Igensdorfer halten das Mittelalter lebendig

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Das Lagerleben verbindet. Die Ritterschaft von der Hainburg lebt dabei aber auch ihren Individualismus aus. Foto: privat
Das Lagerleben verbindet. Die Ritterschaft von der Hainburg lebt dabei aber auch ihren Individualismus aus. Foto: privat

Die Ritterschaft von der Hainburg lebt die Ideale des Mittelalters. Die engagierten Mitglieder räumen mit Vorurteilen gegen die "dunkle Zeit" auf.

Als Karnevalsverein werden sie belächelt, der Verkleidung wegen. Dabei leben die Mitglieder der Ritterschaft zur Hainburg genau die Werte und Vorstellungen, nach denen sich viele Menschen heute sehnen: Familie, Gemeinschaft, Zusammenhalt und ein zivilisiertes Benehmen - ein Leben ohne Hektik und Medienberieselung.

Die Vorstellung von Prunkadeligen, die mit Ihresgleichen an der Tafel sitzen, mit Fingern Fleisch, Klöße und Brot in Unmengen in sich hineinstopfen und nicht gegessene Reste hinter sich auf den Boden werfen, sind schlichtweg falsch. Mit diesen und anderen Vorurteilen über das Mittelalter räumt Vorsitzender Sven Suft gleich auf.
Um die Hände zu reinigen, stand eine Schüssel mit Zitronenwasser auf dem Tisch, auch Besteck gab es. "Holzlöffel, Messer aus Pfriem und wenig Fleisch, aber viel Gemüse.
Kartoffeln kannten sie nicht", erklärt Marion Suft, die Freifrau in dem Verein, die mit dem jährlichen Mittelalter-Essen im Vereinslokal "Goldener Stern" in Igensdorf eine andere Esskultur zeigen möchte. "Es war eine hartes Leben, aber nicht alles schlecht", findet Suft. Der Umgang mit den Tieren sei viel respektvoller gewesen.


Brot Suppe und Eintöpfe

Nur das beste von dem Tier nehmen und den Rest wegwerfen, das gab es nicht. Fleisch gab es nur ganz selten zu essen und nur zu besonderen Anlässen wie einer Hochzeit oder Taufe. Dann wurde das ganze Tier verarbeitet, auch die Knochen und das Fell. Das Jahr über gab es Brot, Suppe und Eintöpfe.

Drei bis fünf Mal im Jahr reisen sie ins Mittelalter, leben das typische Lagerleben. "Mit dem halben Hausstand", sagen die Frauen des Vereins lachend. Denn nicht nur Töpfe, sondern auch die Betten, Bänke und Truhen werden auf den 7,5-Tonner gepackt und zu den Lagerleben gefahren.

Außen sind es historische Zelte, doch innen es das Wohnzimmer der Familie. Gekocht wird wie im Mittelalter außen, auf einer Kochstelle. Fehlte Salz, borgte man es sich von einer anderen Familie. Über 500 Quadratmeter zählt das Lager, auf dem Ritter, Adelige, aber auch Wikinger mit ihren Familien die Zelte aufgeschlagen haben, um für ein paar Tage vom Alltag abzuschalten und in eine Welt zu tauchen, die heute wenig Platz findet.


Gesellschaft im Lager

"Der Minimalismus gibt das Gefühl, wieder ein Individuum in einer Gesellschaft zu sein, die kein Einzelleben mehr zulässt", beschreibt es Maximilian Rauscher. Im Lagerleben werde man gesellschaftsfähiger.

Blind sei die heutige große Gesellschaft, in der Materielles im Vordergrund stehe. Das Lagerleben, so wie es die Ritterschaft nachlebt, funktionierte eben nur, wenn es Gemeinschaft gab. Brach ein Kettenglied weg, herrschte Missstimmung.

"Es war eine andere Zeit und einfach faszinierend, wie gut die Leute mit den wenigen Sachen zurechtkamen", fügt Suft hinzu.