstellen: Einige stellten sich vor, dass es dort weiche und warme Wolken gebe und dass man alle Verstorbenen wieder treffe. Dabei erklärten die beiden Frauen den Kindern, dass keine Vorstellung, kein Glaube falsch oder richtig sei. Eine weitere wichtige Erkenntnis: Wenngleich der Mensch auch verstorben sei, blieben doch von ihm viele schöne Erinnerungen. Es bedürfe daher auch eines Platzes der Erinnerung - also das Grab oder auch einen eigenen Bereich in einem Zimmer.
Schulen können Hümmer einladen
Schulen, die sich für das Angebot interessieren, können sich gerne beim Hospizverein melden. "Das Thema passt sehr gut in die Zeit um Ostern oder in den Herbst vor den stillen Tagen", schlägt Hümmer vor. Ängste hinsichtlich des Alters der Kinder und der Schwere der Thematik seien unbegründet. Im Gegenteil: Durch die umsichtige Heranführung an das Thema gelinge es, die Neugierde der Kinder in vertrauensvoller Art und Weise zu stillen. Dies bestätigt auch Fritz-Schilling: "Die Kinder waren sehr offen, neugierig und wissbegierig. Manche waren kaum zu bremsen."
Schüler fanden das Projekt gut
Die Mädchen seien sensibler mit der Thematik umgegangen, während sich manche Jungs nach außen eher cool gegeben hätten.
"Die Stimmung war nie gedrückt, sondern immer sehr offen", freut sich die Lehrerin, die von der Sinnhaftigkeit des Angebots überzeugt ist - gerade auch, weil dadurch den Kindern die Thematik aus einem völlig anderen Blickwinkel vermittelt werde.
Die Rückmeldungen der Eltern - im persönlichen Gespräch oder anhand eines Fragebogens - seien durchweg positiv ausgefallen. Auch die Schüler füllten ein Fragenblatt zu ihren individuellen Eindrücken aus. Aus den Antworten erhält der Hospizverein Anregungen, um das Projekt weiterzuentwickeln.
Mit der Premiere zeigt sich Hümmer sehr zufrieden. Die Kinder seien dankbar gewesen, Antworten auf ihre Fragen zu erhalten. "Ich habe aber auch offen gesagt, dass es eben nicht auf alles eine Antwort gibt und ich manche Dinge nicht weiß", so die Hospizkoordinatorin.