Versorgungskrise spitzt sich zu: Fränkische Kliniken beklagen Mangel an Kochsalzlösung und Co.

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Fränkische Kliniken beklagen enorme Knappheiten - "Vorräte teilweise beträchtlich reduziert"
Nicht nur Kochsalzlösung, sondern auch Verpackungsmaterialien und diverse Medikamenten fehlen in den Kliniken häufig, heißt es aus Nürnberg, Fürth und Erlangen.
Fränkische Kliniken beklagen enorme Knappheiten - "Vorräte teilweise beträchtlich reduziert"
Stefan_Schranz/pixabay.com (Symbolbild)

Kliniken kämpfen seit Längerem mit einer Knappheit von Kochsalzlösung. Ein Krankenhaus kam deswegen vor einigen Wochen bei den geplanten Operationen in Bedrängnis. So erklären sich Nürnberg, Fürth und Erlangen das Problem.

Kochsalzlösungen sind in der Medizin ein essenzielles Mittel. Sie werden beispielsweise als Träger für Medikamente gebraucht, zum Freispülen von Kathetern und Operationsfeldern oder in der Urologie zur Blasenspülung. Doch viele Krankenhäuser ächzen seit Längerem unter einem Mangel. Auch in Nürnberg, Fürth und Erlangen

"Am Klinikum Nürnberg sehen wir schon seit Mitte 2023 eine anhaltende Knappheit an Kochsalzlösung", erklärt eine Sprecherin am Dienstag (29. Oktober 2024) auf Anfrage von inFranken.de. Die Lösung sei nur ein Beispiel für ein viel weitreichenderes Problem. "Wir haben in unserer Apotheke im zurückliegenden Jahr schon bei 550 Medikamenten Lieferschwierigkeiten feststellen müssen, das ist leider Alltag geworden." Mit hohem Aufwand und gegenseitiger Hilfe versuchen die Einrichtungen so jeden Tag, die Versorgung aufrechtzuerhalten, schildert die Sprecherin. Die Gründe für die Mängel sind demnach vielfältig.

Kliniken Nürnberg, Fürth und Erlangen schildern diverse Engpässe - "viel Flexibilität gefragt"

Grundsätzlich von einem Mangel betroffen sei in Nürnberg "im Wechsel das ganze Sortiment, aktuell zum Beispiel Antidiabetika, Abführ- und Durchfallmittel, bestimmte Antibiotika oder Beruhigungsmittel, Schmerz- und Fiebermittel", zählt die Krankenhaussprecherin auf. In diesem Herbst hat die Einrichtung besonders viele Patienten mit Mykoplasmen-Infektionen zu versorgen, wie inFranken.de berichtete. Der Verband der deutschen Apotheker warnte kürzlich, dass ein Ende der Versorgungskrise nicht abzusehen sei. Auch Verpackungsmaterialien wie Infusionsbeutel oder Glasflaschen fehlen immer wieder. Kliniken einer Region helfen sich dabei untereinander aus, wenn möglich.

Die Sprecherin des Klinikums Nürnberg erinnert sich an einen Fall vor einigen Wochen: Da "hat unsere Apotheke einem großen Krankenhaus in der Region kurzfristig eine Ration Kochsalzlösungs-Beutel zur Verfügung gestellt, weil man dort nicht mehr planmäßig hätte operieren können. Die Kollegen haben uns die Ware später wieder zurückgebracht, da sie zum Glück noch rechtzeitig Nachschub bekamen."

Auch die Kliniken Fürth und Erlangen leiden seit mindestens einem Jahr unter den Lieferengpässen bei Infusions- und Spüllösungen, wie sie inFranken.de berichten. Auswirkungen auf die Patienten habe dies noch nicht gehabt - auf das Personal aber sehr wohl. "Es ist viel Flexibilität auf den Stationen gefragt, weil vielleicht gerade nur Glasflaschen verfügbar sind, aber Plastikflaschen zur Infusion benötigt werden oder Flaschen im benötigten Volumen gerade nicht zur Verfügung stehen", führt die Leiterin der Apotheke im Klinikum Fürth aus.

Spüllösungen aus dem Ausland erheblich teurer - so gehen die Kliniken mit der Knappheit um

Wie das Klinikum Nürnberg betont, dürften hier "bestimmte Medikamente einfach nicht ausgehen". Die eigene Apotheke habe deshalb schon vor Jahren begonnen, die Vorräte bei kritischen Präparaten hochzufahren. Auch auf eine breite Verteilung auf mehrere Lieferanten greife man zurück. Wo möglich, weiche das Krankenhaus zudem auf geeignete Ersatzpräparate aus. "Aktuell sehen wir aber, dass sich unsere Vorräte teilweise schon beträchtlich reduziert haben."

Generell sei auf das Nürnberger Apotheken-Team ein "erheblicher Mehraufwand durch Verhandlungen, Suche nach Alternativen und Umorganisation" zugekommen. Eine Person habe inzwischen den Auftrag, Verfügbarkeiten bei Pharmafirmen zu diversen Lieferschwierigkeiten nachzufragen. "Das kostet Zeit und erfordert gute Nerven."

Das Klinikum Fürth helfe sich mit der Notfallhilfe kleinerer Firmen oder Kollegen. "Bei Spüllösungen muss auch auf Ware aus der Türkei und USA zurückgegriffen werden", erklärt die Apothekenleiterin. Und das zum doppelten bis fünffachen Preis, teilweise auch mit hohem Dokumentationsaufwand. "Auch die Einkaufsgemeinschaften versuchen über weitere Hersteller den Markt zu entlasten. Die Mengen sind aber trotzdem oft knapp." Steriles Wasser für die Spülung bei Operationen sei laut dem Klinikum Erlangen ebenfalls Mangelware. Die hauseigene Apotheke könne es glücklicherweise selbst herstellen

Probleme bei Herstellern: Mittelfränkische Krankenhäuser schildern fatalen Domino-Effekt 

Doch woher rühren die Lieferschwierigkeiten im Fall der Infusions-, Injektions- und Spüllösungen? Die Produktionsanlagen bei allen Herstellern arbeiteten an der Kapazitätsgrenze, eine größere Lagerungsmenge als Puffer sei nicht vorhanden, heißt es vom Klinikum Erlangen. Es fehlten zum Beispiel immer wieder Flaschen und Stopfen für die entsprechenden Produkte, weshalb keine Herstellung stattfinden könne. "Sobald in einer Produktionsstätte ein Problem auftritt, entsteht ein Domino-Effekt, da die geringen Lagerungsmengen aller Hersteller den Mangel nicht ausgleichen können. Zudem deckt die Herstellungskapazität einen aktuell erhöhten Bedarf nicht ab."

Für das Klinikum Nürnberg liegt eine Erklärung indes "in der unzureichenden Vergütung für Standard-Medikamente in Deutschland durch die Rabattverträge der Krankenkassen mit den Herstellern. Für viele Produzenten sind andere Absatzmärkte attraktiver". Auch das Klinikum Nürnberg liefert seine Antwort: 

"Der gesamte Markt wird durch zwei große Firmen dominiert, von denen zunächst eine große Lieferprobleme bekommen hat. Als Folge hat jetzt auch der zweite große Hersteller Lieferschwierigkeiten." Problematisch sei, dass zu wenig Ware im deutschen Markt verfügbar sei und die Kontingentierungen der Firmen den aktuellen Bedarf des Klinikums nicht widerspiegelten. Auch nicht eingehaltene Liefertermine erschwert die Planungen deutlich.