Auf Einladung der Grünen-Stadtratsfraktion hat Walter Ackers die Stadt einige Stunden auf sich wirken lassen. Der Braunschweiger Stadtplaner stört sich dabei vor allen Dingen an der Dominanz des Individualverkehrs.
Ein Mann geht vom Hotel Plaza in Richtung Forchheimer Innenstadt. Der Eingang und damit der erste Eindruck von Forchheim ist der Paradeplatz. "Was ist da passiert?", fragt sich der Mann.
So schilderte Walter Ackers, Stadtplaner mit Lehrauftrag an der TU Braunschweig, wie er am Nachmittag vor seinem Vortrag den städteplanerischen Brennpunkt Forchheims kennengelernt hat. Ackers hat sich im wörtlichen Sinn von seiner Nase leiten lassen, als er sich auf den vierstündigen Rundgang machte.
Er hat dabei die Kaffeerösterei, die Brauereien und das Pfalzmuseum entdeckt, aber auch eine ganze Reihe von Punkten, die seiner These vom städtischen Raum als gebauter Umgangsform widersprechen.
Kern der Identität Der städtische Kern ist für ihn vorrangig ein Ort der Lebenskultur und eben nicht des Konsums.
Weder darf eine Innenstadt der kurzfristigen Ertragserwartung von ortsfremden Gebäudeeigentümern geopfert werden noch einem Technizismus der Verkehrsführung, wo Tangenten Konsummeilen wie Befestigungswälle umgeben. "Stadt ist Reibung", gab Ackers seinem Publikum mit. Auf Einladung der Grünen-Stadtratsfraktion sprach Ackers über das Thema "Auf der Suche nach Ansehen - über den städtischen Kern unserer Identität". Rund 70 Personen - von den Spitzen der städtischen Bauverwaltung über Stadträte aller Fraktionen zu Anliegern - waren zum Zuhören in das Familienzentrum St. Johannis gekommen.
Paradeplatz: "Der Name suggeriert Größe" - das war Ackers erste Reaktion.
Und: "Der Kommandant hätte befohlen: Ebnet erst mal ein!"
Die Besucher des Vortrags nahmen neue Perspektiven mit nach Hause, gerade weil Ackers keine Vorgaben machte, wie etwas zu gestalten sei, dafür aber für die Idee Stadt in ihrem historischen Gewachsensein warb. Eine heftige Absage erteilte er dabei einer Reduzierung der Stadt auf Verbrauch und Konsum. Ackers zweifelt erheblich daran, ob sich der Einwohner mit der "neudeutschen City", die der Ökonomie des Handels und des Tourismus unterworfen sei, mit allen Emotionen identifizieren könne.
"Die Neubauten an der Südseite nehmen nicht genügend Rücksicht auf das Stadtbild", kritisierte er. Der Satz löste Unbehagen aus, bezog er sich doch auf eine der jüngsten politischen Entscheidungen zur Innenstadt. Bleibt das auch noch so nach Ackers Erklärung? "Es wurden mehrere Grundstück bebaut, damit fällt das Maß weg.
Die Horizontale prägt sonst die Stadt nicht."
Das Pflaster des Paradeplatzes spricht für den Stadtplaner die Sprache der Industrie. Und die sei dort falsch: "Der Platz bildet den Kontrast zur Enge der Gassen innendrin.
Deshalb muss er schön sein." Ackers sieht bei den Bodenbelägen eine deutlichen Qualitätsbruch zwischen der Fußgängerzone und dem Rest der Innenstadt.
Kühn fuhr Ackers fort: "Autos darauf wäre besser als jetzt. Denn der Platz vermittelt nur Leere." Ackers achtet nach eigenem Bekunden sehr auf die genaue Wortwahl. Hier an diesem Punkt den Unterschied von Weite und Leere.
Eine Addition von Funktionen mache unter Strich noch keine lebendige und lebenswerte Stadt aus, sagte Ackers.
Er sagte dies angesichts des baulichen Sammelsuriums samt Werbetafeln und Aufstellern auf und um den Paradeplatz in den Sinn: "Die Form generiert Stadt."
Völlig einleuchtend war Ackers dagegen, dass die Passanten den Platz nicht queren - denn natürliche Wege führten immer um die Anhöhe herum.
Falls die Wölbung bei der Sanierung der Tiefgarage nicht beseitigt werden kann , könnte sich Ackers auch die Möglichkeit einer breiten Abstufung zu den Bushaltestellen vorstellen.
Wegen seiner Größe verträgt nach Ackers Ansicht der Paradeplatz durchaus Verkehr. Allerdings müsse man das Verkehrsverhalten baulich dosieren, sodass sich der Autofahrer angesprochen fühlt, langsam zu fahren.
Das Gegenteil davon ist für Ackers der Zebrastreifen in der Hornschuchallee.
Er schützt nicht den Fußgänger, sondern räumt dem Autofahrer übermäßig Rechte ein. Denn für Ackers "hängt das zivile Verhalten vom städtischen Raum ab".
Ihre Runden drehende Parkplatzsucher und aggressiv die Fußgänger zur Seite drängende Autoschnauzen jenseits der Markierungen fielen Ackers beim weiteren Weg durch die Hornschuchallee ebenfalls auf.
"80 Prozent dieser Straße sind doch dem Auto gewidmet", kritisierte Ackers. Der Braunschweiger Stadtplaner stellte dem, was er sah - die Stellplatzfunktion - die Stadtidee als kultiviertem Lebensraum gegenüber.
Da stört nach dem Schnelldurchlauf durch Forchheim dem grünen Experten die Dominaz des Individualverkehrs. Von dieser Art Verkehr halten die Grünen viel. Eine Woche vorher sind seine Auftraggeber zum protestieren gegen einen Straßenneubau zum Pinzberger Bahnhof gefahren. Nicht mit dem Zug, was sich ja anbieten würde. Nein, die sechs Protestler sind jeder einzeln mit dem Individualverkehr angereist. Jeder mit seinem PKW. Der Individualverkehr ist halt flexibler.
Der Herr Stadtplaner läuft 4 Stunden durch die Gegend und kennt sich aus!
Wobei man sagen muß, das vielen Forchheimern etwas mehr Radfahren gut zu Gesichte stehen würde!