Ein Comicladen wie aus dem Bilderbuch

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Meterweise Comics: Hier könnten Fans jahrelang schmökern. Circa 15 000 Hefte stehen hier.
Meterweise Comics: Hier könnten Fans jahrelang schmökern. Circa 15 000 Hefte stehen hier.
Ein Team wie aus dem Bilderbuch-Comic: Volker Zauner, Sarah Joscht und Jürgen Reichert (von links) Fotos: Jona Gebhard
Ein Team wie aus dem Bilderbuch-Comic: Volker Zauner, Sarah Joscht und Jürgen Reichert (von links)  Fotos: Jona Gebhard
 

Wir befinden uns im Jahr 2019 n. Chr. Ganz Bamberg liest keine Comics... Ganz Bamberg? Nein! Ein unbeugsamer Schwabe hört seit 25 Jahren nicht auf, in der Austraße Comics zu verkaufen.

Hauptsache es langt zum Leben und macht Spaß", dachte sich Jürgen Reichert, als er 1994 seinen Comicladen in der Austraße eröffnete. Jetzt feierte der Comixart sein 25. Jubiläum. "Wir feiern eigentlich jedes Jahr Geburtstag, aber dieses Mal war es etwas ganz Besonderes", erzählt Reichert mit strahlenden Augen.

"Der Laden war den ganzen Tag voll, und die Leute haben so viele Kuchen mitgebracht, dass sie sich auf dem Tisch fast stapelten." Auf seinem Schreibtisch im Hinterzimmer türmen sich noch die Gläser voll selbst gemachter Marmelade und Apfelmus. Daneben ein Berg mit gezeichneten Bildern, Einsendungen zum Zeichenwettbewerb, die Reichert im Schaufenster aufhängen möchte.

Die Begeisterung für die bunten Hefte entflammte beim jungen Jürgen Reichert bei zahlreichen Besuchen des Comicgeschäfts in Heilbronn. Die Geschichten von Asterix und seinen bunten Freunden blieben vorerst Hobby und Leidenschaft. Gelernt hat Reichert erstmal "was G'scheits", wie man in Schwaben sagt. Nach seiner Lehre zum Elektriker hatte er sich gedacht: "Ich würde eigentlich gern was Eigenes machen." Gesagt, getan.

Im Alter von 24 Jahren eröffnete der Schwabe in der Bamberger Hasengasse seinen Comicladen, den Comixart. "Der Comicladen und Bamberg: Das hat von Anfang an gepasst", meint Reichert. Diese Liebe hält mittlerweile 25 Jahre. Der Laden zog später in die Austraße um und 2017 eröffnete Reichert eine Filiale in Bayreuth. Der Comixart ist die Anlaufstelle für Bamberger Comic-Fans und ein Ort zum Freundetreffen und Wohlfühlen.

Mehr als Micky und Lucky

"Vor 25 Jahren war die Comic-Szene noch geprägt von den Klassikern, wie den übersetzten Comics aus Frankreich oder Superhelden-Comics", sagt Reichert. "Heute geht es von Graphic Novels, also anspruchsvollen Literaturcomics, über politische Comics, beispielsweise über den Holocaust bis hin zu Biografien über Goethe und Che Guevara. Aber die Klassiker begeistern natürlich immer noch das Publikum." Wie viele Hefte im Laden stehen, weiß selbst Reichert nicht so genau. Er schätzt die Anzahl auf ungefähr 15 000.

So bunt wie das Angebot der Comics ist auch die Kundschaft. Das Klischee vom langhaarigen, miefenden Comic-Nerd trifft längst nicht mehr zu. "Der Comic ist viel gesellschaftsfähiger geworden. Comics werden in renommierten Zeitungen besprochen", sagt Reichert. "Bei uns kommt wirklich jeder in den Laden. Von jung bis alt. Manche seit 25 Jahren. Natürlich auch Freaks, aber ebenso die Omas und Opas. Uns ist es wichtig, dass sich hier jeder wohlfühlt."

Bamberg hat Mittagspause. Vor dem Regal mit den Manga-Heften quetschen sich Schulranzen. Die dazugehörigen Schüler scannen die aneinandergereihten Bücherrücken auf der Suche nach frischem Lesestoff ab. Ihr Beuteschema sind neue Hefte der Reihen One Piece, Naruto oder Tokyo Ghul. Nachdem die Schüler fündig geworden sind, tragen sie ihre Lesebeute stapelweise an die Kasse.

"Was dem Comicmarkt richtig Impulse gegeben hat, waren die Mangas. Als die 1998 rauskamen, ging der Hype los." Mit der wachsenden Anzahl der aus Japan stammenden Comics sei auch die weibliche Kundschaft stark gewachsen. "In Bamberg gibt es eine große Manga-Community, die die jährliche Manga-Fan-Messe "Franco" in der Konzerthalle mitorganisiert", erzählt Reichert.

Im Comixart gibt es noch mehr zu kaufen als die Hefte. In Erwartung, gekauft zu werden, haben es sich plüschige Kopien der Comic-Helden im Regal bequem gemacht. Hinzu kommen bedruckte Tassen, Figuren und Kalender. Auch Stifte, Pinsel und Farben findet der Hobbycomiczeichner in Reicherts Laden. Den Durst nach noch mehr Manga-Feeling kann das kulinarische Angebot des Comixart stillen: Ein Regalbrett ist voller knallbunter japanischer Getränke und glitzernder Packungen Reisbällchen mit Erdbeer- oder Litschigeschmack.