Der Kassenvorfall

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I ch wollte nur mal eben einkaufen. So stand ich an der Kasse im Discounter. Ein bisschen eilig hatte ich es natürlich schon, denn ich musste zum Zug. Aber da nur eine Frau vor mir in der Reihe zur Ka...

I ch wollte nur mal eben einkaufen. So stand ich an der Kasse im Discounter. Ein bisschen eilig hatte ich es natürlich schon, denn ich musste zum Zug. Aber da nur eine Frau vor mir in der Reihe zur Kasse stand, erschien mir meine Situation nicht weiter brenzlig. Doch dann bemerkte ich, dass die Frau vor mir an der Reihe nach dem Bezahlen doch schon ein Weilchen mit der Kassiererin sprach.

Da wir nicht in der Metropole wohnen und hier nicht ganz so viel Zeit nicht ganz so viel Geld bedeutet, war das zu verschmerzen. Bis die Frau vor mir von der Verkäuferin eine Tüte für ihre vier kleinen Einkäufe forderte. "Gerne, 20 Cent bitte", erklärte die Verkäuferin eifrig. "Was? 20 Cent? Wozu das denn?", erwiderte die Kundin. "Na ja, das kostet jetzt 20 Cent, wegen der Umwelt und so", sprach die Verkäuferin und war einfach sehr nett. "20 Cent? Ne, das zahle ich net!", erwiderte nun die Kundin. Dann setzte sie nach: "Das ist doch Geschäftemacherei, die wollen doch alle nur Geld."

Ein bisschen Ungeduld konnte man der Verkäuferin in diesem Moment ansehen. Aber sie hatte Berufsethos und blieb nett. "Das ist wegen dem Umweltschutz, die ganzen Tüten vermüllen die Umwelt. Deswegen die 20 Cent." Darauf die Kundin: "Und in was mache ich jetzt meine Einkäufe?", fragte die Kundin erbost. Und legte nach: "Haben Sie nicht noch alte Tüten, welche, für die man nix zahlt?"

Aus der Sicht der Fragestellerin sicher eine interessante Frage, aus Sicht der Verkäuferin ein beginnender Zeitdiebstahl. "Also haben Sie jetzt oder nicht?", so die Frau erneut, und das in etwas drängendem Ton. "Nein, solche Tüten haben wir nicht. Wir haben nur die Tüten, die hier hängen, keine anderen."

Nun waren die Positionen im Grunde einigermaßen klar. Wenn ich jetzt gleich dran komme, so könnte ich noch meinen Zug erwischen, ohne mich sputen zu müssen. Die enttäuschte Kundin betrachtete ihre paar Waren, diese drei, vier Tütchen auf dem Band, schüttelte den Kopf und sagte: "Ich habe hier nie Geld für Tüten gezahlt." An dieser Stelle verlor die Verkäuferin jede restverbliebene Sympathie, kleidete das aber in Geduld. "Dann kaufen Sie halt schnell eine Tüte, es sind ja nur 20 Cent."

Das war kein guter Rat, denn früher zahlte die Kundin ja nun mal gar nix. "Sie haben mir wohl nicht zugehört, oder?", entgegnete nun die Kundin und vervollständigte ihren Satz mit: "Früher bekam ich eine Tüte immer umsonst." Erstmalig verlor die Verkäuferin die Fassung und ein Tic spielte um ihren Mund. Zwei Tics spielten um den Mund der Kundin und sie begann wieder auf das Band zu starren und den Kopf zu schütteln.

"Also, dauert das noch lange?", erkundigte sich ein hinter mir stehender Kunde bei Kassiererin und Kundin. Die Frage schien zu beeindrucken, denn die Kundin reagierte sofort. Sie sagte: "20 Cent - wofür?" Und die Verkäuferin sagte irritiert: "Für die Tüte." Dann wieder die Kundin: "Und in was mache ich jetzt meine Einkäufe?"

Nun platzte mir ein bisschen der Kragen, denn ich musste ja zum Zug. Dementsprechend bot ich lösungsorientiert eine Variante an, die mir ein gangbarer und auf Sparsamkeit setzender Weg zur Befriedung des Vorfalls schien. Ich sagte zu der Frau: "Zahlen Sie doch jetzt eine Tüte und verwenden Sie sie beim nächsten Einkauf hier einfach immer wieder."

Jetzt sah mich die Frau an, blickte auf ihre drei, vier kleineren Waren auf dem Laufband und sagte zu mir: "Sie sind ein Klugscheißer." Dann kramte die Frau etwas umständlich und aufgebracht, vor allem aber auch kopfschüttelnd, ihre Sachen zusammen, schenkte mir einen abfälligen Blick und ging. Wenig später verpasste ich meinen Zug.