Druckartikel: Kulturreferentin in Forchheim entblößt Defizit

Kulturreferentin in Forchheim entblößt Defizit


Autor: Ronald Heck, Jennifer Opel

Forchheim, Mittwoch, 17. Januar 2018

Unklare Aufgaben, fehlendes Personal und mangelhafte Organisation - Katja Browarziks Tätigkeitsbericht sorgt im Kulturausschuss für eine hitzige Debatte.
Katja Browarzik ist seit 2015 die Kulturbeauftragte der Stadt Forchheim. Ein Gesamtkonzept soll die Kulturarbeit nun erneuern.Barbara Herbst


Der Bericht der Kulturbeauftragten Katja Browarzik schlug im Kulturausschuss ein wie eine Bombe. "Ich bin erschüttert gewesen, als ich das gelesen habe", meinte Stadtrat Paul Nerb (FBF). Anette Prechtel (FGL) verglich den 19-seitigen Bericht mit einem Trauerspiel. Thomas Werner (CSU) sprach von einer Bankrott-Erklärung und einem Hilfeschrei. Der "Grundlagen- und Tätigkeitsbericht" von Browarzik sollte ursprünglich vom Gremium nicht öffentlich diskutiert werden. CSU-Stadtrat Thomas Werner beantragte erfolgreich ihn in öffentlicher Sitzung zu diskutieren.

Auf 19 Seiten erklärt Browarzik, die November 2015 das Amt der Kulturbeauftragten übernahm, was sie in den letzten zwei Jahren gearbeitet hat. Besonders brisant ist der vorangestellte "Grundlagenbericht", in dem sie erklärt, unter welchen Voraussetzungen sie arbeiten musste. Sie habe keine Stellenbeschreibung gehabt und sei nicht über ihren Zuständigkeitsbereich in der Stadtverwaltung aufgeklärt worden. "Eine Einarbeitung oder gar konkrete Arbeits- und Zielvereinbarungen [...] gab es nicht", schreibt Browarzik. Sie habe zunächst auf "Zuruf" der Stadtverwaltungsmitarbeiter ihre Aufgaben erfüllt. Von den "Tätigkeitsmerkmalen", die ihrem Amtsvorgänger Dieter George zugeordnet wurden, habe sie erst nach 14 Monaten erfahren.


Abstimmung war schwierig

Browarzik kritisiert vor allem die Organisation der Kulturarbeit innerhalb der Verwaltung. Konkret kreidet sie unter anderem die fehlenden Mitarbeiter, die vielen Überstunden und die schwierige Abstimmung mit anderen Fachbereichen an. "Dieses strukturelle Defizit wiegt schwer. Eine inhaltliche, programmatische, finanzielle und personelle Gesamtjahresplanung für den Bereich Kultur [...] ist unter diesen Bedingungen nicht möglich", heißt es im Bericht.

Vor dem Kulturausschuss betont Browarzik, dass es ihr nicht um Kritik an Personen gehe. Sondern sie wolle erklären, warum sie bestimmte Dinge getan habe und andere nicht. "Ich habe aus Teilen des Stadtrates mitbekommen, dass es das ein oder andere Missverständnis gab. Sicherlich war vieles schwierig und verbesserungsfähig. Ich denke trotzdem, dass etwas geleistet wurde", rechtfertigte sie sich.

Einige Stadträte kritisierten wiederum die Kulturbeauftragte. FW-Stadtrat Hümmer meinte, dass es vonseiten Forchheimer Kulturschaffenden Kritik an Browarzik gebe. Die Stimmung unter den Kulturschaffenden sei miserabel, stimmte Werner zu. Der CSU-Politiker sei skeptisch, dass ihre Arbeit trotz Stundenreduzierung möglich ist. Parteikollegin Martina Hebendanz fragte, warum es zwei Jahre dauerte, bis die Probleme angesprochen wurden. Das Thema Kulturarbeit führte unter den Ausschussmitgliedern zu teils hitzigen Wortgefechten.

Einigkeit herrschte fraktionsübergreifend darüber, dass ein Neustart in der Forchheimer Kulturarbeit notwendig sei und es dafür ein Konzept brauche. "Der Bericht gibt einen klaren Appell - auch an meine Adresse", räumte Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) ein. "Wir brauchen jetzt Vorschläge, Ideen und Anregungen", betonte auch Lisa Hoffmann (SPD). Katja Browarzik schlug einen paritätisch besetzten Kulturbeirat aus Politik, Verwaltung und Kulturszene vor, der einen Kulturentwicklungsplan erarbeiten soll. Ihre Idee, ein weiteres Gremium einzurichten, stieß im Ausschuss auf keine Zustimmung. Der Beschlussvorschlag wurde verworfen.


Neues Konzept

Stattdessen wurden Ideen aus einem Freien-Wähler-Antrag bezüglich der Kulturförderung in Forchheim übernommen. Erstens beauftragt der Kulturausschuss Susanne Fischer, die Leiterin des Pfalzmuseums, ein Leitbild für den Kulturentwicklungsplan zu erarbeiten. Zweitens soll es einen Workshop mit Kulturschaffenden geben. Und drittens sollen dessen Ergebnisse im Kulturausschuss beraten werden.


Kommentar: "Zu leise, um sich Gehör zu verschaffen?"

von Jennifer Hauser

Es waren große Fußstapfen, die der ehemalige Kulturbeauftragte Dieter George hinterlassen hat. George war Forchheimer durch und durch, kannte alle wichtigen Menschen der Stadt und hatte sich sein Ansehen über Jahre erarbeitet. Katja Browarzik hingegen versprach frischen Wind, wurde von Alt-OB Franz Stumpf (CSU) damals bei ihrer Vorstellung als Praktikerin gelobt. Doch so richtig angepackt hat die Praktikerin nicht. Mit dieser Kritik wurde Browarzik immer wieder konfrontiert. Nun hat die Bambergerin zum Gegenangriff geblasen und auf 19 Seiten aufgeführt, was sie alles stört. Mehr als zwei Jahre nach ihrem Amtsantritt - zu spät für meinen Geschmack.

Hinter den Kulissen hat es wohl lange gebrodelt, aber nach außen drang nur die Kritik an Browarzik. Ihre Stimme war bislang zu leise, um sich Gehör zu verschaffen. Dabei braucht es eine starke, sichere und auch laute Stimme, um gehört zu werden. Besonders, wenn man eine Stabsstelle besitzt.
Ob ein 19-seitiger Tätigkeitsbericht dafür das richtige Mittel ist, um endlich Stimmgewalt zu erlangen? Es wirkt eher wie ein letzter Aufschrei, wenn man bedenkt, dass Susanne Fischer nun den Kulturentwicklungsplan federführend auf die Beine stellen soll. Die Stimme von Katja Browarzik wird durch die Vergabe und auch durch die Stundenreduzierung leiser - trotz des Aufschreis.