Als alte Baustile kopiert wurden

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Im ehemaligen Beinhaus erläuterte Wolfgang Jäger (rechts) Exponate aus der Zeit des Historismus. Sie stammen aus der ganzen Diözese.
Im ehemaligen Beinhaus erläuterte Wolfgang Jäger (rechts) Exponate aus der Zeit des Historismus. Sie stammen aus der ganzen Diözese.
Ein besonderes Schmuckstück in der Ritterkapelle ist der Hochaltar. Ihn hat der Architekt Carl Alexander Heideloff (1789 bis 1865) entworfen. Heideloff war - in der Epoche des Historismus - für die Restaurierung der Ritterkapelle ausgesucht worden. Fotos: Klaus Schmitt
Ein besonderes Schmuckstück in der Ritterkapelle ist der Hochaltar. Ihn hat der Architekt Carl Alexander Heideloff (1789 bis 1865) entworfen. Heideloff war - in der Epoche des Historismus - für die Restaurierung der Ritterkapelle ausgesucht worden.  Fotos: Klaus Schmitt
 
Das Dokumentationszentrum
Das Dokumentationszentrum
 
Die Ritterkapelle
Die Ritterkapelle
 

Eine Führung durch das neue Dokumentationszentrum an der Ritterkapelle in Haßfurt brachte das Zeitalter des Historismus in Erinnerung. Der Historiker Wolfgang Jäger ging mit den Besuchern auf eine geschichtliche Spurensuche.

klaus schmitt

Es war keine schöne Zeit: das 19. Jahrhundert. Mit der Säkularisation (1803) hatten die Menschen jahrhundertealte Werte der Kirche verloren, und die Industriealisierung bescherte den Menschen Arbeit und viel Elend. Kein Wunder, dass sie sich damals nach früheren, besseren Zeiten gesehnt haben.
Der Blick auf frühere, schönere Epochen gilt als der Kern des Historismus. Der traf auch auf Gebäude zu. Bauherren versuchten, alte Baustile zu kopieren - im Fall der Restaurierung der Ritterkapelle in Haßfurt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war dies die Gotik.
Das neue Dokumentationszentrum neben der Ritterkapelle gibt Auskunft über diese Thematik. Es ist eingerichtet in der Michaelskapelle, die neben der Ritterkapelle liegt. Im Untergeschoss, dem ehemaligen Beinhaus, werden sakrale Kunstgegenstände des Historismus aus der ganzen Diözese gezeigt. Im Obergeschoss, der eigentlichen Michaelskapelle, wird die Restaurierung der Ritterkapelle in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Beispiel für den Historismus erläutert.
Mit diesem Dokumentationszentrum gehört Haßfurt zur Reihe der musealen Einrichtungen im Bistum Würzburg. Gerne hätte Haßfurt, wie Wolfgang Jäger bei einer Führung am gestrigen Sonntag durch das neue Zentrum erklärte, das Thema Gotik veranschaulicht. Aber das ist schon an einem anderen Ort in der Diözese dargestellt. Deshalb setzt Haßfurt den Schwerpunkt auf den Historismus.
An der Führung nahmen auch Leser des Fränkischen Tages teil. Sie waren von dem Medienhaus dazu eingeladen worden. Wolfgang Jäger, der auch Vorsitzender des Historischen Vereins Landkreis Haßberge ist, erwies sich als profunder Kenner der Geschichte der Ritterkapelle, mit deren Bau 1431 begonnen worden ist und der Jahrzehnte später vollendet wurde.
Obwohl die Zeit des Historismus erst rund 150 Jahre vorbei ist, gibt es laut Jäger nicht mehr viele Exponate aus jener Zeit. Einige sind in Haßfurt zu sehen, wie etwa eine Gipsfigur des Heiligen Bonifatius.
Ein entschiedener Gegner des Historismus war der auch in der Diözese Würzburg tätige Kardinal Julius Döpfner. Er wollte, wie Jäger sagte, die Elemente dieser Epoche nicht in den Kirchen haben. Döpfner hielt, wie Wolfgang Jäger darstellte, den Historismus für einen Wegbereiter des nationalsozialistischen Gedankengutes.
Es gibt aber auch eine zweite Seite: Jäger sieht im Historismus die "Geburtsstunde der Denkmalpflege". Und: Der Historismus rückte einen Künstler wie Tilman Riemenschneider wieder ins richtige Licht. Darüber freut sich Haßfurt besonders, denn "wir haben fünf Riemenschneider-Figuren", so Jäger.