Das Ungeheuerliche und die Fakten

1 Min

J e ungeheuerlicher eine Geschichte klingt, desto interessanter wird sie. Erzähler neigen deswegen meist zu Übertreibungen, sonst wird dem Zuhörer langweili...

J e ungeheuerlicher eine Geschichte klingt, desto interessanter wird sie. Erzähler neigen deswegen meist zu Übertreibungen, sonst wird dem Zuhörer langweilig. Behauptet jemand, etwas sei wahr, sollte man ganz genau hinschauen. In dem Fall mit dem Hofheimer Supermarkt und der rabiaten ausländischen Frau ging es um etwas, das sich tatsächlich ereignet haben soll. Aber: Polizei und Landratsamt wissen nichts davon. Keine Aktennotiz, keine Ermittlungen. Die Frau, die diese Geschichte in die Welt gesetzt hat, hat an einer Aufklärung offenbar kein Interesse. Sie hat keine Anzeige erstattet, obwohl die Sache strafrechtlich relevant wäre (Beleidigung, Sachbeschädigung, Nötigung). Auch Hofheims Bürgermeister Wolfgang Borst hört zum ersten Mal von der Geschichte: "Mir ist nichts bekannt", sagt er am Telefon, "nicht einmal vom Hörensagen."
Fehlanzeige auch beim Freundeskreis Asyl Hofheim. "Nichts mitbekommen", sagt Regine Leisner, und die ist gut vernetzt. Man tausche sich regelmäßig aus. Den Facebook-Beitrag stuft sie als unwahr ein. Vieles macht stutzig. Wenn keinerlei Personalien bekannt sind, da keine polizeilichen Ermittlungen stattfanden, woher weiß dann die Zeugin, dass es sich um eine Syrerin handelt? Reine Ausländerhetze also? Dann wird noch die böse Kanzlerin Merkel erwähnt und zu guter Letzt fürchtet der Supermarktleiter noch einen Bombenanschlag. Aha!
Unwahrheiten sind geeignet, Stimmung zu machen, Ressentiments anzuheizen und gegebenenfalls ganze Ethnien mit Vorurteilen zu belegen.
Gut, wenn man da genauer hinschaut und -hört!