Brauchtum in Gedichtform

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Beim Füttern von Federvieh muss man an Fastnachtsdienstag besonders aufmerksam sein.
Beim Füttern von Federvieh muss man an Fastnachtsdienstag besonders aufmerksam sein.
Foto: Manfred Welker

Heimatgedichte haben einen besonderen Wert - auch über Fastnacht

In unserer Gegend ist für die närrischen Tage die Bezeichnung Fastnacht die gebräuchliche. Das Brauchtum um die letzten Fastnachtstage hat der Dichter des Aurachtals, Michael Kreß, in einem Gedicht zusammengefasst. Vor allem beim Füttern des Federviehs muss man vorsichtig sein.

Die Tatsache, dass der Aschermittwoch an das bewegliche Osterfest gebunden ist und den Beginn der Fastenzeit bedeutet, beschert uns unterschiedlich viele närrische Tage, in diesem Jahr eine durchschnittlich lange Zeit. Die allerdings durch Corona in diesem Jahr nicht genutzt werden konnte.

Viel Brauchtum ist mit der Fastnacht verbunden, das vor allem für die Landwirtschaft Bedeutung besaß. Der Dichter des Aurachtals, Michael Kreß, hat dieses Brauchtum in einem Gedicht für sein Buch "Leier, Schwert und Pflug" aus dem Jahr 1912 zusammengefasst.

Kreß verstarb am 21. Februar 1929. Viele seiner Gedichtee, die er aus eigenem Antrieb verfasste, sind zeitlos und werden auch in Zukunft ihre Gültigkeit besitzen. Die Heimatgedichte haben inzwischen den Wert von Geschichtsquellen für unsere eigenen Region.

Fastnacht

Ein Bauer sprach zu seinem Sohn:

Bleib treu den Fastnachtsbräuchen

Und halte dran, sie werden schon

Zum Segen dir gereichen.

Steh zeitig auf in Fastnachtsfrüh;

Denn sollt es sich ereignen,

Daß du der letzt' bist, werden sie

Mit Ruß als Narr dich zeichnen.

Lock deine Hühner nicht: Putt, putt!

Sonst fängt sie dir der Geier.

Dem, der wie sonst sie füttern tut,

Verlegen sie die Eier.

Dann schnitze für das Sech am Pflug

Aus Hagedorn die Keile!

Richt die Geschirre her zum Zug

Für Ochsen, Küh und Gäule!

Doch laß zu Hause das Gespann

Mit Rindern oder Pferden,

Damit sie nicht im Sommer dann

Dir scheu'n und durchgehn werden.

Daß nicht ein Rad am Fuhrwerk bricht,

Daß es nicht stecken bleibe,

Daß eine böse Hexe nicht

Dabei ihr Blendwerk treibe!

Vor allem geh nicht in den Wald

Weil drin der Teufel schaltet

Und tückisch heut im Hinterhalt

Des Amts als Förster waltet!

Hast Bienen du, so geh nicht aus

Beim Nachbar dich zu wärmen!

Sonst fliegen sie vom Bienenhaus

Ins Weite, wenn sie schwärmen.

Gestatte nicht, daß deine Leut'

Stroh oder Futter schneiden!

Sonst hat das Vieh zur Sommerszeit

Durch Mücken sehr zu leiden.

Den ganzen Tag trink Bier und Wein ,

Daß dir's nicht übel gehe!

Denn läßt du dich mit Wasser ein,

Dann beißen dich die Flöhe .

Je größer abends dann die Maid

Die Sprünge macht beim Tanze,

Je besser drauf der Flachs gedeiht

Und jede andere Pflanze .

Michael Kreß