Franken: EU-Abgeordnete Marlene Mortler kritisiert Agrarpolitik - das sind ihre Forderungen
Autor: Alexander Milesevic, Florian Hauner
Straßburg, Mittwoch, 05. Juni 2024
Vor der Europawahl hat die fränkische EU-Abgeordnete Marlene Mortler (EVP/CSU) Verständnis für die Forderungen von Landwirten gezeigt und gegen die europäische Agrarpolitik geschossen. Nun geht Brüssel einen Schritt auf die Landwirte zu. Kritik gibt es trotzdem.
Die fränkische EU-Abgeordnete Marlene Mortler (EVP/CSU) hat vor der Europawahl die vergangenen Proteste der Landwirte als berechtigt bezeichnet und die agrarpolitischen Vorgaben der Politik zu Beginn des Jahres als "sehr praxisfern" kritisiert. Die Bauern hätten berechtigte Anliegen und wären im Vergleich zu anderen Branchen überproportional stark belastet worden, erklärte die Agrarexpertin im Gespräch mit inFranken.de in Straßburg vor der EU-Wahl 2024. Es sei wichtig, die Bürokratie abzubauen, attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen sowie die Vernetzung mit der Wissenschaft und Forschung zu verbessern.
Schon länger machen Bauern deshalb Druck auf die Politik. Die Bürokratie habe auch auf europäischer Ebene stetig zugenommen und belaste die Landwirtschaft, erklärte der Bayerische Bauernverband (BBV) gegenüber inFranken.de und forderte einen Abbau der Bürokratie. "Was sich die Bauern wünschen ist, dass die gemeinsame Agrarpolitik wieder vereinfacht wird", sagte Mortler. "Wir müssen wieder mehr zuhören und nicht auf die Ideologen, sondern auf diejenigen, die es wirklich betrifft." Erste Maßnahmen seien bereits Anfang des Jahres auf den Weg gebracht worden. Das sei allerdings kompliziert und nicht hilfreich für die deutschen Bauern gewesen, so die Politikerin weiter. Wie bei jedem anderen Mitgliedsstaat auch habe das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft seinen Strategieplan ausarbeiten müssen, wodurch zusätzliche Vorgaben entstanden seien. Das habe das Leben für die Landwirte erschwert.
Diese Anreize sieht die fränkische EU-Abgeordnete Marlene Mortler für junge Landwirte
Dabei gebe es Anreize für junge Landwirte. Besonders hoch seien diese beim Vergleich der Bundesländer in Bayern. So gewährt der Freistaat den Landwirten im Rahmen des Kulturlandschaftsprogramms beispielsweise Ausgleichszahlungen, wenn die Bauern über die gesetzlichen Vorgaben hinaus besonders umweltschonend wirtschaften. "Da ist fast jeder zweite Hektar dabei", so die 68-Jährige. Auch das Vertragsnaturschutzprogramm biete finanzielle Unterstützung. Dabei erhalten Landwirte Ausgleichszahlungen, wenn sie ihre Flächen über die gesetzlichen Vorgaben hinaus nach den Zielen des Naturschutzes bewirtschaften.
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Die im Zuge der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik beschlossenen Maßnahmen hätten hingegen nur wenige Landwirte aus Bayern ausgenutzt. Stattdessen hätten sie von der Förderung des Bundeslandes mehr profitiert. "60 Prozent der Möglichkeiten sind dann gar nicht ausgenutzt worden, weil es einfach zu kompliziert war", resümierte Mortler. "Für die bayerischen Bauern war das dann zumindest ein Nachteil." Dabei ist auch die Junglandwirtprämie aus Sicht des BBV ein Anreiz für junge Bauern. Laut Verband müsse die Politik auf allen Eben einen Beitrag leisten, um verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen und die Branche für langfristige Investitionen interessant zu machen. Dabei ist dem Verband besonders die Zukunftsperspektive im Bereich der Tierhaltung schwierig und auch mit zusätzlichen finanziellen Anreizen aus Brüssel außerhalb der vorgesehenen Mittel für die gemeinsame Agrarpolitik ist laut Mortler nicht zu rechnen.
Erst Ende April machten die Abgeordneten der EU-Staaten den Weg für weitere Maßnahmen zur Entlastung von Bauern frei. Nachdem die Kommission in den Wochen zuvor mehrfach Entlastungen präsentiert hatte, sollen Bauern bei der Erfüllung von Umweltvorschriften mehr Flexibilität zugestanden werden. Das bräuchten die Landwirte, betonte die Agrarexpertin. Es habe sich gezeigt: "Auf die Politik ist kein Verlass." Die vorgegebenen Standards für die Landwirtschaft seien kaum erfüllbar und nicht nachvollziehbar.
EU-Parlament billigt schwächere Umweltauflagen für Bauern - Kritik an Abstimmung
Bei den neuen Entlastungs-Plänen der EU geht es unter anderem um Standards, die für guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Böden sorgen sollen. An diese müssen sich Bauern halten, um von den milliardenschweren EU-Agrarsubventionen zu profitieren. Landwirte sind bisher beispielsweise dazu verpflichtet, einen Teil ihrer Ackerfläche brach zulegen oder unproduktiv zu nutzen. In Zukunft soll das nur noch freiwillig gemacht werden müssen. Bauern, die trotz der Lockerungen Land brachliegen lassen, sollen wiederum von EU-Staaten belohnt werden. Kleinere Landwirtschaftsbetriebe sollen den Plänen zufolge von Kontrollen und Sanktionen im Zusammenhang mit Umweltanforderungen ausgenommen werden können.
Norbert Lins (EVP/CDU), der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses im Europaparlament, bezeichnete die Abstimmung als "großen Erfolg für die europäische Landwirtschaft." Man habe auf die Proteste der Landwirte gehört. "Den Bundeslandwirtschaftsminister fordere ich hiermit auf, die heutigen Beschlüsse in Deutschland 1:1 umzusetzen." Kritik kam hingegen von Jutta Paulus (EFA/Grüne). Sie nannte die Abstimmung einen "Schlag ins Gesicht der Wissenschaft". Von dem Beschluss würden nicht die Bauern, sondern die Düngemittel- und Pestizidindustrie profitieren. Die Zustimmung der EU-Staaten zu der Abstimmung fehlt noch, aber gilt als sehr wahrscheinlich. Bereits in diesem Jahr könnten die neuen Auflagen Anwendung finden. Das von der Kommission vorgeschlagene Vorhaben wurde in einem Eilverfahren durch das Parlament gebracht.