Die fast schon gespenstische Stille im Forchheimer Kellerwald täuscht darüber hinweg, dass es sich bei diesem herrlichen Fleckchen Erde eigentlich um ein gastronomisches Ballungszentrum handelt. Normalerweise.
Ein Spaziergang am Samstagnachmittag im Kellerwald. Angenehme Temperaturen und Sonnenschein laden ein, im gemächlichen Tempo gesunde Luft zu schnappen. Sollte man meinen. Doch auf dem von Buchen und Eichen gesäumten Weg, der sich dem Gelände angepasst durch das schattige Blätterdach schlängelt, kreuzen kaum Menschen. Die fast schon gespenstische Stille täuscht darüber hinweg, dass sich bei diesem herrlichen Fleckchen Erde eigentlich um ein gastronomisches Forchheimer Ballungszentrum handelt. Normalerweise.
Am Schindlerkeller wird die trügerische Ruhe jäh unterbrochen. Birgit Hempel, seit knapp zwei Jahren Wirtin an der Schnittstelle zwischen oberen und unteren Kellern, öffnet ihre Luken und wischt den Blütenstaub von der Wachstuchdecke, die den Beistelltisch unterhalb des Ausgabefensters für Speisen und Getränke ziert. Seit Beginn der Corona-Krise sind die Gastrobetriebe im Kellerwald - wie überall - im Dornröschenschlaf und dürfen ihr Angebot nur zur Abholung anbieten. Sie leiden darunter aber vielleicht mehr als Gaststätten innerorts. Die 52-jährige Gastronomin Hempel hat sich hierfür extra mit biologisch abbaubaren Portionsschalen eingerichtet, die zwar sehr kostenintensiv sind, aber die sonst mit wesentlich mehr Aufwand verbundenen Vorschriften bei Abholungen mit Kundengeschirr überflüssig machen. Zu den angebotenen Gerichten, die von Freitag bis Sonntag abgeholt werden können, bietet sie neben verschiedenen Schnitzeln auch wechselnde Kuchen und Sonntagsbraten an.
Es wäre offizieller Start gewesen
Während in Sichtweite eine Delegation von Vertretern der Stadt die Krönung der neuen Forchheimer Bierkönigin auf einem Nachbarkeller vorbereitet, ringt Hempel mit den Tränen und blickt zum wolkenlosen Himmel: "Heute wäre ja der offizielle Start zum Auftakt der Kellersaison geplant und dieses Bilderbuchwetter macht es einem fast noch schwerer, weil das Programm der letzten Jahre öfter durch Kälte und Regen getrübt wurde." Nach dem Schock des Bewirtungsverbots kämpft Hempel mit ihrem Mann seit vier Wochen darum, zumindest die Unkosten zu egalisieren. Doch die derzeitigen Erlöse reichen hierfür nicht aus: "Wie lange wir das noch durchstehen können, weiß ich nicht. Manchmal sitzt man daheim am Sofa und kann nur noch heulen." Sie hofft auf mehr Zuspruch in der jetzt begonnenen Saison.
Dass die Verantwortlichen mit der Inthronisierung von Melanie I. als neunter Amtsträgerin in Forchheim trotzdem versuchen, ein Stück Normalität vorzuleben, hält Hempel für wichtig und richtig. Zudem hat die Stadt die ab dem 1. Mai geplante Sperrung des Kellerwalds für den Fahrzeugverkehr bis auf Weiteres ausgesetzt, wie Ordnungsamtschef Klaus Backer bestätigt: "Solange, bis die Gaststätten wieder öffnen dürfen und die Bewirtung vor Ort möglich ist."
Auf dem Weiss-Tauben-Keller
Auf den oberen Kellern hat Bruno Alberti, der seit voriges Jahr neben dem Eichhornkeller auch den benachbarten Weiss-Tauben-Keller betreibt, ebenfalls damit begonnen, Speisen und Getränke zur Abholung anzubieten. Sein Angebot umfasst eher den klassischen Imbissbetrieb und zielt zunächst auf zufällige Wanderer, wie die Kreidetafel vor dem Kellereingang vermuten lässt. Neben Currywurst, Fleischspieß, Bratwurstbrötchen und halben Backhähnchen also durchweg Speisen, die ohne Besteck und auf dem Weg verzehrt werden können. Zudem hält Alberti "alle Getränke to go" für einen Einheitspreis bereit. Seine Ehefrau Kristi, die mit Sohn Felix am Küchenfenster die Essensausgabe und die Bezahlung abwickeln, beurteilt die Lage differenziert: "Wir probieren jetzt erstmal diese einfache Schiene. Kann sein, dass wir das Speisenangebot auch ausweiten, wenn sich der Zuspruch steigern sollte. Nur als Familie kann man das überhaupt vielleicht ein paar Wochen durchziehen. Wenn wir Personal zu bezahlen hätten, wäre das bei den momentanen Umsätzen gar nicht möglich."
Menschenleerer Keller
Am menschenleeren Neder-Keller, einem der großflächigsten im Kellerwald, schüttelt die Wirtin Carola Bernklau den Kopf. Während ihr Sohn Frank mehrere Säcke Kartoffeln in die Küche für den Nachschub bringt, stemmt die erfahrene Gastronomin, die seit 14 Jahren am Eingang des Kellerwalds bewirtet, die Hände in die Hüfte: "Um diese Uhrzeit und bei solch einem Wetter sind unsere Bänke ansonsten alle belegt und der gesamte Keller ist rappelvoll. Es ist verrückt."
Existenzielle Sorgen
Über existenzielle Sorgen sagt die erprobte Chefin: "Ohne unsere Stammkunden wäre es längst zappenduster. Frank hat uns vor einiger Zeit eine inzwischen etwa 140-köpfige Whatsapp-Gruppe eingerichtet, und daraus kommt das Gros der Nutzer unseres Abholangebots." Dieses kann sich durchaus sehen lassen, wie der Aushang verrät. Neben Ratsherrenspieß und Spargel-Cordon-Bleu kann man an Sonn- und Feiertagen außer Schäuferla auch Braten holen. Dienstags gibt es den Klassiker als "Schnitzeltag to go".