Menschen in Not haben Anspruch auf ein Dach über dem Kopf. Eine pädagogische Betreuung muss die Stadt nicht zusätzlich in der Notunterkunft bezahlen. Macht sie aber.
49 Männer und Frauen leben derzeit in der städtischen Notunterkunft am Eggolsheimer Weg. Sabine Geuß kümmert sich um die Sorgen und Nöte der Menschen, die seit 2011 in dem Neubau für Wohnungslose leben. "Ich bin für die Bewohner vor Ort da", sagt Sabine Geuß.
Am Mittwoch hat die 48-jährige Sozial-Betriebswirtin eine Bilanz ihrer Arbeit im Hauptausschuss des Stadtrates vorgestellt. Warum? Weil Sabine Geuß genau seit einem Jahr den Job macht. "Elf Personen sind seit März 2012 wieder aus der Unterkunft ausgezogen", ruft Geuß den Stadträten zufrieden entgegen. Das sei schließlich ihr Ziel: die Menschen aus der Notunterkunft wieder in ein normales Mietverhältnis zu vermitteln.
Werbung in eigener Sache Sabine Geuß ist aber nicht nur in den Ausschuss spaziert, um über ihre Arbeit in der Notunterkunft zu berichten.
Um ein bisschen Eigenwerbung ist es bei ihrem Auftritt im Hauptausschuss auch gegangen. Schließlich arbeitet Sabine Geuß für die AWO; das Gehalt bekommt sie aber von der Stadt. Und diese hat die AWO damit beauftragt, die Menschen in der Notunterkunft zu betreuen.
Zur Pflichtaufgabe der Kommune gehört das nicht, neben dem Dach in der Not auch für Beratung zu sorgen. Ganz uneigennützig engagiert sich die Stadt allerdings auch nicht. Schließlich hat der Neubau am Eggolsheimer Weg rund 2,6 Millionen Euro (Zuschüsse: 1,5 Millionen) gekostet. Frau Geuß hilft auch, die neue Wohnanlage sauber zu halten.
Für die Betreuung habe es allerdings niemals Zuschüsse vom Staat gegeben, betont Sabine Schulenberg, die das Projekt "Notunterkunft" für die städtische Wohnungsbau- und Sanierungsgesellschaft GWS geleitet hat. Deshalb wurden die Betreuungskosten von der Stadt bezahlt.
Diese Vereinbarung galt bis März 2013. Nun wurde die AWO um zwei weitere Jahre beauftragt, die Notunterkunft mit Fachpersonal zu betreuen. Eine Verlängerung sei im Interesse der Stadt und der GWS gewesen, sagt Sabine Schulenburg. "Die Betreuung hilft nicht nur der Stadt, die Wohnanlage sauber zu halten. Die Betreuung hilft auch den Bewohnern, wieder etwas auf die Reihe zu kriegen." Zusätzlich soll sich Sabine Geuß in den nächsten zwei Jahren darum kümmern, säumige Mieter der städtischen Wohnungsgenossenschaften davor zu bewahren, in der Notunterkunft zu landen.
Ein Tritt in den Allerwertesten Diese Präventionsarbeit fördern die zwei Wohngenossenschaften GWS und WVG Forchheim mit jeweils 4 000 Euro jährlich. "Um Geld zu sparen", sagt GWS-Geschäftsführer Alexander Dworschak. Schließlich seien Räumungsklagen teuer.
Da sei es besser, wenn die säumigen Mietern überzeugt werden könnten, sich um die Miete zu kümmern, bevor die Kündigung des Mietverhältnisses droht. Salopp gesagt gehe es darum, so Dworschak, den säumigen Mietern und den Menschen in der Notunterkunft "in den Hintern" zu treten.
Sabine Geuß würde das so nicht sagen. Geuß setzt auf das Vertrauen der Menschen. Deshalb, so Schulenburg, habe der Stadtrat auch mit der AWO (die Diakonie hatte sich auch beworben) einen "Sozial-Spezialisten" beauftragt, die pädagogische Betreuung der neuen Notunterkunft zu übernehmen. "Die Betreuung kann nur ein externer Träger machen, wir sind keine Sozial-Pädagogen", sagt Schulenburg.
Udo Schönfelder (CSU) hatte in der Sitzung des Ausschusses bezweifelt, dass ein externer Träger nötig sei und stattdessen vorgeschlagen, dass die Stadt für die Betreuung der Menschen in der Notunterkunft sorgen
solle. SPD-Stadträtin Lisa Hofmann, die gleichzeitig AWO-Geschäftsführerin ist, griff sofort in die Debatte zum Thema Trägerschaft ein. Sabine Geuß arbeite in den nächsten zwei Jahren nur noch 25 statt bislang 35 Wochenstunden in der Notunterkunft, argumentierte Hofmann. "Weil wir wissen, dass die Stadt knapp bei Kasse ist." Noch billiger gehe es wirklich nicht.
Anita Kern unterstützte ihre Parteigenossin: "Ich kenne fast die Hälfte der Menschen dort, weil ich die Menschen in der Notunterkunft besuche." Sehr arme Menschen würden dort leben. "Die Unterstützung vor Ort ist mehr als Gold wert."
Der Haken an der Geschichte Ein kleinen Makel hat die Geschichte allerdings. Die Stadt sucht nach Möglichkeiten, Regelverstöße in der Notunterkunft zu sanktionieren.
Oberbürgermeister Franz Stumpf (CSU/WUO) wollte am Mittwoch einen Entwurf zur Änderung der Obdachlosensatzung vorlegen. Dazu kam es nicht, weil Stumpf nicht an der Sitzung teilnehmen konnte.
Hintergrund dieses Wunsches sind wohl die schlechten Erfahrungen aus der alten Notunterkunft in der Herderstraße. Dort dachte die Mehrheit der Bewohner immer seltener daran, aus der Unterkunft möglichst schnell wieder auszuziehen.