Innenministerium verbietet rassistische Siedlungsbewegung "Artgemeinschaft" - Razzien auch in Franken
Autor: Agentur dpa
Deutschland, Donnerstag, 28. Sept. 2023
Vergangene Woche hat die Innenministerin eine Neonazi-Gruppierung verboten. Jetzt geht es gegen andere Rechtsextremisten. Die Polizei durchsucht die Wohnungen von Anhängern einer rassistischen Siedlungsbewegung.
Update vom 28.09.2023, 10.42 Uhr: Wohnungen von Mitgliedern in Mittel- und Unterfranken durchsucht
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat binnen weniger Tage die zweite rechtsextremistische Vereinigung verboten. Einsatzkräfte der Polizei durchsuchten am Mittwochmorgen (27. September 2023) 26 Wohnungen von 39 Mitgliedern sowie Räume des Vereins "Die Artgemeinschaft - Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung" in zwölf Bundesländern, wie das Innenministerium in Berlin mitteilte. Bei den Razzien seien unter anderem Schusswaffen, ABC-Schutzanzüge, Gold, Bargeld sowie extremistische Schriften sichergestellt worden, sagte Faeser. Daneben wurden Devotionalien und Armbrüste eingesammelt und in zwei Fällen Erlaubnisse zum Waffenbesitz aberkannt.
Das Verbot gegen die Vereinigung, deren Mitglieder sich häufiger in einem Hotel in Thüringen trafen, wurde nach Angaben des Ministeriums seit mehr als einem Jahr vorbereitet. Maßgeblich seien hierbei Erkenntnisse des Verfassungsschutzes gewesen, hieß es. Die Vereinigung, die nach Ministeriums-Schätzungen rund 150 Mitglieder hat, richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung. Beispielsweise habe der Verein seinen Mitgliedern Anweisungen zu einer richtigen "Gattenwahl" gegeben, um gemäß seiner rassistischen Ideologie das "richtige" Erbgut weiterzugeben.
Razzien auch bei Mitgliedern in Franken: Schusswaffen und ABC-Schutzanzüge bei Durchsuchungen sichergestellt
Ziele der Razzien am frühen Mittwochmorgen seien das "Einfrieren von Vereinsvermögen" und die Sicherstellung potenzieller Beweismittel wie etwa Orden, Fahnen und Büsten gewesen, die dem Nationalsozialismus zugeordnet werden, hieß es bei einer der Durchsuchungen in Baden-Württemberg von einem Sprecher des Landeskriminalamts. Nach Angaben der Bundesinnenministerin waren rund 700 Einsatzkräfte bundesweit an den Razzien beteiligt, darunter auch Beamte der Bundespolizei.
Faeser beschrieb die "Artgemeinschaft" als "sektenartige, zutiefst rassistische und antisemitische Vereinigung". Das Verbot sei ein "weiterer harter Schlag gegen den Rechtsextremismus und gegen die geistigen Brandstifter, die bis heute NS-Ideologien verbreiten." Die Ministerin sagte: "Wir werden den Rechtsextremismus noch weiter scharf im Blick haben."
Der Verein habe versucht, durch eine "widerwärtige Indoktrinierung von Kindern und Jugendlichen neue Verfassungsfeinde heranzuziehen", so die Innenministerin. Zu den antisemitisch gefärbten Kinderbüchern, die von der Vereinigung vertrieben wurden, gehörten nach Angaben aus Sicherheitskreisen mehrere Titel aus der Zeit des Nationalsozialismus. Dazu zählt etwa das Buch "Pudelmopsdackelpinscher".
In diesen fränkischen Regierungsbezirken wurden Wohnungen von Mitgliedern durchsucht
In Baden-Württemberg gab es einem Sprecher des dortigen Landeskriminalamts zufolge Durchsuchungen in mehreren Gebäuden in Kupferzell (Hohenlohekreis). Im benachbarten Bayern wurden laut Innenministerium fünf Wohnungen von insgesamt acht im Freistaat ansässigen Mitgliedern in den Regierungsbezirken Oberbayern, Mittelfranken und Unterfranken durchsucht. Besonders präsent ist sie in Unterfranken. Die Postanschrift des Vereins gab die nun verbotene Vereinigung in Ostheim im Kreis Rhön-Grabfeld an und Axel Schunk, Leiter der Gruppierung, stammt aus Stockstadt am Main.
In Hessen waren drei Wohnobjekte in den Landkreisen Gießen und Limburg-Weilburg sowie in Frankfurt am Main Ziel der Durchsuchungen, hieß es vom Landeskriminalamt. Betroffen waren hier zwei Frauen und drei Männer im Alter von 37 bis 84 Jahren. Im nordrhein-westfälischen Essen durchsuchten Ermittler eine Arztpraxis.