"Corona macht keinen Durst"

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Andreas Trunk (links) und der Gast Helmut Gomar aus Lichtenfels genießen ein Bier der Brauerei Trunk. Fotos: Corinna Tübel
Andreas Trunk (links) und der Gast Helmut Gomar aus Lichtenfels genießen ein Bier der Brauerei Trunk.  Fotos: Corinna Tübel
Die fehlenden Umsätze wird die Püls Bräu in diesem Jahr nicht mehr aufholen können, meinen Hans Püls und Sohn Johannes.
Die fehlenden Umsätze wird die Püls Bräu in diesem Jahr nicht mehr aufholen können, meinen Hans Püls und Sohn Johannes.
 
In der Brauerei Leikeim aus Altenkunstadt fragt man sich: "Wird es jemals wieder so sein wie vorher?"
In der Brauerei Leikeim aus Altenkunstadt fragt man sich: "Wird es jemals wieder so sein wie vorher?"
 

Kleine wie große Brauereien im Landkreis Lichtenfels klagen über starken Umsatzrückgang. Es gibt verschiedene Gründe dafür.

"Das Thema Corona hat unsere Branche, gerade auch hier uns regionale Brauereien, voll erwischt. Zu den Profiteuren gehören die Brauereien hier sicher nicht", so Andreas Leikeim, Geschäftsführender Gesellschafter des Brauhauses Leikeim.

Das betrifft nahezu alle Vertriebswege der Brauerei: Die Verunsicherung der Verbraucher habe sich auf ihr Einkaufsverhalten niedergeschlagen - gerade zum Beginn des Lockdowns. Andreas Leikeim beobachtet in Bezug auf den Lebensmittelhandel und Getränkemärkte, "dass die Verbraucher deutlich weniger zum Einkaufen gegangen sind. Dafür wurden aber die Baskets, also der Wert pro Einkauf, deutlich größer, die sogenannten Hamsterkäufe. Wobei dieser Effekt bei Getränken nicht so ausgeprägt war". Zwar habe sich die Situation etwas verbessert, aber wie zuvor sei es noch nicht. Wird es jemals wieder so sein? "Es fehlen natürlich die Verbraucher, die einfach mal so in einen Laden gehen und schlendern. Das Einkaufen findet wohl bewusster statt."

Feiern werden nicht nachgeholt

Auch der Absatz der heimischen Biere in der Gastronomie ist stark gesunken: Neben den fehlenden Umsätzen zu Ostern, Vatertag und Pfingsten komme jetzt nach der Wiederöffnung noch die Verunsicherung der Gäste. "Viele unserer Gastronomen haben bei weitem nicht die Umsätze wie in den letzten Jahren zu dieser Zeit. Auch wird uns berichtet, das geplante Feiern in der Gastronomie nicht nachgeholt werden. Diese Umsätze sind für 2020 komplett verloren."

Auch die Absage vieler Feste und Veranstaltungen bedeuten für die Brauereien Umsatzeinbußen. Eine Hoffnung bleibt: "Vielleicht bekommen wir durch den langsam anlaufenden Tourismus, der sich dann hoffentlich in Deutschland und auch hier bei uns abspielt, wieder den einen oder anderen zusätzlichen Impuls."

Eine ähnliche Situation ist bei der Püls Bräu KG in Weismain entstanden: Der Gastronomiebetrieb, der ein wichtiger Absatzpartner für die Produkte der Brauerei ist, laufe derzeit erst langsam wieder an, so die Beobachtungen des Geschäftsführers Hans Püls. Er führt als Beispiel die Stammtische an, die erst seit kurzem wieder möglich sind.

Limonade läuft auch nicht

Dass die Menschen nun zu Hause mehr Bier konsumieren, glaubt er nicht: "Corona macht keinen Durst, sondern hemmt die Lust am Leben. Ein Bier in geselliger Runde zu genießen, das verleiht Lebenslust. Das ist ein Teil unserer fränkischen Kultur!" Aber auch andere Getränke wie Limonaden oder das Weismainer Mineralwasser aus dem Brunnen der Weismainer Püls Bräu sind betroffen. Die Belieferung von Vereinsheimen oder die Aufstellung eines Kühlwagens mit Getränken auf Festen und Veranstaltungen seien nahezu zum Erliegen gekommen: "Alle unsere Kühlwagen stehen noch im Lager, obwohl wir Steuer und Versicherung zahlen", berichtet Sohn Johannes Püls.

