Theater-Not trifft auf Kulur-Elend: Fränkischer Theatersommer bittet Forchheim um Hilfe
Autor: Ekkehard Roepert
Forchheim, Freitag, 07. April 2017
Der Landesbühne Oberfranken geht in Hollfeld die Luft aus. Daher will der Verein nach Forchheim umsiedeln.
Der Auftritt von Jan Burdinski und Stephen Goldfarb im Kulturausschuss der Stadt war spannungsgeladen. Der Intendant und der Schatzmeister des Fränkischen Theatersommers machten keinen Hehl daraus: In Hollfeld fehlt dem Theaterverein die Unterstützung - die er sich nun in Forchheim erhofft. Und die Räte machten, wie Udo Schönfelder (CSU) am Tag nach der Sitzung zusammenfasste, keinen Hehl daraus: "Die Geneigtheit, sich finanziell zu engagieren, ist überschaubar."
"Nix zu erwarten"
Wie Burdinski darlegte, fehlt den Theaterleuten eine Theaterscheune, die in Forchheim für zwei Millionen Euro gebaut werden soll. Wie berichtet, ist die Stadt auch bereit, diesen Neubau auf einem Grundstück An der Lände zu unterstützen. Aber zwei Fragen blieben am Donnerstag (nach einer öffentlichen und einer nichtöffentlichen Debatte der Räte) unbeantwortet: Wie hoch kann die Förderung des Fränkischen Theatersommers nach der Umsiedlung nach Forchheim ausfallen? Und warum soll über das wertvolle Grundstück im ehemaligen Krankenhaus-Garten als alternativen Standort für die Theaterscheune überhaupt nachgedacht werden?
Gemeinsamer Winterspielplan?
Zeit- und kraftraubend sei die Arbeit geworden - "es ist immer schwerer sich zu behaupten in einer verschuldeten Stadt Hollfeld", sagte Burdinski. "Wir haben dort gar nix mehr zu erwarten." Die Theaterscheune An der Lände wäre aus Sicht des Intendanten ein Teil des Rettungsprogramms ("Das alte Krankenhausgelände wäre als Standort noch besser"). Dann würden endlich die vielen Standorte des Vereins (Lager, Proberäume, Parkgarage, etc.) unter einem Dach sein. In Richtung Junges Theater Forchheim (JTF) sagte Jan Burdinski: "Wir kämen uns nicht in die Quere". Im Gegenteil: Durch einen gemeinsamen Winterspielplan sei es möglich, "einen Mehrwert auszuschöpfen". Doch die Stadträte hatten viele zweifelnde Fragen."Wo wollen Sie auftreten, wo liegt der Mehrwert für die Stadt Forchheim", wollte Manfred Hümmer (FW) wissen. Er befürchtete, es gebe nicht genügend Zuschauer und Sponsorengelder, um zwei Theater und die gesamte kleinteilige Kulturszene zu bedienen. Jan Burdinski dagegen meint, dass Interesse geweckt werden könnte, "um die Leute weg vom Fernseher weg ins Theater zu holen". Mehr finanzielle Unterstützung als die Bürgschaft für eine Theaterscheune könne die Stadt "nicht bieten", sagt Heinz Endres (FBF). "Das Problem sind Ihre Erwartungen."
Die stellte Schatzmeister Goldfarb allerdings eher bescheiden dar. Die Förderung (durch Stiftungen etc.) für den Scheunenbau läge bei 90 Prozent. Spendenzusagen für den Eigenanteil des Vereins (200 000 Euro) gebe es auch schon. Von der Stadt erhoffe man sich einen jährlichen Zuschuss von etwa 10 000 Euro.
"Diskussion zur Unzeit"
Ulrich Schürr (JB) lehnte ein "finanzielles Abenteuer der Stadt" ab und bezeichnete die Überlegung des Theatersommers als "nicht ganz realistisch". Lisa Hoffmann (SPD) begrüßte "das Modell", betonte aber die Daseinsberechtigung des Jungen Theaters (JTF). Gerhard Meixner (FGL) erinnerte, dass sich das JTF mit 7500 Euro pro Jahr begnügen müsse. Zuschüsse zum laufenden Betrieb des Theatersommers könnten die Stadt überfordern. Meixner: "Es empört mich, dass das jetzt alles nach der Haushaltsberatungen kommt." Manfred Hümmer sprach deshalb und weil die Kulturlandschaft Forchheim von dem "großen Protagonisten Theatersommer" überfordert wäre, von einer "Diskussion zur Unzeit". Und Udo Schönfelder verglich den Theatersommer mit einem schönen Bild. "Doch der Rahmen dafür ist nicht vorhanden."
Kommentar: Theater-Not trifft auf Kulur-Elend
Den Theaterleuten aus Hollfeld gehen die Zuschauer und die finanziellen Unterstützer aus. Der Notruf in Richtung Forchheim ist daher verständlich. Hier, im Oberzentrum zwischen Bamberg und Erlangen, gibt es (auch dank eines rührigen Jungen Theaters Forchheim) ein interessiertes Publikum und neue Einnahmequellen. Fraglos wäre die Landesbühne eine Bereicherung für die Stadt. Leider hat Forchheim, kulturell betrachtet, mehrere Probleme, die Situation ist geradezu elend: Bespielbare Räume fehlen. Die Planungen für ein Kulturzentrum Kolpingshaus siechen dahin; die Entscheidung, mehr als nur 73 000 Euro pro Jahr (für die gesamte Kulturförderung!) auszugeben, wagt der Stadtrat seit Jahren nicht zu treffen. Das Junge Theater wirbt seit Langem vergebens um eine überfällige Aufbesserung seines Budgets. Und nun hat am Donnerstag auch noch die Kulturbeauftragte den Stadträten wortreich erklärt, dass sie nur noch "aus Gewohnheit und auf Zuruf" arbeite und gar nicht wisse, wofür sie eigentlich zuständig sei. Unter diesen Bedingungen die städtische Bühne zu betreten und um ein Grundstück, eine Bürgschaft und eine Förderung zu bitten, ist eine gewagte Inszenierung: Der Versuch des Fränkischen Theatersommers, sich in Forchheim niederzulassen, wirkt wie ein Trauerspiel, in dem sich Not und Elend begegnen.