Neunkirchen: Bläuling und Wiesenknopf statt Bauen und Wohnen

Die Marktgemeinde Neunkirchen ist sozusagen ein Hotspot: für den Wiesenknopf-Ameisenbläuling.Nur etwa 100 Exemplare dieses Schmetterlings gibt es in ganz Deutschland, drei davon flattern in Neunkirchen von einem Wiesenknopf zum anderen.
Das ist die Blume mit dem schönen roten Kopf, die für den Schmetterling sehr bedeutsam ist und nun von der Loki-Schmidt-Stiftung zur Blume des Jahres 2021 gekürt wurde. "Der Große Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis) wurde zur "Blume des Jahres 2021" gekürt, weil die Bestände dieser Pflanze stark rückläufig sind.
"Die Pflanze steht stellvertretend für einen Lebensraum, der bei uns immer seltener wird: das artenreiche, extensiv genutzte Grünland. Die Pflanze braucht feuchte Böden und blüht zwischen Juli und November", erklärt Michael Urbanczyk von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Forchheim. Und diese Blume ist mit dem seltenen Schmetterling verbunden. "Bedeutsam ist sie unter anderem als Futterpflanze für die Raupen zweier Schmetterlinge, den Hellen und den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling, die beide in Europa streng geschützt sind und in der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU im Anhang II als Arten von gemeinschaftlichem Interesse aufgeführt sind. In dieser Liste sind gefährdete Arten genannt, die durch ihre Lebensraumansprüche als Schirmart für viele weitere Arten in diesen Lebensräumen stehen. Durch den Schutz dieser beiden Schmetterlingsarten werden also Lebensräume und ihre Lebensgemeinschaften geschützt", erklärt Michael Urbanczyk.
Dieser besondere Lebensraum, der sowohl den Wiesenknopf und somit den seltenen Schmetterling namens Wiesenknopf-Ameisenbläuling beherbergt, ist das Gebiet "Kanalweg", und das erhält mit der Ernennung des Wiesenknopfs zur Blume des Jahres wieder Aufmerksamkeit, wie die virtuelle Bürgerversammlung zeigte. Denn eigentlich ist diese Fläche ein von der Gemeinde ausgewiesenes Baugebiet mit ungefähr 20 Parzellen und ein sehr altes Thema.
Aber gebaut werden kann immer noch nicht. Nicht zuletzt, weil da der Wiesenknopfameisenbläuling lebt. Als der Markt Neunkirchen am Brand 2014 mit der Erschließung des Baugebiets beginnen wollte, wurde dort ein bedeutendes Vorkommen der beiden streng geschützten Schmetterlingsarten festgestellt. Die Erschließung wurde zurückgestellt und seit Jahren versucht die Gemeinde Neunkirchen deshalb, den Schmetterling umzusiedeln. Bislang mit wenig Erfolg.
Der Schmetterling braucht die Kulturlandschaft und die Wirtsameisen, die ebenfalls bei dem Baugebiet Kanalweg leben. Ein für die Umsiedlung geeignetes Grundstück hat die Gemeinde längst gefunden. "Richtung Mittelschule, südlich auf einem Wiesengelände versuchen wir, den Schmetterling auszusiedeln", informiert Bürgermeister Martin Walz.
Pflanze ist angesiedelt
Um das neue Grundstück herum wächst bereits Wiesenknopf. Diese Fläche muss ähnlich wie eine Wiese gemäht werden: "Dann nicht mehr, damit sich die Ameisen entwickeln. Es kommt ganz entscheidend auf die Mahd an."
Gut zwei Jahre muss die Fläche nach den Vorgaben bewirtschaftet werden, um für den Wiesenknopfameisenbläuling die richtige Umgebung zu sein. "Es funktioniert eigentlich", sagt Walz. Dass es eben doch nicht funktioniert, hat einen Grund. "Es ist schon mehrfach passiert, dass der Landwirt die Wiese gemäht hat", sagt Walz.
Und zwar dann, wenn sie nicht mehr gemäht werden dürfte. Das Grundstück gehört der Gemeinde, wurde aber verpachtet. Die Mahdzeiten sind vertraglich festgehalten worden. Das Ordnungsgeld für einen Verstoß dagegen ist aber gering. Vor allem aber: "Damit ist die Arbeit von zwei bis drei Jahren dahin", ärgert sich Walz.
Das Thema ist in Neunkirchen emotional aufgeladen. Der Bürgermeister möchte es versachlichen. Deshalb hat die Gemeinde auch die Obere Naturschutzbehörde ins Boot geholt. So wird sich auch die Gemeinde intensiver mit dem Thema beschäftigen und schauen, ob die Fläche wirklich passt oder ob mehr getan werden müsse. "Wir wollen die Verlegung, doch das geht nur, wenn sich alle dran halten", sagt Walz.