Das Kinderhaus Leo ist für den Deutschen Kita Preis 2019 nominiert. Ein Blick in die Konzeption der Coburger Einrichtung macht deutlich, warum sie den "Oskar" verdient hätte.
Wenn Lisa Westhäuser ihre beiden Kinder Vincent und Johanna morgens in den Kindergarten bringt, nehmen die beiden gerne noch eine der zwei Abkürzungen durchs Gebüsch. "Flowerstreet" und "Krokuspfad" auf zwei hölzerne Wegweiser geschrieben, führen direkt zum Eingang vom Kinderhaus Leo. Ein bisschen Abenteuer schon vor der Tür - so kann der Tag beginnen.
Drinnen begrüßen die Neujahrswünsche der Kinder die Besucher - formuliert in 18 Sprachen, an einem Mobile hängend, was die Internationalität und Beweglichkeit des Hauses symbolisiert.
Ganz aufgeregt kommt Anaol um die Ecke. Er wird heute sechs Jahre alt und ist total nervös. Er kann es kaum erwarten, das ersehnte Geburtstagsgeschenk vom Kindergarten zu bekommen: ein Schnitzmesser! Schnitzholz, das auf der Wunschliste des Kindergartens stand, haben Eltern schon fleißig verpackt und zu dem Stapel leerer Bierkästen und Faschingshüte gestellt.
Was geht hier ab? Schnitzmesser? Bierkästen? Der unbedarfte Kinderhausbesucher wundert sich über so viel Lebendigkeit, Unbekümmertheit und kreativer Leidenschaft, die in den Räumen und im Treppenhaus allgegenwärtig sind. Im Gespräch mit der Leiterin Stephy Beck und Norbert Hartz vom Caritas-Verband (Träger) wird schnell deutlich, weshalb das Kinderhaus Leo in die Auswahl der 25 besten Kitas Deutschlands gekommen ist und im Mai vielleicht sogar den Kita-Oskar entgegennehmen darf. Die vier wesentlichen Gründe hat Stephy Beck in ihrem Bewerbungsschreiben formuliert (siehe Infos rechts).
Der Ansatz des Hauses ist die Reggio-Pädagogik: Kinder sollen sich individuell entfalten. Dabei lernen sie in Projekten, die ihre unterschiedlichen Ausdrucksformen fördern.
Norbert Hartz weiß, dass sich unsere Gesellschaft nur durch Offenheit verändern kann. Mit Stephy Beck an der Spitze werde Integration gelebt und Weltoffenheit praktiziert. Anaol schnitzt derweil glückselig mit seinem neuen Messer. Mal schauen, was rauskommt?
Kinderorientiert
D urch ästhetisch-künstlerische Ausdrucksformen (Tonen, Tanz, Experimentieren, bildende Künste) verknüpft das Kinderhaus Leo aktives Tun und Bildung auf elementare Weise. Ästhetische Erfahrungen und individuelle Lernprozesse werden in den Mittelpunkt der gesamten Bildungsarbeit gerückt. Durch ästhetische Gestalten treten Sprachbarrieren in den Hintergrund und das gemeinsame Tun rückt in den Mittelpunkt. Somit wird ein Raum der direkten Teilhabe an Bildung geschaffen. Das selbstbestimmte Lernen steht im Mittelpunkt. Daher wird komplett auf Vorlagen und Schablonen verzichtet. Zentrale Orte sind: das große Kinderatelier, das Draußen-Atelier, ein eigenes Waldgrundstück.