Kirchweihen in Franken: So wild ging es früher auf der Kerwa zu
Autor: Agentur dpa
Bayreuth, Montag, 23. Juni 2025
Die Kerwa-Saison ist auf dem Höhepunkt: Fast jedes fränkische Dorf feiert Kerwa, aber wie kam es dazu eigentlich? Die wilde Vergangenheit der Kirchweih und wie die Tradition so lange überlebt hat.
"Wer hat Kerwa?" In fast jedem fränkischen Dorf ist diese Frage im Frühjahr, Sommer oder Herbst ein Wochenende lang zu hören. Die Antwort: "Wir ham Kerwa." Die Kerwa - oder eben Kirchweih - ist ein Herzstück fränkischer Tradition. Und eine ziemlich komplexe Angelegenheit. Martin Ritter vom Landesverein für Heimatpflege sagt: "Es gibt so viele regionale und lokale Besonderheiten der fränkischen Kerwa, dass man wohl ein ganzes Buch damit füllen könnte." Wir haben unsere Leser gefragt, welche Kerwa ihre liebste ist - hier findet ihr die Ergebnisse.
Ursprünglich hatte das Fest einen kirchlichen Charakter, denn gefeiert wurde der Weihetag der Kirche oder der Namenstag des Kirchenpatrons. Nach und nach gesellten sich weltliche Elemente hinzu: "Familien kamen zusammen, es gab Tanz, Belustigung und manchmal Markttreiben, vor allem aber viel Essen und Trinken", schildert Julia Krieger, stellvertretende Bezirksheimatpflegerin des Bezirks Mittelfranken. Die Kirchweih sei seit etwa 1500 das zentrale Ereignis des Jahres gewesen. "Es wurde alles aufgeboten, was möglich war."
Frankens Kirchweihen: So lief die Kerwa früher ab
Im territorial zersplitterten Franken habe das Fest lange unter dem Reglement der jeweiligen Landesherrschaft gestanden, sagt Krieger. Dies habe sich gewandelt, als Franken ein Teil des bayerischen Königreichs wurde. "Es änderten sich die vormals starren und reglementierten Abläufe zugunsten eines lebendigeren Festgeschehens, wie es auch heute die Kirchweih prägt."
Günter Dippold, oberfränkischer Bezirksheimatpfleger, in einem Vortrag: "Die Kerwa war nicht statisch." Mancher Brauch entwickelte sich, verschwand wieder. "Örtliche und regionale Unterschiede bildeten sich heraus", so Dippold weiter. Besonders in lutherischen Regionen sei das Kerwatreiben kritisch gesehen worden. Der Coburger Obrigkeit sei die Kerwa 1684 als ein bloßes "freß-, sauf-, tanz- und spielfest" erschienen, zitierte Dippold aus einer historischen Quelle.
Um die Ausschweifungen einzudämmen und zu verhindern, dass die Menschen jedes Wochenende auf einer anderen Kerwa feierten, gab es in allen Regionen Versuche, einen einheitlichen Kerwatermin für alle zu finden - die "Allerweltskirchweih". Geklappt hat das nicht. So haben auch heute noch viele fränkische Dörfer ihren eigenen Termin - manche inzwischen auch ganz ohne Kirche im Dorf.
"Wertvolles Kulturgut": So hat die Kerwa Jahrhunderte überlebt
"Jeder Brauch ist umso lebendiger, umso mehr er sich wandelt", sagt Expertin Krieger. "Kirchweih ist ein Sammelbecken vielfältigster kultureller Ausdrucksformen." Dazu gehörten Musik, Tanz, Verzeiler, traditionelle Speisen und Kleidung.
Das Fest hat sich gewandelt, hat politische Veränderungen sowie Kriegs- und Notzeiten überstanden. "Alle Bräuche waren und sind permanent Veränderungsprozessen unterworfen, denn sollten sie irgendwann einmal nicht mehr zeitgemäß sein, würden sie schlichtweg aufhören fortzubestehen", sagt Ritter.