Zwar habe die Brauerei eine Umsatzsteigerung beim "Getränkeheimdienst" verzeichnen können, ebenso ein leichtes Plus beim Verkauf der Getränke im Lebensmittel- und Getränkemarkt. Diese Zunahmen können jedoch die Umsatzeinbußen von rund der Hälfte fehlenden Absatzes nicht aufwiegen - denn auch die Getränkebelieferung an Betriebskantinen, Schulen und Exportpartner im Ausland musste auf ein Minimum heruntergefahren werden. "So eine Krise verkraften sicherlich große Brauereien und Marken besser als Brauereien in unserer Region", erklärt Hand Püls. "Sie vertreiben mehr über den Handel, auch überregional. Wir Brauereien sind dagegen in unserer Region präsent."

Ein BIer ist kein Computer

Aufholen lassen sich die schlechten Umsatzzahlen nicht: Das Bier, das jetzt nicht getrunken wurde, wird auch nicht mehr getrunken - anders, als man beispielsweise den Kauf eines Computers über einige Wochen hinausschieben kann.

Der Vergleich ist treffend. Und hat Auswirkungen - auch auf die Belegschaft: Bei der Püls-Bräu habe man in manchen Abteilungen wie etwa der Abfüllerei einen Zwei-Schicht-Betrieb eingerichtet, um die Infektionsgefahr so gering wie möglich zu halten. Zudem findet in manchen Arbeitsbereichen wie der Verwaltung oder der Produktion Kurzarbeit statt, nachdem eigene Mitarbeiter bei Renovierungsarbeiten an den Gebäuden eingesetzt wurden oder Urlaubstage genommen haben.

Auch das Brauhaus Leikeim musste auf das Instrument der Kurzarbeit zurückgreifen: Zu Beginn der Krise betraf diese vor allem Mitarbeitende im Außendienst, zurzeit lediglich nur noch punktuell, etwa im Logistikbereich.

Vom Fass in die Flasche

Auch die Brauerei Trunk in Vierzehnheiligen, die 20 bis 30 Gaststätten in der Region mit ihrem Bier versorgt, hat Umsatzeinbußen zu verzeichnen. "Mittlerweile hat sich die Lage etwas gebessert. Es hat sich viel vom Fass in die Flasche verschoben", so Braumeister Andreas Trunk. "Aber aufholen werden wir das nicht." Zum Glück schenkt die Brauerei ihr Bier im eigenen Biergarten seit kurzem wieder aus: Damit habe das Unternehmen mehr verdient als durch Auslieferungen. Trotzdem blickt der Braumeister positiv auf das Leben und in die Zukunft.

Fehlendes Leergut, wie schon im vergangenen Jahr ohne Corona-Krise, stellt noch kein Problem für das Brauhaus Leikeim dar. Momentan herrsche nur bei den Limonaden ein Mangel, im Bereich der Bierkästen habe man noch etwas Vorrat am Hof stehen. Doch trotzdem bedeutet das Leergut in diesen Zeiten dort einen zeitlichen und finanziellen Mehraufwand: Die "Rate" der Durchmischung sei ein größeres Problem: "Hier kommen leider - unter anderem durch den steigenden Verkauf von Einzelflaschen oder Kleingebinden - sehr viele unterschiedliche Flaschen in den Kästen zu den Brauereien zurück. Dadurch muss dieses Leergut noch eine "Extraschleife" drehen und entweder von der Brauerei oder einem Dritten sortiert werden." Generell gilt jedoch: "Wir sind auf eine schnelle Rückgabe angewiesen", so Andreas Leikeim.

Leergut bleibt ein Problem

Letzteres wünscht sich die Püls Bräu auch, hat mit fehlender Leergutrückgabe derzeit aber noch kein Problem. Manche Menschen horten vermutlich schon mehr Flaschen zu Hause, aber da die meisten Lieferungen an Kunden wie Supermärkte vor dem Endverbraucher getätigt und das Leergut dort auch wieder abgeholt werden würde, sei man in dieser ohnehin schwachen Zeit gut ausgestattet.

Doch auch Planung macht sich bezahlt: "Das Thema Leergut wird jedes Jahr ein Problem bleiben. Deshalb haben wir schon letztes Jahr 10 000 Kästen für dieses Jahr bestellt", so Andreas Trunk. Das Leergut-Geschäft sei stets ein "Draufleg-Geschäft" für die Brauereien, zwischen dem Preis, den die Besitzer dafür bezahlen und demjenigen, den die Verbraucher bezahlen, liege ein Unterschied. Der Verband mittelständischer Privatbrauereien befasse sich derzeit aber schon mit einer dauerhaften Pfanderhöhung.