So steht das Forchheimer Handwerk in der Corona-Krise da

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"Eventuelle Unterbrechungen der Lieferketten können derzeit abgefedert werden, da die Lager der örtlichen Handwerksbetriebe gut bestückt sind", zeigt Kreishandwerksmeister Werner Oppel im Lagerbereich seines Heizungs- und Sanitärbau-Unternehmens auf. Foto: Alexandra Kraus
"Eventuelle Unterbrechungen der Lieferketten können derzeit abgefedert werden, da die Lager der örtlichen Handwerksbetriebe gut bestückt sind", zeigt Kreishandwerksmeister Werner Oppel im Lagerbereich seines Heizungs- und Sanitärbau-Unternehmens auf. Foto: Alexandra Kraus

Wie stellt sich die aktuelle Situation des Handwerks vor Ort dar? Der Forchheimer Kreishandwerksmeister Werner Oppel spricht über Versorgungssicherheit, Lieferengpässe und einen Mangel an Lehrlingen.

Im Landkreis und der Stadt Forchheim haben nach aktuellen Zahlen etwa 100 Betriebe finanzielle Unterstützung durch die KFW-Bank beantragt und erhalten. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen fanden und finden damit in Zeiten der Corona-Pandemie Unterstützung. Ausgestanden scheint der Kampf gegen die Auswirkungen der Pandemie noch lange nicht; vom aktuellen "Lockdown light" sind einige Branchen wieder akut betroffen. Werner Oppel, Kreishandwerksmeister im Landkreis Forchheim und Chef eines Heizungs- und Sanitärbau-Unternehmens, erhält dazu täglich Rückmeldungen von vielen Kollegen aus der Handwerkerschaft. Im Interview gibt er einen Einblick in die derzeitige Situation der regionalen Handwerksbetriebe.

Wie stellt sich die momentane Situation in den örtlichen Handwerksbetrieben dar, auch im Rückblick auf die vergangenen Monate?

Werner Oppel: Mindestens die Handwerksbereiche Hochbau, Tiefbau und Ausbau sind im Rückblick größtenteils verschont geblieben, wobei auch hier die kleinen Betriebe und vor allem die Solo-Handwerker in der Existenz stärker gefährdet sind. Im Nahrungsmittel- beziehungsweise Gastronomiebereich sieht die Sache allerdings leider anders aus; dieser Sektor ist derzeit wieder massiv betroffen. Übergreifend bemerken wir einige Entwicklungen, an denen die Corona-Pandemie zumindest einen Anteil hat: So ist dieses Jahr ein deutlicher Rückgang an Lehrlingen zu verzeichnen. Durch die Einschränkungen des öffentlichen Lebens seit März ist die Vorstellung des Handwerks in den Schulen viel schwieriger geworden. Die regionalen Ausbildungs- und Berufsmessen sind abgesagt worden. Mit Online-Angeboten, die das etwas abpuffern sollten, erreichen wir aber längst nicht so viele Schüler. Bei den Lehrlingen sind zudem viele Elemente im überbetrieblichen Ausbildungsbereich ausgefallen. Jetzt können wir mit einem Hygienekonzept aufwarten und die Inhalte nachholen, allerdings erfordert dies bei den Lehrlingen eine hohe Mitwirkungsbereitschaft, da Ausbildungsmodule auch am Wochenende stattfinden.

Ist die Versorgungssicherheit weiterhin gegeben?

Durch die Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung seitens des Bundes kommen mindestens die organisierten Betriebe - wenn sie in eine finanzielle Schieflage geraten sollten - wohl nach wie vor gut durch die Krise. Die Kundenaufträge bleiben nicht aus; die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Dies ist jedoch nicht unbedingt ein Corona-Effekt, da das Handwerk am Jahresende generell besser ausgelastet ist. Können Aufträge nicht mehr im alten Jahr erledigt werden, werden sie als Überhang am Anfang des neuen Jahres abgearbeitet. Danach entspannt sich die Situation wieder. Wer einen Handwerker in der Nähe sucht, erhält auch auf der Website der Kreishandwerkerschaft unter www.khs-forchheim.de einen Überblick zu allen Innungsbetrieben des Landkreises. Weiterhin bietet die Handwerkskammer für Oberfranken auf ihrer Webseite www.hwk-oberfranken.de eine Suchmaschine für Handwerksbetriebe in der Region an. Viele Innungsmitglieder bieten den Kunden außerdem einen permanenten Notdienst an; hier ist immer eine sehr schnelle Reaktion möglich.

Bislang gab es wenig Lieferengpässe zu verzeichnen - wie stellt sich die Situation aktuell dar?

Bei einer Hackschnitzelheizung oder einer Wärmepumpe kann es derzeit tatsächlich zu einer Wartezeit kommen. Dies ist aber nur zum Teil auf die Corona-Krise zurückzuführen. Vielmehr haben die Förderungsmöglichkeiten im energetischen Bereich große Kaufanreize geschaffen, die wiederum Lieferengpässe nach sich ziehen. In anderen Bereichen kann es durch die internationale wirtschaftliche Verzahnung - auch ohne Einschränkungen durch die Corona-Pandemie - zu Lieferschwierigkeiten bei bestellten Artikeln kommen. Allerdings sind die Lager der Betriebe gut gefüllt, so dass eventuelle Unterbrechungen der Lieferketten derzeit gut abgefedert werden können.

