Auch die Engel dürfen schnuppern

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Patrick Grasser mit seinem Buch und einigen Flaschen fränkischen und schottischen Whiskys in der "Genusslounge 89" Foto: Rudolf Görtler
Patrick Grasser mit seinem Buch und einigen Flaschen fränkischen und schottischen Whiskys in der "Genusslounge 89"  Foto: Rudolf Görtler

Patrick Grasser weiß alles über Whisky. Die Bücherstube hatte ihn nach Höchstadt geholt, und in der Genusslounge 89 des Zigarrenhauses Riegler erzählte er von den Geheimnissen des neuen fränkischen Mode-Getränks.

Rudolf Görtler

"If the river was whisky, I would be a divin' duck" heißt es in einem amerikanischen Blues. Auf Deutsch: Wenn im Fluss nur Whisky wäre, würde ich tauchen wie eine Ente. Diese Spirituose steht geradezu symbolisch für den American Way of Life. Wer kennt nicht den hart gesottenen Gangster mit einem Wasserglas voll Whisky on the Rocks in der Hand?
Eine Barbarei, sagt Patrick Grasser. Den 36-jährigen Religionslehrer hat ein Irland-Urlaub auf den Geschmack gebracht. Seither hat sich der gebürtige Nürnberger zum Whisky-Experten weitergebildet. Am Samstag stellte er in einer Gemeinschaftsveranstaltung des Zigarrenhauses Riegler und der Höchstadter Bücherstube sein Buch "Whiskyland Franken" vor, dessen erste Auflage bereits vergriffen ist. Im passenden Ambiente, denn die satten Erdfarben der Möbel, das bestens bestückte Zigarrenmagazin, die vielen Edelspirituosen in den Regalen der "Genusslounge 89" korrespondierten hervorragend mit den Farbtönen diverser Whisky-Sorten, die der Fachmann mitgebracht hatte. Das Gros davon aus Franken. Wie bitte? Die Fränkische Schweiz, die Fränkische Seenplatte sind doch für Obstbrände bekannt. Das ist richtig, so Grasser. "Doch Franken und Whisky gehören seit vielen Jahren zusammen!" Liegt es an der etwas knurrigen Mentalität, die Franken und Schotten teilen?
Der Autor hat eine andere Erklärung. Im Grunde sei der Grundstoff des Whiskys ungehopftes Bier, das destilliert werde. Deshalb stünden Bierbrauer der Produktion der Spirituose unverkrampfter gegenüber als Obstbrenner. Ja, der Ausgangsstoff des Whiskys jedweder Façon ist eine glasklare Flüssigkeit, destilliert aus einer Gerstenmalz-Maische. Grasser hatte einen solchen fränkischen "Spirit" dabei, den die ca. 30 Besucher der ausverkauften Veranstaltung gerne kosteten: rau und derb wie ein Moor im schottischen Hochland. Whisky wird erst zum Whisky nach mindestens dreijähriger Lagerung in Holzfässern. Die Auswahl dieser Fässer ist eine Wissenschaft, weiß der in allen Verästelungen der Herstellung versierte Buchautor.
In Schottland verwendet man gebrauchte Bourbon-Fässer, früher wurde in Sherry-, Port- oder Madeirafässer abgefüllt, die Franken nehmen Spessarteiche. Allmählich werden alte Fässer knapp, und, eine ökonomische Überlegung: Wer neu ins Geschäft einsteigt, muss finanziell einen langen Atem haben, denn wenn das Getränk erst einmal bis zu 40 Jahre lagert, bis es wenn auch zu exorbitanten Preisen verkauft werden kann, heißt es gut planen. Dann ist auch noch der "Angel's Share" einzukalkulieren, der Anteil, der durch Verdunstung auf die Engel entfällt. Dennoch nimmt eine ganze Reihe fränkischer Brenner das Risiko auf sich. Die Eggolsheimer "Blaue Maus" gehört seit Jahren dazu oder die St. Kilian Distillers im unterfränkischen Rüdenau. Einen "Turf Dog" von dort, ein Destillat mit Rauchgeschmack, das sich wegen fehlender Fassreifung noch nicht Whisky nennen darf, ließ der Whisky-Experte ebenfalls verkosten: schon zarter als der "Spirit". Die Elch-Bräu aus Thuisbrunn wiederum kreiert ebenfalls eine Torfmalz-Destillation - das heißt, die Gerste wurde über Torffeuer zum Malz. 5000 Flaschen "Torf vom Dorf" hat Edelbrandsommelier Georg Kugler abgefüllt. Klar, dass Grasser einen Kasten dabei hatte und ausschenkte. In einem Tulpenglas, denn Whisky aus Wassergläsern zu trinken, erfüllt den freundlichen Mann mit Abscheu. Gerne nippten die Besucher an dem fränkischen Getränk mit ganz eigenem Charakter. Sie gingen heim mit ganz neuen sensorischen Erfahrungen und viel Wissen über ihr Lieblingsgetränk. Mit dem ein Spezialist wie Grasser "sensiblen Umgang" fordert, "denn es handelt sich um eine hochprozentige Spirituose". Genuss ist angesagt, nicht Rausch.

Patrick Grasser: Whiskyland Franken. Die Macher, die Genießer, die Botschafter. Cadolzburg: ars vivendi 2017. 246 Seiten, 18 Euro