Graffiti Bamberg bunter zu machen war Ziel des zweiten Freigeist-Festivals in der Stadt, zu dem sich Künstler aus aller Welt im Jugendzentrum trafen. Für sie sind Graffiti weit mehr als nur das Gestalten trister Wände.
von unserer Mitarbeiterin Valerija Levin
Bamberg — Das Jugendzentrum am Margaretendamm hatte sich sich am Wochenende in eine Kulturstätte für Graffiti-Künstler aus der ganzen Welt verwandelt. Diese gaben Schnupperstunden in Sachen Wandbemalung, sprayten Großstadtfeeling auf weißen Untergrund und begeisterten Besucher des Festivals mit ihrem bunten Charme.
Hier redete man vom Leben auf den Straßen von Moskau, Mailand und Villach. Man diskutierte in verschiedenen Sprachen über Musikstile und ließ sich zu äthiopischem Jazz treiben, hier gab es bunte T-Shirts, veganes Barbecue, verrückte Frisuren und Hautbemalungen, hier wurde zu Rap und elektronischem Trap getanzt, und man spürte den jungen Geist der Kultur - einer Kultur, die aus so vielen verschiedenen Farben besteht.
Short aus Villach, einer der Kärntner Urgesteine, gab einen Workshop.
Graffiti sind für ihn der Weg zur Kunst, durch sie hat er sein Handwerk erlernt und ist nun auch in der Malerei und Fotografie tätig. Guido Bisagni aus Mailand, genannt "108", hört währenddessen Dark Wave und pinselt abstrakte Formen und Linien auf die Seitenwand des Jugendzentrums. In seinen Bildern lebt Kandinsky auf der Straße wieder auf, einer der ersten europäischen Post-Graffiti-Künstler, dessen Bilder mit ihren mysteriösen Formen und großen verschwommenen und ineinanderfließenden Flächen, nun zum Beispiel Mailand, San Francisco, London, Paris, Berlin und New York schmücken. Sergej, Artjom und Kirill oder einfach nur "ZUK Club", wie sie sich nennen, Graphikdesignstudenten aus Moskau, sehen die Welt dann aber doch nicht so ernst, sondern mit etwas Humor und Leichtigkeit. Das lebt auch in ihren Bildern wieder auf. Seit 2001 gibt es die Gruppe und sie haben weltweit große Projekte verwirklicht.
Seit 2005 ist der ZUK Club auch in der Street-Art-Szene bekannt, mit Wandgemälden in Holland, Portugal, der Schweiz, Deutschland, Nepal, Sri Lanka, Indien und ihrer Heimatstadt Moskau haben sie es geschafft, sich in der Kunstszene zu etablieren. Dem Jugendzentrum verpassten sie dieses Jahr eine Neuinterpretation des "Manns im Mond" und ließen diesen in einem Donut durch das Weltall fliegen.
"Für uns ist Graffiti nicht nur eine Kunst, die Straßen wieder zu neuem Leben erweckt, es ist auch eine Art, die Welt zu erkunden, Menschen aller nur vorstellbaren Herkunft kennenzulernen, zu reisen und diesen Planeten in verschiedenen Farben zu sehen. Wenn wir dann verstehen, dass unsere Bilder ein Lächeln in Gesichter zaubern können, wissen wir - die Aufgabe ist erledigt", so Sergej von ZUK.
Das Kunst- und Kulturfestival, ein Projekt, das aus der Idee junger Künstler der "Freigeist"-Gruppe entstanden ist, war auch dieses Jahr ein Erfolg.
Die Freigeister gibt es jetzt seit drei Jahren - sie wollen offen, kreativ und immer bereit sein für neue verrückte Ideen. Gemeinsam gestalten sie nicht nur (Lein-)Wände, auch T-Shirts, Taschen, Bühnenbilder, Poster und Schablonen. Sie sind ein fester Bestandteil der Bamberger Jugendkultur, durch sie werden Architektur und Farben der Stadt zu neuem Leben erweckt.
Bürgermeister Wolfgang Metzner bedankte sich bei der Eröffnung bei den Veranstaltern und forderte zum Mit-Engagement auf. "Die Freigeister sind nicht nur auf der Suche nach weiteren interessierten jungen Menschen, sondern auch nach großen Hausfassaden, Mauern und anderen Flächen, um diese fachmännisch und künstlerisch gestalten zu können."