Die Freien Wähler des Landkreises Forchheim trafen sich in Neunkirchen am Brand. Der Kreisvorsitzende gab mit einem Referat den Impuls. Die Bürgermeisterkandidaten stellten sich vor.
Was vielen fehle, sei der Anstand. Dies kritisierte Manfred Hümmer, Kreisvorsitzender der Freien Wähler (FW). Er machte den Anstand zum Thema seines gesellschaftskritischen "Impulsreferats" beim Neujahrsempfang der FW aus dem gesamten Landkreis Forchheim in der Sportgaststätte des TSV Neunkirchen am Brand.
Die Kommunalwahl steht vor der Tür, das merkte man. Etliche FW-Mitglieder kandidieren als Bürgermeister in ihren Gemeinden. Der Anstand war somit geeignetes Thema, um auf den Wahlkampf, um auf die Herausforderungen der Politik einzustimmen, aber vor allem, um Mut zuzusprechen, diese Herausforderungen anzunehmen.
Der Ton wird rauer
Der Umgang werde laut Hümmer immer rauer, gerade in den sozialen Medien. Dort kommen neben dem rauen Ton noch Shitstorm und Fake-News dazu. In der Gesellschaft komme es gar zu Bedrohungen und zu körperlichen Übergriffen, so dass auch Familienangehörige Angst haben müssten. Ebenso würden Politiker bedroht. Es gebe sogar Politiker, die deshalb nicht mehr kandidieren würden.
Manfred Hümmer erzählte von seinen eigenen Erfahrungen, als er einen Anruf eines rechtslastigen Parteivertreters erhalten habe, mit dem Gesprächsinhalt, wenn deren Partei an die Macht käme, stehe Hümmer ganz oben auf der Liste. Einschüchtern ließ sich Hümmer nicht, fand aber zahlreiche Negativbeispiele, wie sehr Menschen, die anderer Meinung seien oder an einen anderen Gott glaubten, zum rechtlosen Subjekt würden. "Das ist mittlerweile alltäglich, auf allen Ebenen der Gesellschaft", meinte Hümmer.
Anstand bedeute Rücksicht auf andere zu nehmen, sich nicht in den Vordergrund zu drängeln und anderen dieselben Rechte zuzugestehen. Stattdessen äffe der mächtigste Mann der Welt auf öffentlicher Bühne einen körperlich Behinderten nach. Auch in Deutschland würden auf öffentlicher Straße Galgen mit Namen für die Politiker herumgetragen, oder Gaffer ergötzen sich am Leid der Unfallopfer, zählte Hümmer auf.
"Es wird Zeit, die Werte näher zu betrachten, denn sie sind es, die das Leben und die Gesellschaft lebenswert machen", sagte Hümmer. Anstand sei eine Sache jedes Einzelnen. "Die Würde des Menschen ist unantastbar", bekräftigte Hümmer.
Getrieben und unaufmerksam
Mit Anstand jedoch brächten viele Menschen nur die Benimmregeln in Verbindung. Oder sie wahren den Anstand nur bei bestimmten Menschen und Berufsgruppen. "Dann ist das kein Anstand", meinte Hümmer. Stattdessen sei der Mensch getrieben vom Wunsch nach Wohlstand, hysterisch und unaufmerksam, wo man wachsam sein sollte. "Die sozialen Medien sind nur zum Teil sozial. Sie machen uns gemeinsam einsam", beklagte Hümmer.