Bunt geht es zu auf diesem Pflaster: Die Bamberger Straße hat trotzdem nicht den allerbesten Ruf. Weil hier Asylbewerber einziehen, gerät die Straße ins Blickfeld.
Auf den ersten Blick ist alles beim Alten. Im Automaten-Casino suchen ein paar Glücksritter die schnelle Mark. Beim Uhrmacher nebenan drehen sich die Zeiger im Takt. Ein paar Häuser weiter wird Fleisch am Spieß für den nächsten Dürüm-Döner gedreht. Gegenüber lächeln russische Matrjoschkas aus dem Schaufenster.
In den Kneipen ist noch tote Hose an diesem Nachmittag. Die Stimmung in der Bamberger Straße ist trotzdem schon einmal besser gewesen. Das hat nichts mit den Kneipen in der "Bamberger" zu tun, die der Polizei regelmäßig eine kleine Meldung wert sind. Schlägerei zur Sperrstunde und so. Sauer sind sie in der Straße darüber, dass sie in die rechte Ecke gestellt worden sind.
Warum? Weil ein paar Geschäftsleute laut mit dem Kopf geschüttelt haben, als sie vor zwei Wochen erfahren haben, dass in Haus Nummer 18 genau 22 Asylbewerber einziehen sollen.
Ausgerechnet in ihre Bamberger Straße, die sowieso schon mit Klischees und Vorurteilen zu kämpfen habe.
Wer steht schon gerne in der Ecke "Ich bin traurig, dass ich in die braune Ecke gestellt worden bin", sagt ein alteingesessener Geschäftsmann. "Wir leben hier mit Türken, Italienern, Russen, Chinesen und Vietnamesen auf engstem Raum gut zusammen", sagt der Mann und wird dann stumm, weil eine Kundin den Laden betritt. "Viele haben uns als ausländerfeindlich beschimpft", erzählt er, als die Frau wieder aus der Ladentür hinaus ist.
Draußen vor der Tür: Alltag auf der Straße. Auto von links, Bus von rechts. Baulärm von gegenüber. Da hat ein Geschäftsmann, der Versicherungen auf der "Bamberger" verkauft, drei Häuser gekauft. Eines ist schon piccobello. Jetzt ist das nächste an der Reihe.
"Bamberger" als Steuerparadies "Die Bamberger Straße ist ein Sanierungsgebiet", sagt Reinhilde Wöhrmann-Distler von der städtischen Wohnungsbau- und Sanierungsgesellschaft GWS. Steuererleichterungen bekommen hier alle, die den Spaten in die Hand nehmen. Es gibt auch einen Zuschuss für die Fassaden-Renovierung. Maximal 10 000 Euro. Aber die steuerliche Abschreibbarkeit sei viel interessanter, sagt die Fachfrau. Satte neun Prozent in den ersten acht Jahren.
Das hat wohl auch den findigen und pfiffigen Geschäftsmann gelockt, die Immobilie Nummer 18 in der Bamberger Straße von einer Bank zu kaufen. Dort sollen am Montag 22 Asylbewerber einziehen. Eine "zeitlich begrenzte Zwischenlösung" sei das, betont das Landratsamt und versichert weiter: "Deshalb wurde der Mietvertrag vorerst befristet bis zum 31.
Dezember 2013 geschlossen."
Der Landkreis hofft, dass danach ausreichend Gemeinschaftsunterkünfte von der Regierung für Oberfranken zur Verfügung stehen. Ansonsten werde der Landkreis in Zusammenarbeit mit der Stadt nach anderen möglichen Wohnungen suchen. Denn selbstverständlich wolle der Landkreis nicht die Entwicklung des Sanierungsgebietes Bamberger Straße behindern.
Trauen tun sie dem Braten in der "Bamberger" nicht. Beteuerungen hin, Beteuerungen her - die Asylbewerber ziehen so schnell nicht wieder fort, glauben viele.
Fachfrau kann Ängste verstehen Die Expertin von der städtischen Sanierungsgesellschaft kann die Bedenken der "Bamberger" durchaus verstehen. "Ich verstehe die Angst durchaus", sagt Reinhilde Wöhrmann-Distler. Schließlich hätten die Menschen auch negative Beispiele wie das "Opitz-Haus" vor Augen.
Das sei irgendwann so abgeranzt gewesen, dass die Abrissbirne anrücken musste. Natürlich hat das nichts mit Asylbewerbern zu tun.
Das sagen auch die Leute in der "Bamberger". Erst prophezeie die Stadt der Straße das Blaue vom Himmel, dann passiere jahrelang nichts und dann so ein Zeichen aus heiterem Himmel. Denn auch wenn keiner gegen Asylbewerber etwas persönlich habe; als Zeichen des Aufbruchs in eine rosige Zukunft sieht das hier keiner.
Zu viele Häuser stehen leer. Zu oft fliegen die Fetzen. Besonders zur Geisterstunde. Nicht alle laufen dann gerne über den Gehweg. Denn super sei die Straßenbeleuchtung in der "Bamberger" leider auch nicht.
Nazi-Keule statt Aufbruch Ein Geschäftsmann rauft sich die Haare: "Früher war die Bamberger Straße die Verlängerung der Hauptstraße.
Anstatt Aufbruch, ziehen sie uns eins mit der Nazi-Keule über", sagt der Mann und zeigt auf die Katharinen-Apotheke. "Die steht auch schon über ein Jahr leer."
Eine Passantin läuft im Eiltempo vom Parkhaus zum Friseur und sagt: "Die Ladenmieten sind einfach zu teuer. Deswegen gibt es doch nur noch Optiker bei uns."
In einem anderen Laden sagt einer: "Wir leben mit allen Nationen in der Bamberger Straße. Viele Türken haben hier Häuser gekauft, weil sie für immer in Deutschland bleiben wollen und sich in der Bamberger Straße eine Existenz aufgebaut haben." In einem schönen Imbiss am Park sagt ein Mann zu dem Koch aus Vietnam: "Ade und bis zum nächsten Mal! " Früher sei auf der "Bamberger" mehr los gewesen. Fast Flaniermeile und so. Heute nur noch Autos.
GWS-Expertin Wöhrmann-Distler findet, die Stadt sei schuld am Stillstand.
"Bremsklotz ist die Stadt selber." Die habe das nördliche Eingangstor wie ein Stiefkind behandelt. Für Baumaßnahmen beispielsweise zur Verkehrsberuhigung fehle das Geld. Für neue Verkehrskonzepte wie eine Einbahnstraßen-Regelung rund um das Parkhaus vielleicht der Mut.
Gleichzeitig profitiert die Straße von vielen neuen Eigentümern, die die Häuser peu-a-peu wieder auf Vordermann bringen. Positiv wirke sich auch die steigende Nachfrage nach attraktiven Wohnungen in Forchheim aus. In der Königsstadt stünden die Zeichen generell auf Wachstum. Aber mehr Tempo würde sich Reinhilde Wöhrmann-Distler für die Bamberger Straße schon wünschen.
Derweil konzentriert sich ein Radfahrer auf der "Bamberger" stur auf den Asphalt der Straße. Er schaut nicht nach links und nicht nach rechts. Zum Bummeln gehen die Menschen nicht in die Bamberger Straße. Noch nicht. Denn die "Bamberger" ist bunt. Und wird noch bunter.