Und wenn das bestellte Ersatzteil doch auf sich warten lässt?

Im Handwerk gibt es einen großen kreativen Spielraum: Wenn es wirklich einmal klemmt, lassen wir uns eine individuelle Übergangslösung einfallen. Dieses Provisorium wird, wenn das Originalteil geliefert worden ist, wieder zurückgebaut. Der Kunde wird in jedem Fall nicht allein gelassen, sondern hat den Handwerker an seiner Seite.

Wobei in der praktischen Umsetzung die Einhaltung der geltenden Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen vielleicht schon zur Routine geworden ist?

In der Tat gehören Masken, Hand- und Flächendesinfektionsmittel inzwischen zur Standardausrüstung dazu. Unsere Mitarbeiter werden außerdem laufend über die aktuellen Hygiene- und Schutzmaßnahmen unterrichtet. Im Vorfeld eines Kundentermins wird der Ablauf telefonisch mit dem Kunden vorbesprochen. Hier erhalten die Kunden schon Hinweise bezüglich der Abstandsregelungen. Auch kann in diesem Rahmen vereinbart werden, dass der Kunde die Tür schon vor Ankunft des Handwerkes öffnet oder den Schlüssel draußen deponiert und den Raum während einer Reparatur verlässt. Die Kooperation seitens der Kunden war und ist dabei immer gegeben, das möchte ich ausdrücklich betonen. In vielen Fällen kennt man "seinen Handwerker" ja auch. Unsere Mitarbeiter sind bei den Kunden willkommen und begrüßen sie nicht mit Handschlag, sondern mit einem Lächeln - das man auch trotz Maske sieht. Dieses Lächeln bekommen sie stets zurück.

Ist mit dem erwiderten Lächeln auch die Anerkennung der erbrachten handwerklichen Leistung gestiegen?

Die gefühlte Anerkennung und Wertschätzung der Arbeit des Handwerkers ist, so wurde mir immer wieder von Kollegen rückberichtet, merkbar gestiegen. Das überträgt sich hoffentlich in die Öffentlichkeit. Wir gewährleisten schließlich auch in Krisenzeiten die Versorgungssicherheit bei vielen täglichen Bedürfnissen, von der Wärme bis zum Abwasser. Viele Kunden haben in diesem Zusammenhang einiges Vertrauen zu ihrem Handwerker aufgebaut.

Apropos Vertrauen - wie krisensicher ist das Handwerk Ihrer Einschätzung nach?

Die andauernde Krise stellt uns vor große Herausforderungen. Allerdings ist das Handwerk wesentlich wendiger als die Industrie. In einem kleineren Betrieb lassen sich Entscheidungen leichter treffen und schneller umsetzen. Dadurch lässt sich eine Krise besser meistern. Das Handwerk ist dabei sehr ausdifferenziert, auch was den Kundenkontakt anbetrifft. Im Hoch- und Tiefbau gibt es beispielsweise relativ wenig klassischen Kundenkontakt. Im Ausbau hingegen erfordert es ausgearbeitete Hygienekonzepte, die überdies auch permanent der Gesetzeslage angepasst werden müssen. Hier erreichen mich fast täglich neue amtliche Schreiben, neue Vorgaben, neue Informationen, die es zu berücksichtigen gilt. Die Spielregeln werden darin in den Grundzügen vorgegeben, aber in der Umsetzung finden sich viele Unwägbarkeiten und Unklarheiten. Als Verantwortlicher ist es hier oftmals schwierig, Entscheidungen zu treffen. Dies ist aber nicht nur ein Problem der Handwerker, sondern zieht sich durch die ganze Gesellschaft.

Was erwarten Sie sich in diesem Zusammenhang von der Politik?

Dahingehend erwarte ich mir eine größere Transparenz: Die Politik muss unseren Kunden beispielsweise besser erklären, wie Gesetzeslagen zustandekommen. Politisches Bestreben muss es sein, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Wenn die Menschen mitgenommen werden, können sie auch souveräner mit der Situation umgehen.

Wird auch das Handwerk von der Politik "mitgenommen"?

Die Leistungen, die durch das Handwerk erbracht werden, sind elementar wichtig. Tägliche Bedürfnisse müssen abgesichert und aktuelle Erfordernisse unverzüglich angegangen werden: Einen Rohrbruch kann man nicht ignorieren, er muss eben repariert werden, genauso wie die defekte Heizung. Insofern ist das Handwerk systemrelevant - und die Betriebe sind aktiv! Solange wir politisch nicht ausgebremst werden, wird es zu keinem Stillstand kommen. Wenn die Politik es will, und wir nicht zusperren müssen, steht das Handwerk den Kunden nahe.