Der Stichtag zur Schulpflicht wurde vorverlegt. Eltern können wieder selbst entscheiden.
Emma* wird am 7. August sechs Jahre alt. Am 10. September beginnt die Schule. Aber Emmas Eltern fragen sich: Sollen wir Emma tatsächlich schon einschulen? Ihre Tochter ist zart gebaut und ziemlich schüchtern. Sie traut sich selbst nur wenig zu. Im Kindergarten gefällt es ihr sehr gut. Aber Emma kann sogar schon ein bisschen lesen, sie malt total gern und rechnet mit den Fingern.
Tatsächlich können Emmas Eltern seit diesem Jahr die Entscheidung eigenverantwortlich treffen und Emma noch ein Jahr im Kindergarten lassen. Das ist neu. Kinder, die im Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. September sechs Jahre alt werden, können schulpflichtig werden - müssen aber nicht. Die Eltern haben die Möglichkeit bis 3. Mai zu entscheiden, ob ihr Kind bereits zum kommenden oder erst zum darauffolgenden Schuljahr eingeschult werden soll.
Neuer Einschulungskorridor
Bisher waren alle Kinder, die bis zum 30. September eines Jahres sechs Jahre alt werden, in Bayern schulpflichtig.Eine Rückstellung von der Einschulung war nicht oder nur sehr schwierig möglich.
Anfang Februar entschied der Bayerische Landtag über den neuen Einschulungskorridor. Damit wurde auch einer Petition aus dem Jahr 2018 entsprochen, die von den Freien Wählern und Dr. Michael Piazolo, dem derzeitigen bayerischen Kultusminister, unterstützt wurde.
Mit den Fragen, die sich Emmas Eltern stellen, sind sie nicht allein. Der Ernst des Lebens beginnt früh genug. Hausaufgabenstress, Schulprobleme, ein völlig neuer Tagesablauf für die gesamte Familie bringen Väter und Mütter ins Grübeln. Wollen wir unserem Sohn/unserer Tochter nicht vielleicht doch noch ein Jahr schenken. Sie haben doch nichts zu verlieren. Mit der Kindheit ist es Schluss, wenn der Stundenplan den Alltag bestimmt.
Andererseits sind viele Kinder - insbesondere was schulische Vorkenntnisse betrifft, schon sehr weit. Im Kindergarten könnten sie sich langweilen und unterfordert sein. Auch die Freunde kommen jetzt alle in die Schule. Ruhig sitzen, sich über einen längeren Zeitraum konzentrieren und auch mal Niederlagen und Konflikte aushalten, fällt Sechsjährigen dagegen oftmals noch schwer.
Schulamtsdirektor Uwe Dörfer begrüßt die Neuregelung. Eltern haben die Möglichkeit, selbst über die Zukunft zu entscheiden. "Sie kennen ihr Kind am besten und müssen kein schlechtes Gewissen mehr haben, wenn ihr Kind nicht eingeschult wird", sagt Dörfer.