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"Warnschuss" für ZF? Tausende demonstrieren in Franken - "wir wehren uns"


Autor: Ralf Welz

Franken, Mittwoch, 30. Juli 2025

In Franken sind bei einem Protest rund 5000 Mitarbeiter des Autozulieferers ZF auf die Straße gegangen. Einen "Warnschuss für die ZF-Spitze" nannte Bayerns IG Metall-Bezirksleiter die Aktion.
In Schweinfurt demonstrierten nach übereinstimmenden Angaben von IG Metall und Polizei rund 4500 Menschen gegen einen Jobabbau bei ZF.


Tausende Mitarbeiter des Autozulieferers ZF sind am Dienstag (29. Juli 2025) auf die Straße gegangen. Hintergrund sind angekündigte Sparmaßnahmen, die unter anderem einen Abbau von Arbeitsplätzen beinhalten. Der Betriebsrat hatte zu Demonstrationen an mehreren Standorten aufgerufen, darunter Friedrichshafen und Saarbrücken. Allein in Friedrichshafen nahmen etwa 6000 Beschäftigte an den Protesten teil. ZF schrieb zuletzt tiefrote Zahlen. An allen fünf bayerischen ZF-Standorten der Division E warnten die IG Metall und die ZF-Beschäftigten das Unternehmen am Dienstag nun vor einer Ausgliederung der Division und Stellenstreichungen.

Die landesweit größte Veranstaltung gab es in Schweinfurt, mit Bayerns IG Metall-Bezirksleiter Horst Ott als einem der Redner. Laut Polizei versammelten sich in der unterfränkischen Stadt in der Spitze 4500 Menschen. Am ZF-Gusstechnologie-Standort in Nürnberg fanden sich nach Gewerkschaftsangaben 400 Beschäftigte vor der Gießerei ein. Sie bauten demnach unmittelbar vor dem Turm der Geschäftsführung eine symbolische Mauer mit den Worten "Zukunft durch Widerstand". Unter dem Motto "Verzockt! Wer zahlt jetzt die Zeche?" beteiligten sich in Bayreuth rund 130 ZF-Mitarbeiter an einer Aktion vor dem Werk.

Jobs bei ZF in Gefahr: Protestaktionen in Schweinfurt, Nürnberg und Bayreuth

Die Maßnahmen fielen bewusst auf diesen Dienstag, zumal an diesem Tag der ZF-Aufsichtsrat über die Zukunft der Division E diskutiert. "Diese Protestaktionen sind ein Warnschuss für die ZF-Spitze", wurde Bayerns IG Metall-Bezirksleiter Horst Ott im Vorfeld in einer Mitteilung der Gewerkschaft zitiert. "Wenn die ZF-Bosse ihre Kahlschlagpläne durchziehen, riskieren sie einen Großkonflikt mit der IG Metall und den eigenen Beschäftigten."

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Laut Angaben der IG Metall hat der ZF-Vorstand Szenarien mit enormen Verlagerungen und einer Ausgliederung der kompletten Division E bis hin zu einem Verkauf oder gar einer Zerschlagung entwickelt. "Die Division E ist das Herzstück von ZF und beinhaltet die komplette Antriebstechnologie für E-Mobilität, Hybride und Verbrennungsmotoren", hieß es in der Verlautbarung der Gewerkschaft. Allein in Bayern arbeiten in dem Unternehmensbereich demnach rund 9000 Beschäftigte und damit etwa die Hälfte aller ZF-Beschäftigten in Bayern.

Betroffen seien rund 5500 von den etwa 8500 Beschäftigte in Schweinfurt - "sowie praktisch die kompletten Belegschaften" in Auerbach in der Oberpfalz (rund 1500 Beschäftigte), Nürnberg (rund 1000 Beschäftigte), Thyrnau bei Passau (rund 650 Beschäftigte) und Bayreuth (rund 250 Beschäftigte).

"Katastrophale Managementfehler": IG Metall macht Geschäftsleitung für Entwicklung verantwortlich

"Massenhafter Stellenabbau und Verlagerungen in der ZF-Division E wären ein harter Schlag für die Zukunft der Autozulieferindustrie in Deutschland", erklärte Ott in der Vorwoche im Rahmen einer Mitteilung zu den geplanten Protestaktionen. "Mittelfristig sind potenziell alle Arbeitsplätze und Standorte in der Division E in Deutschland in Gefahr." Produktion und Entwicklung in Deutschland müssten gestärkt, statt gekürzt werden, so die Forderung.

Die IG Metall macht für die angespannte Lage des Automobilzulieferers die Unternehmensführung verantwortlich. "Durch katastrophale Managementfehler hat sich ZF selbst in finanzielle Schwierigkeiten gebracht." Zwei milliardenschwere Zukäufe von US-Autozulieferern hätten statt Gewinnen eine Schuldenlast von über zehn Milliarden Euro gebracht. "Durch Kampfpreise hat ZF Großaufträge von Autoherstellern gewonnen, die nun nicht einmal die Herstellungskosten decken", konstatierte die Gewerkschaft. 

Bayerns IG Metall-Bezirksleiter warf der Geschäftsleitung in Sachen Konfliktbewältigung indirekt Fantasielosigkeit vor. "Als Antwort auf die selbst verursachten Probleme fällt der ZF-Spitze nichts anderes ein als Stellenabbau, Verlagerungen, Standortschließungen, Sparprogramme und Investitionsstreichungen", wird Horst Ott zitiert. Damit komme das Unternehmen nicht aus der Krise, sondern gerate immer tiefer hinein. "Wir wehren uns dagegen, dass die Beschäftigten dieses Management-Desaster ausbaden sollen. ZF muss Konsequenzen ziehen, aber nicht bei den Beschäftigten", so der Gewerkschafter. 

ZF unter finanziellem Druck - Gewerkschaft fordert "tragfähiges Konzept" zur Standortsicherung 

"Wir fordern stattdessen ein tragfähiges Konzept zur Beschäftigungs- und Standortsicherung in Deutschland", so Ott. Um die heimischen Standorte der Division E wettbewerbsfähig aufzustellen, mahnt die IG Metall zu Investitionen, der Akquise von Zukunftsprojekten sowie einer neuen Preisbildung in Richtung der Autohersteller.

Die ZF-Group mit Sitz in Friedrichshafen steht seit Längerem finanziell unter Druck. Der weltweit tätige deutsche Automobilzulieferer plant, bis 2028 etwa 14.000 Stellen in Deutschland abzubauen. 

Seit 2024 wurden bereits mehrere Tausend Arbeitsplätze gestrichen. Die aktuellen Proteste richten sich insbesondere gegen geplante Gehaltskürzungen und die Unsicherheit über die Zukunft der Arbeitsplätze. Der Betriebsrat kritisiert die bisherigen Sanierungsbemühungen des Managements als erfolglos.

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