Mit dem Einrücken der Amerikaner endete vor 75 Jahren der Krieg für die Bamberger. Ein Zeitzeuge erinnert sich an diese Tage im April 1945.
Marion Krüger-Hundrup Es war gleichsam ein Nachbeben, als am 19. April 1945 ein mit Munition beladener Güterzug am Pfisterberg explodierte, bevor für Bamberg der Krieg endgültig vorbei war. Eigentlich waren es zwei Nachbeben. Denn am 18. April löste ein unvorsichtiger Soldat in der Munitionsanstalt an der Geisfelder Straße eine verheerende Explosion aus. Er wurde dabei schwer verletzt, zwei Tage lang wütete der Brand.
Doch in jenen Apriltagen vor 75 Jahren lag weniger Pulverdampf denn Erleichterung in der Luft: "Der Krieg war für uns zu Ende", blickt Zeitzeuge Andreas Stenglein zurück. Als damals 16-Jähriger erlebte der gebürtige Gaustadter hautnah das Einrücken der 7. US-Army in Bamberg mit: "Es gab keinen Widerstand, weil es keinen zu leisten gab", erinnert sich Stenglein nur zu gut daran, dass "die Amerikaner als Befreier betrachtet wurden und nicht als Besetzer". Wenngleich sie Wohnhäuser beschlagnahmten und "Leute aus den Häusern vertrieben".
Fast hätte seine Familie das gleiche Schicksal ereilt, erzählt der heute 91-Jährige. Denn die Amerikaner "wollten unser Haus in der Fischergasse 8 sehen". Und er - tatsächlich erkrankt - habe ihnen auf Englisch klargemacht, dass "meine Geschwister mit der ansteckenden Krankheit Scharlach im Bett liegen". Daraufhin sei die Familie in Ruhe gelassen worden. Ja, und "die mordslangen Kerle haben uns Kindern Kaugummi gegeben", sagt Stenglein lachend, der damals kurz zuvor den Einberufungsbefehl zur Infanterie in Coburg bekommen hatte.
"Bis zum letzten Atemzug"
Die eigentliche "Stunde Null" in Bamberg für ein Ende und einen Neubeginn begann am 13. April 1945 mit dem Einmarsch der US-Infanterie-Divisionen von Hallstadt und Gaustadt aus. Düstere Monate lagen hinter der Stadt. Seit den Luftangriffen im Februar 1945, bei denen Hunderte Männer, Frauen und Kinder umgekommen waren, konnte sich niemand mehr in Sicherheit wähnen. Die Menschen sehnten sich nach Frieden, ängstigten sich aber zugleich vor den unaufhaltsam näher rückenden amerikanischen Truppen.
Mit Hilfe des Volkssturms, eilends errichteter Panzersperren und Schützengräben sollte der Vormarsch der Amerikaner aufgehalten werden. Bamberg war zum Schutz von Nürnberg als "Stadt der Reichsparteitage" zum Frontgebiet erklärt worden. Als Reichsverteidigungskommissar befahl der Bayreuther Gauleiter Fritz Wächtler, die Domstadt wie eine Festung "bis zum letzten Atemzug" zu verteidigen. Hitler forderte "fanatischen Widerstand". Sorgte mit seinem sogenannten "Nero-Befehl", der die Zerstörung wichtiger Verkehrsverbindungen einforderte, auch für die sinnlose Sprengung von acht Regnitzbrücken am 11. April und am 13. April unmittelbar vor Ankunft der Amerikaner.
"Sie haben Bamberg ohne Gegenwehr besiegt", fasst Andreas Stenglein das damalige Geschehen zusammen. Allerdings hätten Teile der Innenstadt um den Obstmarkt, Am Kranen, Lange Straße und Grünen Markt in Flammen gestanden. Allein in diesem Gebiet wurden 91 historische Gebäude beschädigt, zum Teil gänzlich zerstört - durch amerikanisches Artilleriefeuer aufgrund der deutschen Gegenwehr. Schäden gab es auch an der Weide und im Sand, verursacht durch deutsches Artilleriefeuer von Debring aus und sogar durch deutsche Luftangriffe auf die einmarschierenden US-Truppen im Bereich des Alten Krankenhauses.
Zeitzeuge Stenglein verweist auf einflussreiche Persönlichkeiten, die die militärische Verteidigung Bambergs um jeden Preis und damit die gänzliche Zerstörung verhindert haben. Männer wie der Chefarzt des Krankenhauses, Professor Wilhelm Lobenhoffer, Erzbischof Joseph Otto Kolb, der evangelische Kirchenrat Bruglocher und andere intervenierten bei militärischen Entscheidungsträgern. Der Bamberger Kampfkommandant Körner und der SS- und Polizeiführer im Wehrkreis XIII, General Benno Martin, gehörten zu diesen.