Immer wieder tricksen Arbeitgeber beim Mindestlohn. Mehr Kontrollen fordern die einen, ein geändertes Arbeitszeitgesetz die anderen.
Wenn in Forchheim die Sonne scheint, zieht es die Menschen auf die Keller. Für die Betreiber wird es immer schwieriger ausreichend Personal zu finden. Hinzu kommt die Problematik des Mindestlohns.
Allein in Ober- und Unterfranken leiteten Beamte des Hauptzollamtes Schweinfurt im vergangenen Jahr 180 Ermittlungsverfahren gegen Arbeitgeber ein, die gegen das Mindestlohngesetz verstoßen haben.
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Oberfranken (NGG) fordert daher das Zollamt Schweinfurt auf, mehr Kontrollen durchzuführen, auch im Landkreis Forchheim. "2017 wurden im gesamten Bereich des Schweinfurter Zolls 206 Betriebe der Branche geprüft. Allein im Landkreis Forchheim gibt es nach Angaben der Arbeitsagentur jedoch 224 Hotels, Gaststätten und Restaurants”, sagt Michael Grundl, Geschäftsführer der NGG Oberfranken. "Wir brauchen deutlich mehr Kontrollen, um betrügerischen Chefs das Handwerk zu legen.”
Denn die Dunkelziffer liege deutlich höher, ist sich Grundl sicher. Der Mindestlohn ist dazu da, um Tausenden Beschäftigen in der Region das Existenzminimum zu sichern. Daher plädiert Grundl für ein deutliches Plus. "Aus 8,84 Euro muss rasch etwas Zweistelliges werden”, betont der Geschäftsführer. "Grundsätzlich ist es ein Skandal, dass wir uns bei den Löhnen der Beschäftigen in Hotellerie und Gastronomie überhaupt über den gesetzlichen Mindestlohn unerhalten.”
Während Grundl mehr Kontrollen als eine sinnvolle Lösung erachtet, würde Georg Hötzelein, Forchheimer Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes und Inhaber des Berg-Gasthofs in Regensberg, einen anderen Ansatz wählen. "Die Arbeitszeiten müssen flexibler werden”, fordert der Gastronom. Das Arbeitszeitgesetz sei veraltet und nicht mehr zeitgemäß.
Daher würde es Hötzelein begrüßen, die Arbeitszeiten in Eigenverantwortung zu gestalten. "Die Leute sollen dadurch nicht mehr arbeiten, schon gar nicht ohne Geld”, stellt Hötzelein klar. "Es geht auch darum, auf die Gäste einzugehen.” Wer an einem Tag elf Stunden arbeiten möchte, um dann am nächsten Tag freizunehmen, kann das nicht tun. Dagegen möchte Hötzelein vorgehen.
Die Höhe des Mindestlohns ist für den Kreisvorsitzenden kein entscheidendes Kriterium. "Personalmangel gibt es überall”, sagt Hötzelein. "Da können wir den Leuten dann nicht auch noch weniger zahlen, als es das Gesetz verlangt.” Der Gastronom ist sich ohnehin sicher, dass im Landkreis beinahe alle den Mindestlohn einhalten.
In Deutschland gibt es den Mindestlohn seit 1. Januar 2015. Nach anfänglichen 8,50 Euro in der Stunde sollen Arbeitgeber ihren Angestellten mittlerweile 8,84 Euro pro Stunde zahlen.
Das ist aber längst nicht immer der Fall. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) erhielten im Jahr 2016 bundesweit rund 1,8 Millionen Beschäftigte weniger als den Mindestlohn. Besonders davon betroffen, ist das Hotel- und Gaststättengewerbe. In der Untersuchung heißt es, dass 38 Prozent der Mitarbeiter einen Lohn unterhalb des gesetzlichen Minimums erhalten hätten.
Auf dem Papier können Arbeitnehmer ab 2019 mit einem Plus beim Mindestlohn rechnen. Ob sie diesen bezahlt bekommen, steht dann allerdings auf einem anderen.
Was ist die NGG?
Gründung 1865 wurde die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten gegründet. Die NGG ist die zweitälteste deutsche Gewerkschaft und Mitglied im Deutschen Gewerkschaftsbund.
Mitglieder Rund 205 000 Menschen sind Mitglied der NGG. Der Landesbezirk Bayern ist einer von fünf Bezirken. Die Betreuung der Mitglieder in Bayern erfolgt durch die neun NGG-Regionen.
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nteressen Die NGG vertritt die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Branchen wie dem Gastgewerbe, der Backwaren-, der Getränke-, Süßwarenindustrie, dem Bäckerhandwerk, dem Fleischerhandwerk, der Tabak-, der Zucker- und der Fleischindustrie.