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Schaeffler: Abbaupläne betreffen Franken - IG Metall sieht "fatales Signal"


Autor: Isabel Schaffner

Franken, Dienstag, 05. November 2024

Um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, will der Autozulieferer Schaeffler auch in Franken Stellen streichen. Die IG Metall reagiert verärgert auf die angekündigten Personalmaßnahmen und stellt eine dringende Forderung.


Der fränkische Autozulieferer Schaeffler wendet sich am Dienstag (5. November 2024) erneut mit Details zu seinen Zukunftsplänen an die Öffentlichkeit. Einen Monat nach der Fusion mit Vitesco verkündet er "strukturelle Maßnahmen in Europa zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit". Diese umfassen den Abbau von 4700 Arbeitsplätzen in Europa, 2800 davon in Deutschland.

Von den Abbaumaßnahmen seien in Deutschland zehn Standorte betroffen. Daneben bezögen sich die Maßnahmen auf fünf weitere Standorte in Europa, von denen zwei geschlossen werden sollen, heißt es in der Mitteilung. Die Umsetzung der Maßnahmen soll mehrheitlich zwischen 2025 und 2027 erfolgen. In Franken ist Schaeffler laut Webseite in Herzogenaurach, Schweinfurt, Strullendorf, Hirschaid, Kitzingen, Höchstadt, Erlangen, Nürnberg und Gunzenhausen vertreten. Auf Herzogenaurach, Schweinfurt und Nürnberg geht Schaeffler im Detail ein.

Bisherige Maßnahmen bei Schaeffler "nicht mehr ausreichend": Neuerungen für Schweinfurt

Konkret seien die strukturellen Maßnahmen im Wesentlichen auf drei Handlungsstränge fokussiert. "Der erste zielt auf erforderliche Ergebnisverbesserungen der Sparte Bearings & Industrial Solutions". Diese umfasst unter anderem Wälz- und Gleitlager und sei mit anhaltender Konjunkturschwäche, strukturellen Problemen sowie erhöhter Wettbewerbsintensität konfrontiert, so Schaeffler. Der zweite Handlungsstrang sei auf Synergien aus dem Zusammenschluss mit der Vitesco Technologies Group AG (fortan Vitesco) gerichtet. Zum größten Teil entstünden sie über Umsatz- und Einkaufssynergien, aber auch durch Personalabbau.

"Der dritte Handlungsstrang umfasst Maßnahmen, die sich aus der anhaltenden Transformation der Automobilzuliefererindustrie ergeben. Dabei sind Maßnahmen im Zusammenhang mit dem rückläufigen Volumen in der Verbrennungstechnologie sowie die aktuelle Abschwächung neuer Programme bei E-Antrieben in Europa berücksichtigt", heißt es weiter. Sowohl die Sparte Powertrain & Chassis (zum Beispiel Ventilspielausgleichselemente) als auch die Sparte E-Mobility seien von den Maßnahmen betroffen.

In der Sparte Bearings & Industrial Solutions habe man in den vergangenen Monaten unter anderem die Gleitzeitkonten abgebaut, Kurzarbeit eingeführt und die wöchentliche Arbeitszeit in einigen Bereichen reduziert. Der gesamte Maßnahmenmix sei jedoch "nicht mehr ausreichend". Die Standorte Schweinfurt und Homburg seien so "maßgeblich vor allem von Konsolidierungsaktivitäten, Kapazitätsanpassungen und Verlagerungen betroffen, aber auch dem Abbau von Stellen in Zentralbereichen in der Administration", erklärt das Unternehmen hierzu. Das Schweinfurter Stammwerk der Sparte werde zudem die Produktion und Mitarbeitenden des ehemaligen Ewellix-Werks im Schweinfurter Hafen aufnehmen. 

Personalabbau in Herzogenaurach - Autozulieferer verkündet "weitere Anpassungen"

Schaeffler und Vitesco hätten 600 Millionen Euro pro Jahr an Synergien vereinbart, die 2029 vor allem durch Wachstum sowie Skaleneffekte im Einkauf erreicht werden sollen, heißt es zu der Fusion. Auch Personalabbaumaßnamen seien eingeplant. Davon seien insbesondere die Funktionsbereiche und die Zentralabteilungen an den Hauptsitzen Regensburg und Herzogenaurach betroffen, aber auch der Bereich Forschung & Entwicklung. 

Regensburg werde zukünftig Sitz von Schaefflers Unternehmensbereichs Powertrain Solutions der Sparte Powertrain & Chassis. Sitz der neuen Schaeffler-Sparte E-Mobility werde der Hauptsitz Herzogenaurach. "Im Ergebnis führen die Anpassungen zum Abbau von zirka 600 Stellen, die auf Deutschland und hier maßgeblich auf die beiden genannten Standorte entfallen. Zu diesen Zahlen tragen die beiden Unternehmen etwa im gleichen Verhältnis bei", informiert der Konzern.

Herzogenaurach sei auch von "weiteren Anpassungen" betroffen, die wegen der gesunkenen Nachfrage in Folge des anhaltenden Rückgangs des Verbrennergeschäfts die Kostenbasis weiter absenken sollen. Im Zuge des eingeschlagenen Weges der Sparte E-Mobility und des Portfoliomanagements bei der vormaligen Vitesco würden nun weitere Maßnahmen in die Planung gebracht, führt Schaeffler weiter aus. Ein zuvor angenommenes stärkeres Wachstum insbesondere bei europäischen Originalgeräteherstellern sei indes ausgeblieben. "Zusätzlich führt der erhöhte Wettbewerb zu einem weiter zunehmenden Preis- und Kostendruck und einer stärkeren Lokalisierung der Entwicklungsleistungen, insbesondere in China. Hiervon betroffen sind insbesondere die Standorte Regensburg, Nürnberg und Berlin."

"Nicht mehr Teil dieser Gemeinschaft" - IG Metall akzeptiert Schaefflers Abbaupläne nicht 

Ebenfalls am Dienstag (5. November 2024) betont die IG Metall in einer Stellungnahme, dass sie die von Schaeffler veröffentlichten Stellenabbaupläne nicht akzeptieren werde. "In unserer Zukunftsvereinbarung mit Schaeffler haben der Erhalt der deutschen Standorte und die Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen einen zentralen Stellenwert. Wir pochen darauf, dass diese Zukunftsvereinbarung eingehalten und gelebt wird", wird der bayerische IG Metall-Bezirksleiter Horst Ott zitiert. 

Thomas Höhn, Unternehmensbeauftragter der IG Metall für Schaeffler und 1. Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt lässt verlauten: "Dieser Schritt ist ein fatales Signal an die gerade erst neu übernommenen Beschäftigten. Erst vor vier Wochen feierte die Schaeffler-Gruppe die Fusion mit Vitesco unter dem Motto 'Stronger Together'. Jetzt erhalten tausende Beschäftigte die Nachricht, dass sie nicht mehr Teil dieser Gemeinschaft sein sollen."

Dass Schaeffler vor allem im Bereich Forschung und Entwicklung streiche, ist für die IG Metall laut dem Konzernbetriebsratsvorsitzenden Uli Schöpplein "nicht nachvollziehbar und gefährdet die technologische Entwicklung bundesweit". Horst Ott fordert jetzt das Unternehmen auf, mit der Arbeitnehmerseite Gespräche über Alternativen zum Stellenabbau aufzunehmen.