Geschlagen und gekratzt

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MIt einer handfesten Auseinandersetzung musste sich gestern das Kulmbacher Amtsgericht beschäftigen. Symbolbild: epd
MIt einer handfesten Auseinandersetzung musste sich gestern das Kulmbacher Amtsgericht beschäftigen. Symbolbild: epd

Bewohner des Mainleuser Übergangswohnheims waren in Streit geraten. Ein Verfahren gegen eine 28-jährige Frau aus der Ukraine wegen Körperverletzung wurde gestern eingestellt.

stephan herbert fuchs

Dort, wo viele verschiedene Nationalitäten aufeinandertreffen, kann es schnell zum Streit kommen. Übergangswohnheime sind solche sozialen Brennpunkte. In Mainleus leben Afrikaner, Aserbaidschaner, Pakistani, Syrer, Tschetschenen sowie Ukrainer unter einem Dach. Familienangehörige der beiden letztgenannten Gruppen waren am 9. Oktober aneinandergeraten. Eine 28-jährige Frau fand sich jetzt vor Gericht wieder, ihr wurde vorsätzliche Körperverletzung in zwei Fällen vorgeworfen.
Nach eineinhalbstündiger Verhandlung stellte sich allerdings heraus, dass der Streit unterm Strich gar nicht so dramatisch war, wie er sich auf den ersten Blick darstellte. Außerdem war es zu wechselseitigen Tätlichkeiten gekommen, so dass sich alle Prozessbeteiligten darauf verständigten, das Verfahren gegen 30 Stunden gemeinnütziger Arbeit einzustellen.
Angeblich soll der zwölfjährige Sohn der tschetschenischen Familie im Schulbus immer wieder auf den achtjährigen Sohn der ukrainischen Familie eingeprügelt haben. Seit Monaten soll das so gegangen sein, bis sich der Achtjährige nicht mehr in die Schule traute. Im Oktober stellte die angeklagte Mutter den Zwölfjährigen zur Rede. Erst flogen die Schimpfwörter, dann die Fäuste. Die Frau soll den Buben geschlagen, gekratzt und an eine Wand gedrückt haben. Mehrere blaue Flecken, blutende Hautabschürfungen und eine Verletzung im Mundbereich waren die Folge. Auch den elfjährigen Bruder soll die Frau geschlagen haben.
Vor Gericht stellte die Frau das Geschehen komplett anders dar. Der Zwölfjährige sei auf sie losgegangen und habe ihr einen Faustschlag verpasst, da habe sie sich freilich gewehrt und ihn mehrfach mit den Händen an die Wand gedrückt. "Er hat wie wild um sich geschlagen", sagte die Frau. Auch sie habe danach blaue Flecken gehabt.


Streit im Schulbus

Der als Zeuge geladene Zwölfjährige räumte zur Überraschung des Gerichtes ein, dass er der Angeklagten tatsächlich einen Faustschlag verpasst habe. Auch einige Beleidigungen gab er zu. "Das alles war schrecklich", sagte der Zeuge. Deshalb habe er auch darauf bestanden, zur Polizei zu gehen. Die Übergriffe im Bus stritt der Schüler allerdings ab. Er sei tags zuvor auf den Achtjährigen gefallen, als der Bus bremsen musste, nicht mehr und nicht weniger. Darauf hätten beide mit russischen Schimpfwörtern nur so um sich geworfen.
Richter Christoph Berner sprach von einem ganz offensichtlich schwierigen Zusammenleben der beiden Familien. Verteidiger Werner Brandl meinte, dass der Tatbeitrag seiner Mandantin wohl nicht so hoch zu hängen sei und Staatsanwalt Roland Köhler vertrat die Auffassung, dass die Tätlichkeiten wechselseitig waren und sich das Geschehen aufgeschaukelt habe. Also stellte Richter Berner das Verfahren vorläufig ein. Leistet die Angeklagte ihre 30 gemeinnützigen und unentgeltlichen Arbeitsstunden nach näherer Weisung des Vereins Fähre e.V. bis Anfang Oktober ab, ist die Sache endgültig vom Tisch.