Johannes Schwindel aus dem Muggendorfer Ortsteil Kugelau konnte auf Vermittlung des Rotary-Clubs Fränkische Schweiz-Wiesenttal elf Monate in dem Land verbringen. Die anfängliche Skepsis wich der Begeisterung für Land und Leute.
Aufmerksame Zuhörer fand Johannes Schwindel aus Kugelau bei Waischenfeld anlässlich der jüngsten Zusammenkunft des Rotary-Club Fränkische Schweiz-Wiesenttal (RC). RC-Präsidentin Maria Lauckner begrüßte ihn zu einem faszinierenden Vortrag. Der 17jährige Schüler am Gymnasium Fränkische Schweiz ist vor wenigen Tagen von einem Aufenthalt als Austauschschüler in Mexiko zurück gekommen.
Im Juli 2012 bekam er Kontakt mit der Präsidentin und Daniela Singer. Beide warben um junge Leute am Gymnasium für einen elfmonatigen Aufenthalt im Ausland. Daniela Singer ist für den Jugendaustausch im Rotary Club verantwortlich. Johannes Schwindel hatte schon immer den Traum eines längeren Aufenthalts in den USA. Seine Bewerbung folgte im November 2012. Im Januar 2013 kam die Zuteilung des RC. Er erhielt die Möglichkeit, nach Mexiko zu gehen.
"Es war ein richtiger Schock für mich, aber ich schluckte die Pille", erzählte Schwindel. Viel später hat Mexiko in ihm wieder einen großen Fan gewonnen. Nach drei Vorbereitungsmeetings nahm er emotionslos am 7. August am Frankfurter Flughafen Abschied von seiner ganzen Familie. Das bedeutete elf Monate weg von Familie und Freunden. Erst als sich das Flugzeug langsam mit Ziel Mexiko-City in Bewegung setzte, wurde ihm das ganze große Abenteuer bewusst. Elf Stunden Flug zur 22-Millionen-Stadt, Übernachtung und nochmals zwei Stunden Flug bis Tepic brachten ihn ans Ziel.
"Bienvenido a México Johannes", mit einem großen Banner begrüßte ihn seine erste Gastfamilie. Aus seinem fränkischen 20-Seelen-Dorf landete er in der mexikanischen 300 000-Einwohner-Stadt. Die spontane Herzlichkeit mit Umarmung und Küsschen kam ihm fremd vor.
Schon nach drei Minuten wurde er wie ein Sohn angesprochen. Ein Austauschschüler, der englisch sprach, half ihm bei der Kommunikation. Johannes sprach bis dato kein Wort Spanisch, eine harte Tortur im ersten Monat. "Ich zerbrach einen Teller und räumte ihn verlegen beiseite, ich konnte mich ja nicht einmal entschuldigen", drückt er seine ganze Hilflosigkeit aus.
Stimmung auf dem Friedhof Im zweiten Monat kam Bewegung in den Wortschatz, im dritten ging es dann auf Spanisch. Feiertage wie Allerheiligen verbrachten die Mexikaner den ganzen Tag in guter Stimmung auf dem Friedhof. Am Unabhängigkeitstag tanzten und sangen sie. "Wer macht das alles schon bei uns", fragte er.
Johannes erlebte drei Gastfamilien. In der ersten konnte er kaum Freundschaften nach außen knüpfen. Er war der erste Austauschschüler in der Familie. Sie war sehr besorgt um ihn.
Die zweite Familie war offener. Sichtlich emotional erzählt er von einer Aktion, wo die "Mama", er war ja Mitglied der Familie, 300 Euro für Süßigkeiten für die Kinder auf der Straße sammelte. Er verteilte sie mit ihr in einer ganz armen Stadt.
Zu Weihnachten erhielt er ein Paar Socken in der Familie. "Ich freute mich einfach, dass sie an mich gedacht hatten", erzählt er und zeigt, wie auch kleine Dinge in der Fremde bewegend sein können. Er erlebte die Veranstaltung "La corrida de torros" und konnte der damit verbundenen Qual der Stiere absolut nichts abgewinnen. "So etwas wäre in Deutschland nicht erlaubt", ist er sich sicher. Offen ging es in der dritten Gastfamilie zu. In der Schule wurde er spontan mit Hallo begrüßt, es gab kein langes Abtasten, kein Abwarten. Schuluniform war Pflicht. Das Schulgebäude durfte man nur bei Vorzeigen des Ausweises betreten oder verlassen.
Das diente der Sicherheit und gegen Schulschwänzen.
Acht Austauschschüler des Rotary Club befanden sich in der Stadt. Sie kamen aus Kanada, Brasilien Taiwan, Polen, Finnland und Deutschland. Gemeinsam machten sie einen Spanischkurs, besuchten die gleiche Schule und tourten zum Ende drei Wochen auf der Ruta Maya durch Mexiko. Sie wuchsen zu einer engen Gemeinschaft zusammen und als die erste Teilnehmerin zehn Tage danach heimreiste, gab es die ersten Tränen. "Wir wollten nicht wahrhaben, dass es vorbei ist", erzählt Johannes.
Ob es Gewalt im Land gab, wollte ein Zuhörer wissen. Davon habe er nichts mitbekommen. Er habe nie Angst verspürt. Man kenne Mexiko nur in Verbindung mit Drogen, kaum einer kennt wirklich Mexiko, resümiert er.
"Du musst bei diesem Aufenthalt Verantwortung übernehmen und hast es gemacht", stellte Daniela Singer zu einem gelungenen Projekt nicht ohne Stolz fest.
So ein Aufenthalt sei gut für die Bildung, sei Gewinn für das Leben. Damit war das Ziel erreicht. Ähnlich äußerte sich auch Präsidentin Lauckner und meinte "Danke, Du hast Deutschland gut vertreten. Du bist ein Paradebeispiel, wen man schicken kann".
Marion Schwindel, die Mutter von Johannes, verfolgte gespannt seine Präsentation. "Dieses Jahr war finanziell nur über den Rotary Club für uns zu realisieren", betont sie später dankbar. Die Entscheidung ihres Sohnes habe sie zu keiner Zeit beeinflusst. Insgesamt musste die Familie um die 3000 Euro für Vorbereitung und Flug in die Hand nehmen, dazu monatlich etwa 100 Euro Taschengeld. Ausflüge wie die Ruta Maya kamen dazu.
Heimat schätzen gelernt "Das war's, schoss es mir durch den Kopf, als das Flugzeug in Mexiko abhob", sagte Johannes.
"Ich habe dort drei neue Papas und Mamas gefunden, kann überall wieder hingehen. Ich habe gelernt, was Bayern, Deutschland, was Heimat heißt und bin so stolz, in Mexiko gewesen zu sein", denkt er laut nach. Jetzt stehen erst einmal zwei Jahre bis zum Abitur an. Dabei lässt er keine Zweifel, wenn er betont, dass er jeden Euro sammelt, um bald wieder nach Mexiko reisen zu können.