Landtagsaffäre: Die Leiden des Herrn Nöth

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Gut schaut er aus. Erholt könnte man meinen. Zumindest auf den ersten Blick. Doch auch nach den Pfingstferien nimmt "Familien-Affäre" den scheidenden Landtagsabgeordneten Eduard Nöth (CSU) schwer mit. Fotos: Barbara Herbst
Gut schaut er aus. Erholt könnte man meinen. Zumindest auf den ersten Blick. Doch auch nach den Pfingstferien nimmt "Familien-Affäre" den scheidenden Landtagsabgeordneten Eduard Nöth (CSU) schwer mit. Fotos: Barbara Herbst
Nöth war Gast beim Planspiel "Der Landtag sind wir! " am Herder-Gymnasium in Forchheim.
Nöth war Gast beim Planspiel "Der Landtag sind wir! " am Herder-Gymnasium in Forchheim.
 
Spielerisch sollten die Schüler dabei lernen, wie Politik in Ausschüssen, Fraktionen und Debatten gemacht wird.
Spielerisch sollten die Schüler dabei lernen, wie Politik in Ausschüssen, Fraktionen und Debatten gemacht wird.
 
Auch Reden wurden gehalten wie hier von Jakob Michael aus Gräfenberg, der für die "Grünen" (Planspiel) sprach.
Auch Reden wurden gehalten wie hier von Jakob Michael aus Gräfenberg, der für die "Grünen" (Planspiel) sprach.
 
 
Thorsten Glauber (FW/MdL) war selbstverständlich auch eingeladen ...
Thorsten Glauber (FW/MdL) war selbstverständlich auch eingeladen ...
 
beim Planspiel "Der Landtag sind wir!" vom Centrum für angewandte Politikforschung (CAP) aus München.
beim Planspiel "Der Landtag sind wir!" vom Centrum für angewandte Politikforschung (CAP) aus München.
 
Akribisch wie eh und je beim "Planspiel-Aktenstudium" zum Thema Verbraucherschutz.
Akribisch wie eh und je beim "Planspiel-Aktenstudium" zum Thema Verbraucherschutz.
 
 
 
 
Ein Lächeln in schwerer politischer Zeit: Eduard Nöth: Fotos: Barbara Herbst
Ein Lächeln in schwerer politischer Zeit: Eduard Nöth: Fotos: Barbara Herbst
 
Die Geschichts- und Sozialkundlehrerin Gabriele Nägel konfrontiert den Politiker mit der Frage, die im Raum über allem schwebt.
Die Geschichts- und Sozialkundlehrerin Gabriele Nägel konfrontiert den Politiker mit der Frage, die im Raum über allem schwebt.
 
Auf der Bühne sagt Nöth zu seiner "Familien-Affäre" kein Wort.
Auf der Bühne sagt Nöth zu seiner "Familien-Affäre" kein Wort.
 
 
Die verschärften Beschäftigungsregeln seien richtig. Gleichzeitig warnt MdL Thorsten Glauber (FW) davor, nun irrwitzig strenge Vorschriften für Angeordnete einzuführen.
Die verschärften Beschäftigungsregeln seien richtig. Gleichzeitig warnt MdL Thorsten Glauber (FW) davor, nun irrwitzig strenge Vorschriften für Angeordnete einzuführen.
 

Nach dem angekündigten Rückzug meldet sich der Landtagsabgeordnete Eduard Nöth (CSU) zurück aus dem Urlaub. Erholt hat er sich von der "Familien-Affäre" noch nicht.

Gut schaut er aus. Erholt könnte man meinen. Zumindest auf den ersten Blick. Braun gebrannt meldet sich Eduard Nöth nach den Pfingstferien zurück auf der politischen Bühne. Ohne Anzug und Krawatte spricht der CSU-Abgeordnete am Montag zu Schülern der 10. Klasse des Herder-Gymnasiums Forchheim. Nöth redet über das Parlament, dem er bald nicht mehr angehören wird.

Freiwillig zieht sich der 63-Jährige im September nicht aus der Politik zurück. Der Forchheimer ist über die "Familien-Affäre" gestolpert. Eigentlich ist er richtig hingefallen. Und diesen Sturz merkt man dem Mann an, der über Jahre - mit dem Selbstvertrauen eines direkt gewählten Abgeordneten ausgestattet - die Interessen der kleinen Bürger und Gemeinden im großen München vertreten hat.

Akribisch wie eh und je

Jetzt sitzt er da und studiert akribisch wie eh und je die
Akten, die ihm die Schüler in die Hand gedrückt haben. "Der Landtag sind wir!", lautet die Überschrift des Planspiels, das Schülern spielerisch erklären soll, wie Gesetze im Landtag in Debatten, Ausschüssen und Fraktionen gemacht werden. Normalerweise ein Heimspiel für Eduard Nöth. Im "Herder" hat er 1969 sein Abitur gemacht. Dann war er Lehrer. 25 Jahre. Wirtschaft war sein Fach, die Politik seine Leidenschaft. Erst im kleinen, dann im großen. 1998 zieht er ins Maximilianeum ein. "Ich bin seit dieser Zeit vor allen Dingen für bildungspolitische Fragen und für Fragen des Öffentlichen Dienstes zuständig", sagt Nöth und erntet fragende Blicke der Schüler. "Falls sich jemand fragt, was das bedeutet", sagt Nöth, ganz in der Rolle des Lehrers. Bei letzterem gehe es darum, was "Lehrer verdienen", sagt Nöth und beißt sich im gleichen Augenblick auf die Lippen.

