Fremde Kinder kann man lieben: "Soziale Elternschaft entscheidet"
Autor: Stephan Großmann
Bamberg, Donnerstag, 06. Dezember 2018
Wie geht Liebe, wenn die Familie nicht die eigene ist? Tausende Kinder alleine in Franken müssen sich diese Frage tagtäglich stellen. Helfen können Pflegefamilien. Eine passende zu finden, ist allerdings Glückssache.
Alleine in Franken leben zum Stichtag 31. Dezember 206 3165 Kinder zur Vollzeitpflege bei einer anderen, fremden Familie. Die Gründe sind vielfältig - meistens sind die leiblichen Eltern überfordert, nehmen Drogen oder werden gewalttätig. Oft alles zusammen. Meistens müssen die Jugendämter schnell reagieren, um das Kindeswohl nicht zu gefährden. Doch da liegt das Problem: Eine passende Pflegefamilie zu finden, ist gar nicht so leicht.
Wie es gelingen kann, zeigt ein Ehepaar aus Kronach. Das hat gleich vier Pflegekinder aufgenommen. Deren Geschichte sowie einen Kommentar des Autors darüber, was die Politik mehr leisten könnte, lesen Sie hier(für Digital-Abonnenten kostenlos).
Experte im Interview
Mit vormals fremden Menschen aufzuwachsen, ist nie leicht. Wie es trotzdem gelingen kann und was es zu beachten gibt, hat uns Professor Klaus Wolf verraten, Leiter der Forschungsgruppe Pflegekinder an der Universität Siegen:
Herr Professor Wolf, was bedeutet es für Kinder, nicht bei ihrer leiblichen Familie aufzuwachsen?
Viele Kinder sind traumatisiert, wenn sie in eine Pflegefamilie kommen. Wie äußert sich das?
Die Zuschreiben als traumatisiert wird oft inflationär verwendet. So gibt es Autoren, die schreiben, bereits die Trennung von den Eltern sei immer traumatisch. Dann wären 100 Prozent der Pflegekinder traumatisiert. Das ist Unsinn. Der Anteil traumarisierter Kinder liegt bei Pflegekinder höher als im Durchschnitt der Bevölkerung, aber sicher unter 50 Prozent. Für eine genaue Angabe müsste man sich auf eine klare Definition von Trauma und Traumatisierung einigen. Das steht aber aus. Richtig ist allerdings, dass die Pflegekinder oft sehr belastende Erfahrungen machen: in der Herkunftsfamilie, bei den Übergängen und manchmal auch in der Pflegefamilie.
Was können die Beteiligten tun?