2 856 Beschäftigte mehr: So profitiert Bamberg laut Gewerkschaft NGG

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"Der ,8,50-Euro-Daumen' ist oben": Ein Jahr nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zieht die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) für den Raum Bamberg eine posi...

"Der ,8,50-Euro-Daumen' ist oben": Ein Jahr nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zieht die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) für den Raum Bamberg eine positive Bilanz. "Zum ersten Mal haben alle Beschäftigten einen festen Lohnsockel unter den Füßen - von der Küchenhilfe bis zur Verkäuferin im Backshop: Wer arbeitet, muss dafür mindestens 8,50 Euro pro Stunde bekommen", sagt Michael Grundl als Geschäftsführer der NGG Oberfranken. Er wertet den gesetzlichen Mindestlohn als "Einstieg in den Lohn-Aufstieg für Menschen, die zuvor mit Niedrigstlöhnen abgespeist wurden".
Vom "Schreckgespenst Mindestlohn", vor dem die Arbeitgeber noch vor einem Jahr gewarnt hätten, sei nichts übrig geblieben, meint Grundl: Der Mindestlohn sei weder "Konjunktur-Bremser" noch "gefährlicher Job-Killer". Die NGG legte dazu auch eine aktuelle "Mindestlohn-Analyse" vor, die das Pestel-Institut (Hannover) im Auftrag der Gewerkschaft erstellte. Die Wissenschaftler werteten dabei auch die Beschäftigungssituation in Stadt und Landkreis Bamberg aus: "Anstatt Servicekräfte oder Küchenpersonal zu entlassen, haben Hotels, Pensionen, Restaurants und Gaststätten neue Kräfte eingestellt. Insgesamt arbeiteten im Juni vergangenen Jahres hier rund 2700 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte - und damit 8,1 Prozent mehr als noch im Vergleichsmonat des Vorjahres, als es den gesetzlichen Mindestlohn noch nicht gab", so Grundl.
Nach Angaben der NGG Oberfranken hat der Mindestlohn zudem dazu geführt, dass etliche Arbeitgeber aus Mini-Jobs reguläre Stellen gemacht haben. Das gelte nicht nur für die Gastro-Branche. "Viele Mini-Jobs waren besonders schlecht bezahlt. Durch den Mindestlohn sind die Mini-Jobber dann über die 450-Euro-Grenze gerutscht. Und das sind jetzt sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze."


Positive Effekte

Auch die Arbeitslosigkeit hat Grundl zufolge im "Mindestlohn-Jahr 2015" abgenommen: Im letzten Dezember waren rund 3800 Menschen in Stadt und Landkreis Bamberg ohne Beschäftigung - und damit acht Prozent weniger als noch ein Jahr zuvor. Ebenso habe sich die Beschäftigtenzahl insgesamt mit dem gesetzlichen Mindestlohn positiv entwickelt: "Im Sommer des vergangenen Jahres gab es 2856 Menschen mehr, die einen Job hatten, als noch im Sommer des Vorjahres."
Zudem verweist die NGG darauf, dass auch der Staat vom Mindestlohn profitiere. Man spare bei den Hartz-IV-Ausgaben. So ging die Zahl der Aufstocker um 4,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zurück.
All diese Zahlen liefern für den Geschäftsführer der NGG Oberfranken eine "klare Botschaft": "Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde hat den Beschäftigten gut getan. Und er hat der Wirtschaft nicht geschadet." Im Gegenteil: Das Lohn-Plus habe dem Raum Bamberg eine höhere Kaufkraft beschert, von der insbesondere auch die heimische Wirtschaft profitiert habe.


Auf 10 Euro pro Stunde anheben

Um diesen Menschen die Chance zu geben, auch Geld für größere Anschaffungen auf die hohe Kante zu legen, müsse der Mindestlohn allerdings steigen: "Unser Ziel ist es, ihn möglichst rasch in einem ersten Schritt auf 10 Euro pro Stunde anzuheben", macht der Gewerkschafter deutlich. "Die NGG hat einen ganz wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland überhaupt eingeführt wurde. Jetzt wird die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten ebenso hartnäckig daran arbeiten, ihn schrittweise ,zu liften'.
Für die NGG Oberfranken ist eine Erhöhung des Mindestlohns nur konsequent. Das zeige auch eine Renten-Berechnung des Bundesarbeitsministeriums: Um eine Rente von mindestens 769 Euro pro Monat - also gerade einmal die Grundsicherung im Alter - zu bekommen, müsse ein Beschäftigter immerhin mindestens 11,50 Euro pro Stunde verdienen. Und das 45 Jahre lang bei einer Vollzeitstelle. "Ein Leben lang arbeiten und dann doch nur ,Alters-Hartz-IV' bekommen - das kann und das darf es nicht sein."