Mit einem gewaltigen Klangerlebnis fand am heißen Sonntag der 10. Internationale Orgelzyklus seine Fortsetzung. Prof. Jisung Kim aus Seoul spielte Werke südkoreanischer und zeitgenössischer Komponisten.
Kronach — Grell und schrill, explodierend und wieder ganz zart - es waren höchst ungewöhnliche Klänge, die dem Publikum am Sonntag in der Kronacher Christuskirche kredenzt wurden. Mal zärtlich-innig, mal hart ohne "Schonung" brachte Jisung Kim die romantische Steinmeyer-Orgel zum Dröhnen und Brausen und versetzte damit das Gotteshaus in einen wahren Musikrausch. Ungläubig staunend angesichts dieser Naturgewalt brachten die Zuhörer ihre Begeisterung mit minutenlangen Standing Ovations zu Ausdruck. Diese waren nur eine kleine Gegenleistung für das, was der fantastische Orgel-Virtuose aus Seoul musikalisch dargeboten hatte - und das war jede Menge großartige Orgelmusik!
Mit dem künstlerischen Gast des Tages hatte der Initiator des Orgelzyklus, Dekanatskantor Marius Popp, einmal mehr einen hoch angesehenen erstklassigen Organisten gewinnen können. Mit Orgelmusik verbinden die meisten ja oft ehe getragene Kirchenlieder. Doch weit gefehlt: Aufgrund seines enormen klanglichen Potenzials widmen sich auch Komponisten des 20. Jahrhunderts diesem imposanten Instrument.
Festival der fliegenden Hände
In seinem außergewöhnlichen Konzert stellte der Professor für Orgel und Improvisation an der Seoul Theological University in Korea Musik aus seiner Heimat westlicher Orgelmusik der Neuzeit gegenüber. Mit Bravour und unglaublicher Leichtigkeit meisterte er diese stilistische Gratwanderung zwischen den so verschiedenen Musikwelten. Unangestrengt und mühelos schienen seine Finger über die Tasten zu schwirren, um dann wieder an den genau richtigen Stellen markante Akzente zu setzen. Welch Festival der fliegenden Hände!
Seinen Auftakt fand die spannende musikalische Reise mit "Aalaiki'ssalam" ("Friede sei mit dir") aus der Feder von Naji Hakim (geb. 1955), der zusammen mit seiner Ehefrau Marie-Bernadette Dufourcet-Hakim erst Mitte Mai beim zweiten Konzert des Internationalen Orgelzyklus in Kronach begeistert hatte. In brillant-exzellenter Spielkultur stellte der Professor auch das von GyuBong Yi (geb. 1961) 1998 komponierte "Ryoung V" (Geist V) tonmalerisch dar - eine eindrucksvolle Kombination aus koreanischen Rhythmen und Tonsystemen sowie der westlichen Musiksprache des 20. Jahrhunderts.
Heiter ging es weiter mit "Mozart Changes" (Mozartsche Akkordwechsel). Bei der Tonschöpfung des ungarndeutschen Komponisten und Organisten Zsolt Gárdonyi handelt es sich um eine Auftragskomposition, die um zwei tänzerische Motive aus dem Schlusssatz der Klaviersonate D-Dur, 1789, KV 576, "Jagdsonate", von Wolfgang Amadeus Mozart kreist.
Weit abseits der Kirchenmusik wandelt "Souvenir" aus der Feder des 1912 geborenen und 1992 verstorbenen John Cage. Einzelne, scharf konturierte Klangfarben stehen im Vordergrund. Klare Kontraste zwischen ihnen verleihen den kurzgliedrigen Tonfolgen Leben - außergewöhnlich, sondergleichen!
"Sanjo" ist ein traditioneller Musikstil in Korea. Ursprünglich ein Stil der Vokalmusik, entwickelte er sich später zur Instrumentalmusik. Zahlreiche Rhythmen wurden hinzugefügt, es ist aber keine Tanzmusik: Die grandios vom Organisten zum Klingen gebrachte Melodie "Sanjo" für Orgel von InYong La (geb. 1936) wird innerhalb der fünf Töne variiert.