Hiltpoltsteiner feiern mit viel Liebe zum Detail

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Die Kunst des Spinnens beherrschen nicht mehr viele Hiltpoltsteiner. Fotos: Petra Malbrich
Die Kunst des Spinnens beherrschen nicht mehr viele Hiltpoltsteiner.  Fotos: Petra Malbrich
 
Die Teilnehmer hatten sich in historische Gewänder geworfen.
Die Teilnehmer hatten sich in historische Gewänder geworfen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Die Hiltpoltsteiner begehen feierlich das 600. Jubiläum ihrer Markterhebung.

Von allen Himmelsrichtungen aus hat man die imposante Burg im Blick. Für die Feier aber war sie nebensächlich, wenngleich auch die Herren Sekkendorf, die vor 600 Jahren das Pfandrecht der Burg hatten, den Antrag auf Markterhebung gestellt hatten.

Und doch hat das Leben der Menschen in der und um die Burg herum den Ort Hiltpoltstein geprägt und gibt noch heute Zeugnis über eine längst vergangene Zeit. Eben jene vergangene Zeit wurde an dem Pfingstwochenende wieder lebendig. Viel Herzblut hat der ganze Ort in die Umsetzung dieser 600-Jahrfeier gelegt.


Mittelalterliche Gewänder

Die Vereinsmitglieder, die sich um die Bewirtung der Gäste kümmerten, Eis verkauften oder in ausführlichen Erklärungen den Museumsbesuch so richtig interessant machten, hatten sich alle in mittelalterliche Gewänder geworfen, um dem Fest Authentizität zu verleihen. "Es ist unglaublich, was ihr umgesetzt habt", sagt ein Besucher anerkennend und lobte die Umgestaltung des Spörlhauses, die Ausstellung der archäologischen Ausgrabungen in St. Helena, die steinzeitlichen Funde aus dem Ort und der Umgebung und meint damit auch die gesamte Feier.

Vor dem Spörlhaus saßen drei Handwerksleute. Eine Frau drehte das Spinnrad, gab immer wieder Schafswolle nach, um Fäden daraus zu spinnen. Von ihrer Großmutter hat die Frau das Spinnen gelernt; ein Handwerk, das längst in Vergessenheit geraten ist.

Und doch interessierten sich viele junge Leute und Kinder dafür, wie aus dem Fell des Schafes eine Strickwolle wird. Flink flocht der Mann auf dem Stuhl nebenan eine Weidenrute in das bestehende Gerüst, das einen Korb zum Kirschenpflücken erkennen ließ.

Und der dritte Mann, der vor dem historischen Spörlhaus Handwerk zum Anfassen bot, band einen Reisigbesen. Auch diese sind inzwischen eine Rarität und gehören doch zum Markt. Währenddessen ließen sich die Besucher in dem ehemaligen Brauhaus erklären, wer wann welches Pflegeamt innehatte und wie es nach der Säkularisation mit dem Ort weiterging.
In der Stube saßen die Gäste und tranken Kaffee mitten im Ambiente der früheren Zeiten.


Steinzeitliche Funde

Andere bewunderten im ersten Stock die historischen Dokumente, die keltischen und steinzeitlichen Funde.
Reinhold Geldner, der die Geschichte des Hauses und des Ortes so gut wie kaum ein anderer kennt, berichtete von der Hinrichtung einer Kindsmörderin im Jahr 1734. Die Hochgerichtsbarkeit musste demnach erst wieder hergestellt werden, um das Todesurteil für die Frau sprechen und umsetzen zu können. 90 Handwerksleute waren daran beteiligt. Geköpft wurde die Frau in der Nähe von Görbitz. Die Flur heißt heute noch Galgenhügel.
Vergangenheit und Gegenwart floßen an dem Feiertag ineinander. Ohne das eine gäbe es das andere nicht.

Gefeiert wurde mit fränkischem Essen. Am Feuerwehrhaus, bei der Firma Landtechnik Gruner oder neben der Brennerei Brehmer-Knauer verköstigten die Feuerwehren Hiltpoltstein, Schoßaritz und Kappel die hungrigen Besucher. Bei der Brennerei gab es zudem eine Aquarellausstellung. Heidi Brehmer-Knauer ließ Interessierte von ihrer Sonderedition, dem eigens für die Feier gebrannte Whisky "Dry Gin 600", probieren.

Von anderswo war lautes Maschinengeratter zu hören. Die modernen Traktoren waren es nicht. Hinten auf einer Wiese standen stattdessen historische landwirtschaftliche Maschinen, wie sie noch im Jahr 1936 für die Arbeit verwendet wurden. Am Ende der Wiese sah man Kinder in ritterlichen Gewändern mit langen baseballähnlichen Schlägern hantieren. Jugger heißt das Spiel.
Ritter gibt es in Hiltpoltstein nicht mehr und doch prägt gerade die Burg das Leben in der Gemeinde, die sich seit 600 Jahren "Markt" nennen darf.