Die kleinen Dinge des Lebens liebt Edwin Pachali. Und die Berge. Und das Bier aus Pretzfeld. Das nimmt er sogar in der Bügelflasche mit in die Alpen und macht tolle Bilder vor atemberaubenden Bergpanoramen. Aus Spaß. Und aus Prinzip.
Heute ist es wieder soweit. Edwin Pachali setzt sich daheim in Bayreuth in seinen Golf und fährt gemütlich durch die Fränkische Schweiz. "Ich hab die Nikl-Brauerei in einem schönen Sommer entdeckt. Seitdem bin ich öfter da als viele Pretzfelder", erzählt Edwin Pachali, den alle nur Eddy nennen.
"Das Bier ist einfach saugut", sagt er und balanciert auf seinem Schoß ein dickes Foto-Album. Darin sind die Bilder von seinen Reisen. "Die hab ich immer dabei." Auf Computer und Facebook steht Eddy nicht. "Ich finde das digitale Zeitalter zu unpersönlich. Ich schreibe deshalb auch noch Briefe mit der Hand." Am liebsten fährt Eddy in die Berge. "Da war ich in Samnaun", sagt er und zeigt auf ein prächtiges Bergpanorama und erzählt von einem tollen Philosophenweg, mit Sprüchen wie "Nur aufs Ziel sehen, verdirbt die Lust am Reisen" von Friedrich Rückert am Wegesrand.
Die Lust am Reisen lässt sich der Eddy nicht verderben. Früher war er mit seiner Freundin jeden Winter einen Monat im hohen Norden in der Tundra. "Das ist die Hütte, in der wie gewohnt haben", erzählt Eddy und zeigt auf ein Bilderbuch-Holzhäuschen im Schnee. Dort, wo der Wind den Schnee nicht von den Blättern gepfiffen hat, ist der Wald wie verzaubert. Auf den kurzen Kiefernzweigen liegt der Schnee wie Puderzucker. Dazwischen leuchtet das arktische Blau eisig. "Ich bin ein Wintermensch."
Gegen die Hitze hat er was. Weil als Landschaftsgärtner bist du da der Depp. Bei 35 Grad im Schatten. "Gegen die Kälte kannst du was machen, aber gegen die Hitze nicht." An der Uni wollte er mal Lehrer werden. Das Thema für die Abschlussarbeit hatte er schon. Aber dann hat ihn die Theorie genervt, und er hat umgeschult auf Landschaftsgärtner, weil die Flora ist unbedingt sein Ding.
Im Norden wurde ihm der Trubel rund um seine Ferienhütte irgendwann zu bunt. "Die Norweger kamen plötzlich über die Grenze und haben uns mit ihren Schneemobilen die Luft verpestet." Eddy zog Leine, weiter in die Wildnis.
Drei Gänge und ein paar Mark Eine Piste mit Loipe für seine Langlaufskier braucht er nicht. Er vertraut auf sein Gespür und eine Landkarte. Schon immer. Kurz vor dem Abitur ist er alleine mit dem Fahrrad von Bayreuth über Paris, London und Amsterdam nach Kopenhagen geradelt: über 3000 Kilometer. Mit einer Drei-Gang-Schaltung und ein paar hundert Mark.
Das war im Sommer 1973. Da war er gerade 16 Jahre. Die Musik von damals liebt und spielt er heute mit 55 Jahren immer noch leidenschaftlich gerne. Ohne die Musik wäre der Eddy nur ein halber Mensch. Er war auf dem musischen Gymnasium. Aber das war nicht sein Fall. Der Rock schon eher. King Crimson und so. "Ich habe meine Westerngitarre immer im Auto dabei", erzählt er und schlägt die nächste Seite seines Lebens auf.
"Das war im letzten Jahr." Allein war er diesmal in den Alpen unterwegs. Am Mer de Glace, diesem Eismeer in Chamonix. "Ganz oben, wo keine Stöckelschuh-Touristen hinkommen, hocken die Murmeltiere in freier Wildbahn."
Gegen Stöckelschuhe hat er nichts. Aber die Wildnis ist einfach tiefgründiger, ehrlicher vielleicht. "Ich mag auch keine Small-Talks." Oberflächen sind eben nicht sein Ding. Mehr Sinnsucher und so. Und doof ist er auch nicht. "Ich wandere nicht hoch und geh' dann gleich wieder runter. Ich übernachte schön auf einer Hütte."
Manchmal bestellt er dann Fondue mit einem guten Roten. Meistens stellt er sein Lieblingsbier in den Gebirgsbach zum Kühlen und nimmt sich die Zeit zum Genießen. Manchmal ist auch ein fränkischer Whiskey aus Pretzfeld im Rucksack. Aber weder Bier noch Schnaps schluckt er in großen Mengen. Schließlich ist er Genießer. Und läuft obendrein durchs Gebirge. Da ist Vorsicht oberste Bürgerpflicht. "Ich war schon zwei Mal auf dem Olymp. Aber ich muss mich sicher fühlen. Und wenn ich auf allen Vieren krabbeln muss." Durch die Felswand klettern ist nicht sein Ding. "Ich bin ein Genussmensch." Langsam erläuft sich der Eddy die Landschaft. Und nimmt sich die Zeit für seine bierigen Grüße.
Flaschengrüße à la Amelié Es ist ein bisschen so wie bei der Amélie aus dem französischen Film. Die wollte ihren Vater auch aufheitern, klaute ihm einen Gartenzwerg und schickte den spießigen Zwerg mit einer Stewardess rund um die Welt. Fortan erhielt der Papa aus allen Ecken der Erde wunderschöne Fotos von seinem Gartenzwerg. Fabelhafte Idee! In dem Film funktioniert das und der Vater setzt sich irgendwann selbst in den Flieger.
Mit den skurrilen Schnappschüssen will Edwin Pachali den Braumeister nicht rund um den Globus schicken. Aber ein bisschen die Welt ins kleine Pretzfeld holen schon. Und vor allen Dingen will er seinen Freunden immer eine Freude damit machen. Simple Andenken eines Massentouristen sind seine Bilder nie. Seine Schnappschüsse sind eher philosophische Statements eines Sinnsuchers in der Wildnis. Er hat nicht die neueste Superkamera. Aber sicher hat er den Sinn und das Auge für den Moment. Und er drückt nicht verschwenderisch den Auslöser durch. Er zeigt, dass man auch ohne Millionen auf dem Konto die Welt entdecken kann.
In St. Moritz war er auch schon. Beeilen tut er sich auf seinen Streifzügen nicht. Rekorde aufstellen will er auch nicht. Wer will ihm da verübeln, dass er sich aus Pretzfeld ein gutes Bier und einen guten Whiskey in den Rucksack für die Wildnis packt?
Gemeinsam nicht einsam sein Freilich würde ihm das schon noch mehr Spaß machen, wenn jemand an seiner Seite wäre. "Mit dem sowas geht." Weil sonst ist es auch schwierig. Wenn man nicht in die Gänge kommt, und die Zweisamkeit nur ein Hemmschuh ist. Und ein Vorteil hat die Einsamkeit: "Wenn du alleine reist, bist du insgesamt aufgeschlossener", erzählt Edwin Pachali und zitiert noch einen Spruch von seinem Philosophenweg in Samnaun: "Lache das Leben an! Vielleicht lacht es wider!" Am 10. Januar spielt der Eddy übrigens auf seiner Akustik-Gitarre beim Nikl-Bräu in Pretzfeld. "Da feiert der Koch seinen Geburtstag," sagt Eddy, und jemand sagt: Fabelhalft!