Verhandlung vertagt: kein Urteil im Messerstecher-Prozess

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Der Angeklagte (links) spricht mit seinem Dolmetscher. Foto: Pack
Der Angeklagte (links) spricht mit seinem Dolmetscher.  Foto: Pack

Im Prozess um eine Messerattacke in einer Flüchtlingsunterkunft stellt der Verteidiger mehrere Anträge. Die Kammer wird diese jetzt prüfen.

Weitere Zeugen, ein zusätzliches Gutachten und ein Befangenheitsantrag: Der Totschlagprozess wegen einer Messerattacke in einer Forchheimer Asylunterkunft wird länger dauern als geplant. Zum Abschluss des dritten Verhandlungstages am Montag, an dem eigentlich das Urteil gesprochen werden sollte, stellte Verteidiger Ludwig Mieth mehrere Anträge, über die das Landgericht Bamberg nun entscheiden muss. Beim Fortsetzungstermin (am 9. Mai) wird die Kammer ihre Beschlüsse verkünden.

Unter anderem geht es um die Zustimmung zu einem psychologischen Gutachten. Die Verteidigung will damit den Nachweis erbringen, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt aufgrund von Schlaftrunkenheit neben sich stand und deshalb vermindert schuldfähig war.

Im Prozessverlauf habe sich zudem eine Diskrepanz zwischen der allgemeinen Zeugenbeschreibung des Beschuldigten und dessen aggressiven Tathandlung offenbart.
In der Forchheimer Asylunterkunft hatte der Angeklagte keine Feinde, nur selten kam es zu Unstimmigkeiten. "Keiner kann verstehen, dass er zu so etwas fähig war", sagte Mieth. Bei der Messerattacke, bei der der 34-Jährige im Oktober 2015 einen anderen Flüchtling lebensgefährlich verletzt hatte, sei der Angeklagte "außer Kontrolle" und "desorientiert" gewesen.

Außerdem beantragte der Verteidiger die Ladung zusätzlicher Zeugen und stellte einen Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen Peter Betz, der sein Gutachten am ersten Prozesstag vorgestellt hatte.

Betz habe die Möglichkeit einer verminderten Schuldfähigkeit infolge der Schlaftrunkenheit nicht in Betracht gezogen, obwohl dazu wissenschaftliche Untersuchungen vorliegen würden. Betz hatte vor Gericht gesagt, dass der Angeklagte nach dem Aufwachen - wenn überhaupt - nur kurzzeitig desorientiert gewesen sein konnte.


Staatsanwalt unterstützt Antrag

Während die Nebenklage die Anträge ablehnte, unterstützte Bambergs Oberstaatsanwalt Otto Heyder zumindest die Forderung auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens. Ähnlich wie die Verteidigung begründete Heyder dies mit den besonderen Tatumständen. "Der Beschuldigte wurde als sehr umgänglich beschrieben." Es sei deshalb nur schwer erklären, warum er seinem Gegenüber in dieser Situation das Messer in den Rücken gerammt hat.


Notrufe werden abgespielt

Zuvor hatte es ein Gespräch zwischen den Verfahrensbeteiligten gegeben. Dabei gingen die rechtlichen Einordnungen jedoch weit auseinander. Während die Verteidigung eine Bewährungsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung anstrebte, blieb die Staatsanwaltschaft bei dem in der Anlageschrift ausgeführten Vorwurf des versuchten Totschlags und somit bei der Forderung einer mehrjährigen Haftstrafe ohne Bewährung.

Außerdem wurden am dritten Verhandlungstag die Notrufe abgespielt, die kurz nach dem Vorfall bei der Polizei und der Rettungsleitstelle eingegangen waren. Unter anderem berichteten zwei syrische Freunde des Verletzten am Telefon in gebrochenem Englisch von einem "Problem" und einem "Messer im Kopf". Ein Krankenwagen müsse schnell kommen, sonst sei "alles zu Ende". Der Angeklagte selbst gab zwei Notrufe ab. Er sprach dabei von einer "Katastrophe" und einer Schlägerei mit Messer.

Am 9. Mai (9 Uhr) wird die Kammer ihre Beschlüsse zu den Anträgen verkünden. Ein zusätzlicher Termin wurde bereits für den 30. Mai festgelegt. Ob dies der letzte Verhandlungstag sein wird, ist noch offen.