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Wetter aus dem Wildpark

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Jussi Grießinger, Cyrus Samimi, Harald Zandler und Sebastian Maier stellten Landrat Hermann Ulm (v. l.) das Projekt vor.
Jussi Grießinger, Cyrus Samimi, Harald Zandler und Sebastian Maier stellten Landrat Hermann Ulm (v. l.) das Projekt vor.
P. Lindner

Forschungsprojekt  Im leer stehenden Wisentgehege in Hundshaupten werden derzeit Klimadaten gesammelt, die unter anderem Waldbesitzern und Obstbauern helfen sollen.

„17,8 Grad und 91 Prozent Luftfeuchtigkeit “ hat Harald Zandler von der Uni Bayreuth als aktuelle Werte von der vorsichtshalber eingezäunten Klimastation im Wisentgehege des Wildparks abgelesen, auch wenn es derzeit nach dem Tod des 17-jährigen Wisents Joseph leer steht und umgebaut werden soll. Die Station im Gehege ist eine von vier im näheren Umfeld von Oberzaunsbach; eine zweite befindet sich auf dem Wolfsplateau im Park, also gut 60 Meter höher, die zwei anderen haben ihren Standort in den Obstbaumanlagen talwärts.

Ein lauter Eselschrei unterbricht Zandlers Erläuterungen. Die tierischen Nachbarn machen sich bemerkbar. Auch sie sind Teil eines wissenschaftlichen Projekts zum Erhalt der alten Haustierrasse Thüringische Waldesel. Von ihnen gibt es nur mehr 100 Exemplare; durch Zucht will man einen Genpol gewinnen, erläuterte Parkleiter Daniel Schäffer seinen Gästen aus einem anderen Wissenschaftszweig.

Das Gemeinschaftsprojekt Klimastation zwischen den Bayreuther Klimatologen, den Geografen von der Erlanger Uni und dem Landratsamt dient der kontinuierlichen Messung und Aufzeichnung von Wetterdaten , aus denen die Entwicklung der lokalen Klimasituation abzulesen ist. Ausgangspunkt der Zusammenarbeit ist die Beteiligung des Landkreises am EU-Projekt Strench, das sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf Wald und Obstbau befasst und nach Anpassungsmöglichkeiten der Kulturlandschaft sucht. Das Projekt gehört zum Aufgabenbereich von Sebastian Maier , der in Bayreuth studiert hat und so das Uni-Institut als Partner gewinnen konnte.

Klimafolgen besser abschätzen

Der Landkreis Forchheim ist eine Modellregion wie andere in Italien oder Tschechien. Mit den erhobenen Daten sollen Klimafolgen besser abzuschätzen und Risiken einzugrenzen sein. Dabei geht man sehr systematisch vor und hat als erstes schon eingetretene Klimaveränderungen festgehalten. „Als ich dazu Landwirte befragte, sagten fast alle: ,Wir merken es bereits heute‘“, teilte er seinen Fachkollegen beim Treffen an der Klimastation mit. Solche Beobachtungen sind, dass sich die Hitzetage (Temperatur über 30 Grad) von fünf auf elf bis zwölf im Jahr verdoppelt haben.

Merkbar ist auch der frühere Beginn der Vegetationsperiode. Apfelbäume blühen in unserer Region zehn Tage früher als noch vor einigen Jahren. Da Apfelbäume in ganz Europa vorkommen, gibt es schon seit Langem Karten, die das Fortschreiten des Blühbeginns von Südwest nach Nordost in Linien darstellen. Die älteren Darstellungen sind eindeutig überholt.

Welche Bedingungen Bäume brauchen

Cyrus Samimi, der Lehrstuhlinhaber für Biogeografie in Bayreuth, bietet die wissenschaftliche Ergänzung, um Klimawerte für den Obstbau zu quantifizieren, aber auch die Auswirkungen dichterer Bebauung zu belegen (Siedlungsklimatologie). Jussi Grießinger von der Uni Erlangen-Nürnberg bringt noch die Dendroklimatologie ein. Sie befasst sich speziell mit den Bedingungen, die Bäume für gutes Gedeihen brauchen. Sein Werkzeug ist der Dendrometer. Das Gerät misst die minimalen Umfangschwankungen am Baumstamm, die durch guten oder schwachen Wassertransport von den Wurzeln zu den Ästen entstehen. Im Park sind seine Kandidaten Fichten, Lärchen und Buchen, ansonsten Obstbäume, vor allem Kirschen .

Im Tal ist es kälter

Bei den vier Klimastationen geht es vorrangig um kleinräumige Erkenntnisse. Deshalb wurden sie in unterschiedlichen Höhen in einer Tallandschaft aufgestellt. Da geht es um Faktoren wie das Absinken von kalter Luft nach unten. Im März, so berichtete Zandler, las er bei den beiden oberen Stationen auch in der Nacht Pluswerte ab; unten in Oberzaunsbach zeigte das Stationsthermometer Minusgrade an. Mit derselben Methode, so Zandler, können auch Wärmeinseln, wie sie in dichter Besiedlung vorkommen, aufgespürt werden. Dort arbeitet man mit Thermalkameras von Drohnen oder vom Flugzeug aus. Ähnliche Messungen will er zur Ergänzung der Messwerte am Boden im Umfeld des Wildparks gewinnen.