Lucke-Partei will in Forchheim Lücke schließen

3 Min
Das Kürzel LKR könnte auch stehen für "Luckes kleine Runde": Zehn Besucher konnte Arnd Feistel (rechts) in der Blauen Glocke begrüßen, darunter auch Sandra Berger, Mitglied des Bundesvorstandes (links). Foto: Andreas Oswald
Das Kürzel LKR könnte auch stehen für "Luckes kleine Runde": Zehn Besucher konnte Arnd Feistel (rechts) in der Blauen Glocke begrüßen, darunter auch Sandra Berger, Mitglied des Bundesvorstandes (links).  Foto: Andreas Oswald

Die von Bernd Lucke gegründeten Liberal-konservativen Reformer (LKR) wollen auch in Forchheim ihre Basis vergrößern. Ein Stimmungsbild.

"Viel Spaß bei den Nazis", bekommt man von einem Kollegen nachgerufen, wenn man sich auf den journalistischen Weg macht zu einem "Interessententreff" der Liberal-konservativen Reformer.
"Wir haben das Problem, das man uns mit der AFD vergleicht", erklärt denn auch Susanne Berger, die dem Bundesvorstand der neuen Lucke-Partei angehört. Sie stellt klar: "Nein - zusammenrücken mit denen können wir nicht. Die sind zu weit nach rechts gewandert".
Wer sind aber nun die Interessenten, die zu dem Treffen gekommen sind? Von den zehn Besuchern, die der Einladung des stellvertretenden Landesvorsitzenden und Forchheimer Stadtrats Arnd Feistel gefolgt sind, kommen vier aus Forchheim, einer aus Neunkirchen und der Rest aus Nürnberg, Erlangen und Bamberg. Darunter auch ehemalige FDP'ler, wie Feistel, der als Euro-Kritiker zur AFD stieß - aber sich später lossagte.


Sachliche Diskussion

Die Diskussion - die übrigens ohne "Ausländer-raus-Parolen" verlief - zeigt die Sorgen, die die Teilnehmer umtreibt: dass zum Beispiel die Kosten der Euro-Rettungspakete und der Zuwanderung "die Zukunft unserer Kinder gefährden". Ein Teilnehmer, der beruflich in vielen Flüchtlingsländern zu tun hat und durchaus Empathie für diese Menschen verspürt, plädierte, das Flüchtlingsthema zu versachlichen. Auf Grund der kulturellen Unterschiede werde die Integration nicht funktionieren - "wir werden mit einer Illusion verkleistert". Und Sandra Berger erklärt: "Wir sprechen nicht von einer Willkommenskultur, wir sprechen von einer Hilfskultur" und fordert eine "atmende Obergrenze", die sich an den Möglichkeiten der Kommunen orientieren müsse. Sie sieht eine Lücke für die LKR darin, "der Mitte, die keine Heimat mehr hat, eine Heimat und eine Stimme zu geben".


Das Interview

Ex-AFD, dann ALFA - seit 2015 in LKR umbenannt. Über die neue Lucke-Partei sprechen wir mit Arnd Feistel, der seit Juli 2016 stellvertretender bayerischer Landesvorsitzender der LKR ist und für die Partei seit 2014 im Forchheimer Stadtrat sitzt.

Warum der Namenswechsel - alter Wein in neuen Schläuchen?
Arnd Feistel: Nein. Bernd Lucke ist aus der AFD ausgetreten, wegen deren Rechtsruck. Bei der Gründung von ALFA ist jedoch der fatale Fehler unterlaufen, dass das Kürzel bereits von einem Verein besetzt war. Daher der Namenswechsel. Wir haben dies zum Anlass genommen, unsere politische Orientierung besser zum Ausdruck zu bringen: Liberal-konservative Reformer .

Wo verorten Sie sich?
Rechts von der CDU - links von der AFD. Wenn Sie nun nach der CSU fragen: Die hat ab und an gute Ansätze, aber endet regelmäßig als Bettvorleger der Kanzlerin.
Wie viele Mitglieder haben die Liberal-konservativen Reformer?
Bundesweit sind es gut 2000, in Oberfranken zirka 50.

...und wie viele LKR'ler gibt es vor Ort?
Im Landkreis sind es gerade mal zwei Hände voll - wovon nur drei bis vier Leute tatsächlich parteipolitisch aktiv sind. Aber wir sind dabei, die Basis zu vergrößern.

Welche Themen besetzen Sie als Stadtrat in Forchheim?
Ich bin Wirtschaftler - deshalb interessieren mich ganz besonders alle Themen rund um die lokale Wirtschaft.

Mit ihren Diskussionsbeiträgen in den Stadtratsdebatten sind Sie aber eher zurückhaltend. Warum?
Mir liegt es nicht, wenn alle Meinungen gesagt worden sind, noch einmal das Ganze "wiederzukäuen", nur um einen Presseauftritt zu bekommen. Zudem habe ich einen Informationsnachteil, weil ich als "Stadtrats-Einzelkämpfer" nicht in den Ausschüssen vertreten bin. Trotz allem kann auch ein Einzelstadtrat einer Partei entscheidend sein, wie bei der Abstimmung zu den verkaufsoffenen Sonntagen. Dies belebt die Innenstadt - darauf kann man nicht verzichten.

Wo sehen Sie weitere Brennpunkte auf kommunaler Ebene?
Beim City-Management gibt es natürlich Defizite. Wie ich jetzt herausbekommen habe, ist für den Weihnachtsmarkt federführend das Ordnungsamt zuständig. Ein so zentrales Aushängeschild für Forchheim muss höher gehängt werden. Die Ansiedlung der Zuständigkeit für den Weihnachtsmarkt wäre zur Zeit bei der Wirtschaftsförderung oder später im City-Management besser aufgehoben. Ich bin gespannt, wann die Stelle eines Citymanagers besetzt wird.

Die nächste große Entscheidung im Stadtrat betrifft den Haushalt. Werden Sie der Budget-Planung zustimmen?
Die letzten beiden Jahre habe ich dem Haushalt zugestimmt - einen weiteren Schuldenhaushalt werde ich vermutlich nicht akzeptieren.

Wo sehen Sie Einsparpotenzial?
Meine Partei fordert eine Schuldenbremse auch auf kommunaler Ebene. Auch Privathaushalte können auf Dauer nicht mehr ausgeben als einnehmen. Defizite wie beim Königsbad können wir uns nicht über Jahre leisten, da sollte mal eine Unternehmensberatung ran. Auf den Prüfstand müsste auch der geplante S-Bahn-Halt Forchheim-Nord. Vor dem Hintergrund, dass dort wohl nur Schüler ein- und aussteigen und bei den Bussen kaum eingespart werden kann, stelle ich die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieses Projekts.
Aber auch im Kleinen kann man sparen: Beispiel "Jeki", die Förderung verschiedener Musikprojekte sollte intelligent zusammengefasst werden.

Das Gespräch führte
Andreas Oswald.