Dieses Verb, denkt er sich vielleicht in dem Augenblick, hätte er wohl besser nicht in den Mund genommen. Ausgerechnet er, der ehemalige Lehrer, über den viele tuscheln, weil er als Abgeordneter neben seiner Ehefrau auch seine beiden Töchter beschäftigt hat. Über mehr als zehn Jahr. Welche Art von Arbeit? Dazu sagt Nöth auch diesmal offiziell nichts.

Knappe Abschiedszeilen

In einer knappen Mitteilung hatte er am 5. Mai diesen Jahres, ausgerechnet an einem Sonntag, seinen Abschied aus der Politik angekündigt und sich gleichzeitig für seinen "Fehler" entschuldigt. Seitdem hat er zum Thema geschwiegen. Auf Nachfragen nicht reagiert. Kopf in den Sand. Vogel-Strauß-Methode. War wieder übergegangen zum politischen Alltag. Hat er nicht schon genug gelitten? Durch seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur als CSU-Direktkandidat und damit auf einen fast sicheren Platz auf einen Stuhl im angesehen Maximilianeum, das sich durch die "Familien-Affäre" wie aus heiterem Himmel bis auf die Knochen blamiert hat. Weil Abgeordnete aller Coleur moralisch nichts verwerflich daran fanden, Ehepartner, Söhne und Töchter gegen Entgelt vom Staat als Arbeitskraft im persönlichen Politikgeschäft einzuspannen.

An dieser Blamage hat Nöth seinen Anteil. Wohl auch deshalb hat sich Nöth entschieden, die Affäre nicht auszusitzen. Nicht durchzuhalten, den Anfeindungen zum Trotz. Das heißt schon was, bei einem wie ihm. An dem sich die politischen Gegner sonst die Zähne ausgebissen haben. Politisches Granit, dieser Nöth, der nur einmal, im Ringen um dem Oberbürgermeister-Sessel, ausgerechnet gegen Franz Stumpf den Kürzeren ziehen musste. Geschätzt haben sich die beiden trotzdem. Gewiss. Nöth ist nicht der Dreisteste gewesen. Rund 900 Euro habe er seiner Familie durchschnittlich im Monat bezahlt. Über mehr als zehn Jahre. Vielleicht nicht aus Habgier. Als Lebemann und "Big-Spender" ist Nöth nicht bekannt.

Versuchungen und Häme

Dass er den Verlockungen trotzdem nicht widerstanden hat, das wurmt ihn, das nagt an ihm, das macht ihm zu schaffen. Nach Jahrzehnten in der Politik unter solchen Umständen aufzuhören, ist nicht leicht. Das ist hart. Die Häme, das Getuschel, die nicht nur er, sondern die ganze Familie sich laut und leise anhören muss.

In der Aula reden sie nicht über politische Affären und persönlichen Tragödien. Die Schüler wollen ihren Gast offensichtlich nicht brüskieren. Die Geschichts- und Sozialkundlehrerin Gabriele Nägel konfrontiert den Politiker mit der Frage, die im Raum über allem schwebt.

Ob Politiker nicht eine Vorbildfunktion einnehmen müssen? Ob für Politiker nicht besondere Maßstäbe gelten? Schließlich sei doch nicht alles legitim, was legal sei? Nöth sagt kein Wort. Der jüngere Kollege aus dem Landtag, der mit auf dem Podium sitzt, antwortet nach einem kurzen Blick zur Seite: "Wir haben als Politiker einen Vorbildcharakter." Die verschärften Beschäftigungsregeln seien richtig. Gleichzeitig warnt MdL Thorsten Glauber (FW) davor, nun irrwitzig strenge Vorschriften für Angeordnete einzuführen.

Nöth verschränkt die Arme. Vielleicht fragt er sich, ob er und seine Familie das wirklich verdient hat? Sicher denkt er darüber nach, wie er sein politisches Erbe und sein Ansehen retten kann. Das Geld zurückzahlen? Ein Schuldeingeständnis! In einer Zwickmühle befindet sich Nöth offensichtlich. Genau offensichtlich leidet er darunter. So ein Abgang. Nach den Jahren im Landtag, im Festzelt und den Hinterzimmern der Partei.
Dann klingelt die Glocke. Die Schule ist aus. Nöth eilt zum nächsten Termin. Zum Abschied sagt er sichtlich bewegt: "Es war Mist, ein richtiger Fehler, nicht rechtzeitig andere Leute eingestellt zu haben."